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Mondtaenzerin

Mondtaenzerin

Titel: Mondtaenzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederica de Cesco
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zweites Mal wieder.«
    Ich fand Peter gemein. Eifersüchtig? So weit dachte ich damals noch nicht. Ich hätte ihn gerne an meiner Seite gehabt.
    »Nein, er soll dabei sein. Ich habe es ihm versprochen.«
    »Versprochen?«
    Vivi zog argwöhnisch die Silben in die Länge, senkte den Kopf, der schmal und länglich war, und schien ihre tanzenden Füße zu beobachten.

    »Ehrenwort, er ist nett!«, sagte ich. »Er rettet Ameisen.«
    Schallendes Gelächter. Die beiden krümmten sich.
    »Wo kommt er denn her?«, fragte Peter, als er wieder sprechen konnte. Ich machte eine unbestimmte Geste. Ich wollte das Spiel nicht von vornherein verlieren.
    »Ich weiß es nicht.«
    »Er wird uns verpetzen, garantiert!«
    »Tut er nicht.«
    »Ist ja egal, wir wollen ihn einfach nicht dabeihaben.«
    »Dann gehe ich eben allein mit ihm!«, sagte ich trotzig.
    Vivi hüpfte plötzlich nicht mehr, stand ganz ruhig, kniff die grünen Augen zusammen. »Zu den Toten? Das kannst du doch nicht!«
    Ich starrte sie böse an.
    »Natürlich kann ich das!«
    Peter wurde auf einmal sehr feindselig.
    »Und du glaubst, dass wir dir das erlauben?«
    Ich ballte die Fäuste.
    »Ich tu, was ich will!«
    »Und wenn ihr in ein Loch fallt und wir nicht da sind?«, fragte Vivi.
    »Wir passen schon auf! Wir sind nicht dämlich.«
    »Und wenn er Angst kriegt? Davonrennt? Dann liegst du im Dunkeln. Und niemand hört dich, wenn du schreist.«
    »Er rennt nicht weg.«
    Sie warfen einander Blicke zu, bis Peter in heimtückischem Ton das Schweigen brach.
    »Wenn es dir so wichtig ist, dass er dabei ist, musst du etwas dafür tun. Eine Mutprobe bestehen.«
    »In Ordnung«, sagte ich. »Welche denn?«
    Peter sah zu Vivi hinüber: »Sag du eine!«
    Vivi schüttelte den Kopf.
    Mutproben gehörten dazu; wir fassten es nicht als Beleidigung auf. Es war manchmal zum Lachen, manchmal scheußlich
kompliziert. Es gab wenig, vor dem unsere Einbildungskraft zurückgescheut hätte.
    Peter stand, von seiner Wichtigkeit durchdrungen, breitbeinig da und kratzte sich den Schweiß unter den Achselhöhlen.
    »Muss mal überlegen!«
    »Ich mache jede Mutprobe, die du willst«, sagte ich.
    »Warte, mir fällt gleich eine ein!«
    Vivi wandte sich achselzuckend ab.
    »Da können wir bis morgen früh warten.«
    »Los, nun sag schon!«, rief ich herausfordernd.
    Peter schnippte mit den Fingern.
    »Ich hab’s! Du musst durch Brennnesseln laufen.«
    Vivi fuhr herum, wobei sie hell auflachte.
    »Das ist doch keine Mutprobe!«
    »Für dich nicht«, sagte Peter, »du spürst ja nichts.«
    »Weil ich nichts spüren will.«
    Peter sah ein wenig verächtlich über mich hinweg.
    »Ja, dann sag ihr doch, wie man das macht. Vielleicht bringt sie es fertig.«
    Vivi wischte sich mit den Handrücken unter der Nase lang.
    »Sie muss einfach die Luft anhalten.«
    Ich wandte mich entschlossen an Peter.
    »Du denkst, ich habe Angst, was?«
    »Hast du bestimmt!«
    Meine Wangen wurden heiß.
    Ich fauchte: »Die so das Maul aufreißen, die werden sich wundern! Wenn ich durch Brennnesseln laufe, darf dann Giovanni dabei sein?«
    Vivi streifte mich mit einem Blick und sah wieder weg, als ob sie das Ganze nicht mehr interessierte.
    »Du tust es ja sowieso nicht«, meinte Peter mit gehässiger Ironie.
    »Ja oder nein?«, schrie ich.
    Vivi kauerte sich abseits auf die Fersen, zog ihren Schlüpfer
über die Schenkel, stützte die Ellbogen auf die Knie und ließ Wasser. Peter und ich warfen einander böse Blicke zu und warteten. Der Entscheid hing von ihr ab. Nach einem Augenblick kam Vivi wieder auf die Beine, schob ihren Schlüpfer hoch.
    »Meinetwegen«, sagte sie nachlässig.
    Peter schwieg verbissen und widersprach ihr nicht. Ich stellte die Schultasche an einen Baum, drehte mich um und rannte los. Die anderen liefen hinterher. Von dem Schauspiel wollten sie sich nicht das Geringste entgehen lassen.
    Damals war das Viertel noch nicht verbaut. Es gab viele Stellen, wo nur Unkraut wucherte. Manche Steine, die aus dem Gestrüpp ragten, wiesen quadratische Formen auf. Später fand man heraus, dass die Römer dort eine Straße bis zur Küste angelegt hatten. Davon waren nur noch wenige Überreste vorhanden, und im Laufe des Baubooms der Neunzigerjahre hoben Bagger sie aus der Erde und trugen sie fort. Der Hang, auf dem die Brennnesseln wucherten, war ganz in der Nähe. Oben, wo es weniger schattig war, wuchs nur noch Ginster, und auf der anderen Seite gab es nichts als Geröll. Ich sah über den Hang hinweg, atmete ein

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