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Monika B - Ich bin nicht mehr eure Tochter

Monika B - Ich bin nicht mehr eure Tochter

Titel: Monika B - Ich bin nicht mehr eure Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Jaeckel
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ihres Körpers oder aber wegen ihrer Leistung geliebt worden war, aber nie um ihrer ganzen Person willen, muss eine solche Ehebilanz Panik ausgelöst haben. Ich stelle mir vor, dass sie nach jedem Krach schreckliche Angst bekam, mein Vater werde eines Tages so unzufrieden mit ihr sein, dass er sie zu lieben aufhören oder sie sogar verlassen würde.
    Je größer diese angst wurde, desto unerträglicher wurde es für meine Mutter wohl, mit ansehen zu müssen, wie närrisch mein Vater mich liebte. Da sie nie erfahren hatte, dass ein Vater in seiner kleinen Tochter normalerweise immer nur das Kind, nie aber die Frau liebt, empfand meine Mutter mich als weibliche Konkurrenz. Sie fürchtete, ihren eigenen Mann an mich zu verlieren.
    Um dies zu verhindern, ließ sie sich zweierlei einfallen. Erstens steigerte sie das eheliche Sexleben erheblich, um ihren Mann wenigstens in diesem Punkt nicht zu enttäuschen. Dass sie hier Superleistungen erbringen konnte, wusste sie. Dass diese dazu geeignet waren, sich Liebe zu erkaufen, wusste sie auch. Wenn es schon in allen anderen Bereichen Probleme gab, sollte es wenigstens hier hundertprozentig klappen. Sex wurde so für meine Mutter zum Leistungsbeweis. Aber das war ihr vielleicht nicht einmal klar.
    Aus meiner eigenen Erfahrung heraus begreife ich, dass meine Mutter Liebe immer nur körperlich erfahren hatte und daher auch nur körperlich ausdrücken konnte. Da sie Liebe einzig als Sex kannte, sah sie nur die Möglichkeit, ihrem Mann sexuell mehr zu bieten als bisher, wenn sie ihm beweisen wollte, dass sie ihn liebte. Eine andere Möglichkeit kannte sie ja nicht.
    Als zweiten Rettungsanker für ihre Ehe sah meine Mutter ein weiteres Kind. Mit ihm wollte sie vor allem wohl meinen Vater noch enger als bisher in die Familie einbinden, um noch stärker darauf bauen zu können, dass er diese nicht im Stich ließ.
    In ihrer Verzweiflung und Angst hatte meine Mutter sich mit ihrer Mutter beraten. Ich weiß nicht, ob sie ihr die ganze Wahrheit sagte und ihre Eifersucht auf mich gestand. Auf jeden Fall sagte mir Oma Berta einmal, meine Mutter sei nur deshalb mit meinem zweiten Bruder schwanger geworden, weil ich meinen Vater so mit Beschlag belegt hätte.
    Im Klartext heißt das ja wohl, dass meine Mutter versuchte, die Liebe meines Vaters von mir auf das neue Kind zu lenken, damit ich nicht länger im Mittelpunkt seines Interesses stünde.
    Glaubte sie wirklich, dadurch für sich selbst etwas erreichen zu können?

III
    Mein Bruder Stefan und ich, der Haushalt und ein Mann, der wie ein König bedient werden wollte – das war schon weit mehr, als meine Mutter bewältigen konnte. Mit der neuen Schwangerschaft überschritt sie endgültig ihre Grenzen.
    Doch sie entdeckte ein Mittel, das sie künftig immer dann anwandte, wenn ihr etwas über den Kopf wuchs oder einfach keinen Spaß machte: Sie wurde krank und musste sich schonen.
    Selbstverständlich war die ganze Familie bereit, auf meine arme Mutter Rücksicht zu nehmen. Vor allem Tante Inge, aber auch die beiden Omas nahmen ihr die Kinder ab, sooft es nötig schien. Und auch beim Einkauf oder Hausputz sprangen die Frauen wegen der immer häufigeren Ruhebedürftigkeit meiner Mutter immer öfter ein.
    Da meine Mutter sich dadurch tagsüber stundenlang schonen und ausruhen konnte, war sie abends fit für meinen Vater. Diesem war es nur recht, dass seine junge Frau voll für ihn da war. Dass seine Schwester zeitweilig seinen halben Haushalt mit erledigte, schien ihm nicht einmal der Rede wert. Schließlich war es immer so gewesen, dass die Schwester alles für ihn tat. Warum also nicht auch jetzt?
    Mein Vater tat alles, seine liebe Frau von ihren Problemen abzulenken, damit sie auf andere Gedanken kam und nicht in den eigenen vier Wänden versauerte. Dadurch dass mein Vater nie seinen Wohnort gewechselt hatte, kannte er Hinz und Kunz in unserer Stadt. Irgendwo war immer etwas los, und wenn meine Eltern ausgehen wollten, brauchten sie sich über Mangel an Gesellschaft nicht zu beklagen.
    Oma Berta nähte sich die Finger wund, damit meine Mutter schöne Kleider zum Ausgehen hatte. Genäht hatte sie zwar schon immer für sie, aber jetzt artete es in Arbeit aus, denn der Bauch meiner Mutter wurde von Woche zu Woche dicker.
    Als Boris, mein zweiter Bruder, geboren wurde, war ich fast auf den Tag genau 19 Monate alt. Nun waren wir schon zu dritt im gemeinsamen Kinderzimmer.
    Nur mit Mühe bewältigte meine Mutter die Erziehung von uns dreien. Der

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