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Monika B - Ich bin nicht mehr eure Tochter

Monika B - Ich bin nicht mehr eure Tochter

Titel: Monika B - Ich bin nicht mehr eure Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Jaeckel
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Haushalt lief mehr schlecht als recht. Geld war Mangelware. Aber abends gingen meine Eltern »auf Jück«. Da waren wir Kinder reichlich unbequem.
    Meine Lieblingstante Inge hatte nicht immer Zeit, uns zu beaufsichtigen. Ihre eigenen Kinder waren zwar älter als wir, aber immer noch klein, deshalb stand sie nicht sehr häufig zur Verfügung, auch noch die Kinder ihres Bruders zu hüten.
    Auch Oma Grete hatte abends häufig eigene Pläne und keine Lust, auf ihre Enkelkinder aufzupassen. Ihr Mann, also der Vater meines Vaters, war kurz nach der Hochzeit meiner Eltern verstorben. Meine Oma hatte sehr unter seinem Tod gelitten, aber allmählich baute sie sich nun ein eigenes Leben auf. Dies habe ich später immer sehr an ihr bewundert. Mit ihrer geistigen und körperlichen Beweglichkeit wurde sie mir zum Vorbild. Sie erschien mir so viel jünger und lebendiger als meine eigene Mutter, die mir wegen ihrer Trägheit wie eine Lebendig-Tote vorkam.
    Wenn die Familie meines Vaters abends keine Zeit hatte, uns Kinder zu beaufsichtigen, brachten meine Eltern uns zu Oma und Opa nach Essen. Eine Zeit lang ging dies gut. Doch von irgendeinem Zeitpunkt an begann ich, sobald ich dort schlafen sollte, markerschütternd zu brüllen.
    Besonders die erste Brüllszene scheint sich der ganzen Familie eingeprägt zu haben. Tante Inge erzählte sie mir mit Lachen, Oma Berta und meine Mutter voller Zorn und Ärger, mein Vater mit stolzgeschwellter Brust.
    Meine Eltern waren an diesem Abend zu einer Party im Freundeskreis eingeladen. Da man voraussichtlich erst am nächsten Morgen ins Bett käme, schien es vernünftiger, uns Kinder kurz auszuquartieren. Das war ja auch nichts Neues für uns. Neu war nur das Theater, das ich beim Zubettgehen veranstaltete.
    Oma Berta versorgte den erst wenige Wochen alten Boris und sah gleichzeitig nach Stefan, der voller Stolz verkündete, er sei ja schon groß genug, sich allein zu versorgen.
    Mein Opa kümmerte sich indessen um mich. Er setzte mich auf den Topf, badete mich und cremte mich ein. Schließlich brachte er mich zu Bett.
    Und da plötzlich fing ich an zu schreien. Nein, ich schrie nicht, ich brüllte. Ich brüllte, bis ich keine Luft mehr bekam und blau anlief. Ich brüllte, obwohl mein älterer Bruder mich zu trösten versuchte und meine Oma mich halb erschrocken, halb zornig schüttelte. Ich brüllte und hörte nicht auf – bis endlich mein Vater kam und ich in seinem Arm sicher war.
    Oma Berta hatte ihn per Telefon aus der Party geholt, weil sie Angst bekommen hatte, was die anderen im Haus wohl denken würden, wenn in ihrer Wohnung jemand wie am Spieß brüllte. »Hau ihr endlich mal den Hintern voll!«, schimpfte sie, als mein Vater wütend und zugleich aufgeregt zur Tür hereinstürmte. »Wenn du nicht durchgreifst, tanzt sie dir bald auf der Nase herum!«
    Aber mein Vater schlug mich nicht. Mein Weinen und das kleine verquollene Gesicht gingen ihm zu Herzen und machten ihm zugleich auch Angst. »Was hat Papas Engelchen denn?«, fragte er. »Was ist denn passiert?«
    Aber ich antwortete nicht. Ich brachte vor Schluchzen kein Wort heraus, nicht einmal eines in meiner damaligen Babysprache.
    Auch meine Oma konnte keine Erklärung geben. Und mein Opa blieb ganz still. Er hielt Stefan an der Hand. Es muss ein herzerweichendes Bild gewesen sein.
    Mein Vater befühlte meine Stirn. Sie war heiß, das Haar verschwitzt. Vielleicht brütete ich ja eine Krankheit aus? Immer noch ärgerlich, dass er meinetwegen die schöne Feier verlassen musste, schimpfte er zwar, meine Mutter habe Recht, ich sei wirklich ein Dickschädel. Aber er war auch gerührt, wie sehr ich ihn doch vermisst hatte und dass ich nun sofort ruhig wurde, nur weil er mich in die Arme nahm.
    Nachdem mein Vater eingesehen hatte, dass ich mich sogar von ihm nicht bei Oma und Opa zu Bett bringen lassen wollte, nahm er mich kurz entschlossen zu den Freunden mit. Schon im Auto schlief ich ein. Solange er nur in meiner Nähe war, schlief ich überall.
    Die schönen Zeiten, da man meine Brüder und mich bedenkenlos bei Freunden oder Verwandten abliefern und sicher sein konnte, einen ruhigen Abend verbringen zu können – diese Zeiten waren für meine Eltern vorbei. Endgültig!
    Dass für mich viel mehr vorbei war, wusste höchstens meine Mutter. Aber sie schwieg.
    Seit meiner ersten »Brüllorgie«, wie Oma Berta es nannte, hatten meine Eltern es schwer. Die abendfüllenden Vergnügungen entfielen weit häufiger als zuvor, weil ich massive

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