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Monika B - Ich bin nicht mehr eure Tochter

Monika B - Ich bin nicht mehr eure Tochter

Titel: Monika B - Ich bin nicht mehr eure Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Jaeckel
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und zweitens überflüssig gewesen. Außerdem spotteten meine Eltern oft über andere, die ihre Kinder angeblich nicht allein erziehen konnten und sie deshalb in den Kindergarten gaben. Noch wichtiger aber war vielleicht, dass sich mein Vater einbildete, wir hätten es zu Hause besser. Schließlich hatte meine Mutter ja in einem Kinderheim gearbeitet. Da musste sie doch besser wissen als jede andere, wie man mit Kindern umzugehen hatte. Warum also Geld für etwas zum Fenster rausschmeißen, das es zu Hause umsonst gab?
    Dass ich vielleicht gleichaltrige Spielkameraden, vor allem eine Freundin gebraucht hätte, kam niemandem in den Sinn. Ich hatte doch Brüder, und Cousins gab es auch genug.
    Die vierte Schwangerschaft setzte meiner Mutter noch stärker zu als die vorausgegangene. Längst war aus der schlanken jungen Frau, die mein Vater geheiratet hatte, eine vollschlanke Matrone geworden. Jedes Kind hatte zehn Kilo Speck auf ihren Rippen zurückgelassen, vielleicht auch mehr. Wenn ich heute an meine Mutter denke, dann sehe ich immer nur diese dicke, schwammige, ständig schlecht gelaunte, herumbrüllende und krank mimende Person vor mir.
    Ihre schlechte Laune bekam ich mehr als jeder andere zu spüren. Der alte Kummer kommt in mir hoch, wenn ich mich daran erinnere, wie sie auf dem Bett lag, meinen Bruder im Arm, ihn streichelte und von ihm gestreichelt wurde und mich zurückstieß, als ich auch zu ihr kommen wollte. »Hau ab! Du kannst ja mit deinem lieben Papa schmusen.«
    Für Tränen gab es bei uns Schläge. Also weinte ich nicht. Sondern ich wurde böse. Meine Spielsachen bekamen es zu spüren. Meine Brüder auch.
    Noch schwerer als ich hatte es wohl Stefan, mein ältester Bruder, der damals ja auch erst ein Schulanfänger war. Er sollte auf uns aufpassen. Er hatte die Verantwortung. Wenn wir zu laut waren oder etwas kaputtmachten, hatte er versagt. »Zu nichts bist du nütze!«, konnte meine Mutter dann schreien und mit Füßen nach ihm treten. »Und für so einen wie dich habe ich mir mein Leben versaut!«
    So wussten wir Kinder früh, wie die Rollen verteilt waren.
    Stefan war kein Wunschkind. Er war ein schlechtes Kind und in erster Linie schuld daran, dass meine Mutter unglücklich war.
    Ich war ein Wunschkind, aber nicht wert, eines zu sein. Ich war eine Versagerin und daher ebenfalls daran schuld, dass meine Mutter unglücklich war. Zudem war ich das Lieblingskind meines Vaters. Und das war sowieso das Allerschlimmste!
    Boris, mein mittlerer Bruder, war zwar kein hundertprozentiges Wunschkind, aber doch ein wenig erwünscht. Er war ein Versager, weil er nicht das Lieblingskind meines Vaters geworden war. Daher war er ebenfalls schuld am Unglück meiner Mutter.
    Der absolute Höhepunkt allen Unglücks aber war Georg, der Jüngste. So überflüssig wie er war keiner seiner Brüder. Nur ich war noch überflüssiger.
    Ich erinnere mich jedoch nicht nur an das unselige Leben mit meiner Mutter. Es gab auch schöne Stunden – ganze Tage bei meiner Lieblingstante Inge, Nachmittage und Abende bei Oma Grete. Nie ging es bei uns zu Hause so herrlich zu wie dort.
    Meiner Tante war ich nicht zu doof für alles. Bei ihr hieß es nicht: »Das kannst du sowieso nicht!« Sie setzte sich mit mir an den Tisch, malte mit mir, bastelte mit mir, sprach mit mir. Wenn ich heute nicht total verblödet bin, habe ich es ihr zu verdanken.
    Oma Grete hingegen las mir vor und schenkte mir Kleider für die einzige Puppe, an die ich mich erinnern kann. War ich einmal besonders brav – was leider selten vorkam –, blätterte meine Oma mit mir zur Belohnung in ihrem Familienalbum. Ich konnte mich an den Fotos nicht satt sehen. Wie klein mein Vater einmal gewesen war! Und wie fröhlich und hübsch, als er ein junger Mann war! Kein Wunder, dass meine Mutter sich in ihn verliebt hatte.
    Irgendwann im Sommer nahm mein Vater mich auf den Schoß und erzählte mir, dass unser Baby nun bald auf die Welt käme. »Der Klapperstorch hat schon angerufen«, sagte er. »Die Mama muss gleich ins Krankenhaus kommen und das Baby holen.«
    »Ist es ein Mädchen?«, fragte ich. »Du hast es versprochen!«
    »Sicher«, sagte mein Vater.
    »Ist die Mama dann wieder froh?«, fragte ich.
    »Bestimmt«, sagte mein Vater. »Wenn sie dein Schwesterchen sieht, geht’s ihr gleich besser. Dann vergisst sie alle Sorgen.«
    »Wie gibt ihr der Klapperstorch das Baby denn?«, fragte ich. »Kann er das denn bloß im Krankenhaus machen?«
    Mein Vater kitzelte mich ein

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