Money, Honey
Es ging um ihn. Was wollte er hier eigentlich? Er war doch wohl kaum seinem plötzlich neu entdeckten Familiensinn gefolgt und deshalb hergeflogen?
Patrick hatte während seiner gesamten kriminellen Karriere den Einsatz von Gewalt stets abgelehnt. Das galt für viele seiner Kollegen jedoch nicht. Liz fragte sich, wovor genau er seine Schwester beschützen wollte, und die möglichen Antworten darauf waren nicht gerade beruhigend.
Sie kämpfte sich durch das Chaos in der Küche bis zu Maras kleinem Büro vor. Die Tür stand offen. Der Raum wurde von einem großen Schreibtisch beherrscht, hinter dem Mara noch winziger und zarter wirkte, als sie ohnehin war. Rechts neben sich einen Stapel Rechnungen, links eine Tasse Kaffee und einen Bleistift im Mund, murmelte sie Verwünschungen, während sie wild auf eine Rechenmaschine eintippte. Liz schob einen Stapel Kataloge von einem Klappstuhl vor dem Schreibtisch, setzte sich und starrte auf Maras gesenkten Kopf.
Mara tippte und fluchte ungerührt weiter, also sagte Liz: »Ich habe dir etwas mitgebracht.«
»Hoffentlich unseren Geldfälscher. Und zwar in Handschellen«, erwiderte Mara.
»Nein.«
»Dann auf Wiedersehen. Ich brauche keine Geschenke. Ich brauche ...«
Was genau das war, würde Liz wohl nie erfahren, weil in dem Moment Patrick hereinkam und einmal mehr seinen Sinn für perfektes Timing bewies. Einen kleinen Schrei ausstoßend, sprang Mara auf. Hereinkommen war eigentlich das falsche Wort. Patrick hatte seinen großen Auftritt. So manche Debütantin hätte viel von diesem Mann lernen können. Liz musste es wissen. Ihre Großmutter hatte sie durch den ganzen Debütanten-Zirkus paradieren lassen, als wäre sie ein edles Fohlen bei der Pferdeauktion. Wahrscheinlich hoffte sie, ihre Enkelin würde eine kleine Miss America werden. Was besonders lächerlich war, weil Mara bis zu ihrem zwanzigsten Lebensjahr nicht einmal wusste, dass es so etwas überhaupt gab. Herrgott, bis zu ihrem elften Lebensjahr hatte sie nicht einmal einen Fernseher besessen!
Sie schlug die Beine übereinander und beobachtete, wie Mara ihrem Bruder um den Hals fiel. Es war erstaunlich, dass diese beiden Menschen das Ergebnis desselben Gen-Pools sein sollten. Okay, beide hatten volles, tiefschwarzes Haar, aber damit endete die Familienähnlichkeit auch abrupt.
Patrick war groß und schlank und trug mit einer Eleganz seine extrem teuren Designeranzüge, als wäre er in ihnen schon auf die Welt gekommen. Mara hingegen war klein, an den richtigen Stellen kurvig und Liz hatte sie nie in etwas anderem als Jeans, T-Shirts und fleckigen Schürzen gesehen. Und während Mara ein einziges Energiebündel war, trat Patrick immer mit der distinguierten Ruhe der Upper-class auf. Was für eine Verschwendung, dachte Liz. So viel männliche Schönheit, an die sich niemand herantraute.
Zumindest kaum jemand. Gerade umarmte Mara ihren Bruder mit größtem Enthusiasmus. Skeptisch zog Liz die Augenbrauen hoch und wartete auf eine der spitzen Bemerkungen, für die Patrick berühmt war. Doch statt sich seine Schwester mit Ironie und leichter Arroganz vom Leib zu halten, klopfte er ihr nur überraschend ungeschickt auf die Schulter, bis sie ihn von allein losließ.
»Ich kann es kaum glauben, dass du wirklich gekommen bist!«, rief Mara, trat einen Schritt zurück und strahlte ihren Bruder an.
»Geht mir genauso.« Stirnrunzelnd begutachtete er die Falten, die Maras Umarmung im Ärmel seines zweifellos teuren Hemds hinterlassen hatte.
Mara verdrehte die Augen. »Dein Hemd hat schon nichts abbekommen. Setz dich.«
Patrick starrte auf den Stuhl neben Liz. Die konnte fast hören, wie er gedanklich mit seiner Reinigung konferierte. »Ich stehe lieber«, erklärte er.
»Sei nicht so zimperlich«, sagte Mara. »Liz hat es doch auch geschafft, auf dem Stuhl zu sitzen, ohne dass etwas passiert ist.«
Mit Kennerblick betrachtete Patrick Liz’ schwarzen Hosenanzug. »Liz kauft ihre Hosenanzüge von der Stange«, stellte er fest. »Da riskiert sie ja nichts.« Er lächelte Liz liebenswürdig an, die sein Lächeln nicht erwiderte. Sie war zu beschäftigt damit, nicht zu zeigen, wie peinlich ihr die Bemerkung war. Herrgott, sie arbeitete fürs FBI und war nicht für eine Cocktailparty angezogen. Was sollte sie denn seiner Meinung nach bitte bei der Arbeit tragen? Armani?
Mara schnaubte verächtlich. »Kalifornien bekommt dir nicht. Ungesunde Umgebung. Diese ganzen Stars mit ihren dämlichen Designernasen. Pass dich da
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