Monkeewrench - 02 - Der Köder
dazu nur zwei Finger. Danach drehen Sie sich wieder um, bis Sie mich ansehen, und schieben die Waffe mit Schwung hier rüber, weit rechts von mir, wenn es Ihnen nichts ausmacht.»
«Du willst mir doch nicht in den Rücken schießen, Jeff?»
«Ganz sicher nicht, Sir. Das würde ich nie tun. Es wäre nicht ehrenhaft.»
Komischerweise glaubte Marty ihm, aber trotzdem bewegte er sich einen Moment nicht, leicht entnervt von der penetranten Höflichkeit dieses eigenartigen Jungen.
Er drehte sich halb um und blickte zu Jack, der vornübergebeugt auf dem Sofa saß, ein wenig schwankend, und sich an den Knien festhielt. Am schlimmsten wirkten seine Augen – sie waren nicht vor Angst geweitet, sondern nur groß und traurig und reumütig, als Marty ihn ansah.
Marty zwinkerte ihm zu, hob sein Hemd und zog mit zwei Fingern vorsichtig die Waffe heraus, wie Jeff ihm aufgetragen hatte. Dann drehte er sich wieder zu ihm um. «Du willst doch nicht, dass ich dir die Waffe zuschiebe, bevor sie gesichert ist, Jeff?»
«Sie war bereits gesichert, bevor Sie sie in Ihren Hosenbund gesteckt haben, Mr. Pullman. Verkaufen Sie mich bitte nicht für dumm.»
Scheiße, der Bengel blickte durch, aber Marty stand noch immer da mit der Waffe an der Seite und dachte, wie schwer sie war, wenn man nur zwei Finger benutzen konnte. Seine Gedanken überschlugen sich bei dem Versuch, die Möglichkeiten abzuwägen, die sich ihm boten.
Man gibt seine Waffe niemals weg. Punkt. Das ließ ihm zwei Möglichkeiten. Er konnte die Waffe rüberschieben und dann den kurzen Augenblick nutzen, wenn Jeff sich bückte, um sie aufzuheben, und auf ihn hechten; oder er konnte sich ein wenig ducken, als würde er Jeffs Wunsch nachkommen, aber sie stattdessen zu Jack schlittern lassen und sich dann aufrichten und den Jungen angreifen. Nach eigener Aussage war Jack ein guter Schütze, und wenn er schnell reagierte, konnte er vielleicht das Überraschungsmoment nutzen, um einen Schuss abzufeuern. Aber leider hatte Jack eine ganze Menge Schnaps intus, und seine Reaktionszeit würde dementsprechend lang sein.
«Die Waffe, Mr. Pullman.»
Marty sah den Jungen an, der während der vergangenen drei Tage an seiner Seite gearbeitet hatte, den Jungen, der bei Moreys Beerdigung geweint hatte, nachdem er ihm eine Kugel in den Kopf geschossen hatte. «Das kann ich nicht machen, mein Sohn.»
«Ich verstehe und respektiere das, Sir», sagte Jeff, aber er zielte noch entschlossener. Sein Finger krümmte sich um den Abzug. «Wenn Sie mir Ihre Waffe nicht geben, werde ich Sie erschießen müssen.»
«Du wirst mich erschießen, ob ich's dir leicht mache oder nicht», sagte Marty.
«Nein, Mr. Pullman, das werde ich nicht. Bevor ich zu dieser Tür hereinkam, wusste ich noch nicht einmal, dass Sie hier waren. Ich habe keinen Streit mit Ihnen, und ich will Sie auch nicht erschießen. Doch wenn es sein muss, werde ich es tun.»
«Du warst also in Brainerd auf dem Speicher, hm?», sagte Jack im Plauderton vom Sofa her. Marty hörte es gurgeln, als Jack sein Glas füllte.
Jack, was zum Teufel hast du vor? Aber Jeff hatte geblinzelt, wenn auch nur kurz. Jack hatte ihn überrumpelt, wie er es mit allen tat.
«Wie bitte?», fragte Jeff, den Blick fest auf Marty gerichtet, den Finger immer noch am Abzug.
«Brainerd. Die Anglerpension. Du warst auf dem Speicher, du hast gesehen, was passiert ist, du hast uns gesehen. Der Typ am Empfangstresen, wer war das? Dein Dad?»
Jeffs Blick schoss kurz zu Jack, und Martys Anspannung wuchs. Seit Jeff die Waffe unter seiner Regenjacke hervorgezogen hatte, kam zum ersten Mal ein Hoffnungsschimmer auf.
Rede weiter, Jack! Diese telepathische Botschaft, die er ihm schickte, war vollkommen unnötig, denn mit Reden verdiente Jack seinen Lebensunterhalt. Ablenkung, Überredung, Geschwätz – das waren die Stärken eines Anwalts, und jetzt tat Jack das, worin er geschult war. Aber er bewies Mut. Marty wandte sich ein wenig zur Seite und blickte aus dem Augenwinkel zu Jack. Dreißig Sekunden zuvor hatte er verzweifelt versucht, sich an den letzten Rest Nüchternheit zu klammern, und jetzt spielte er den Stinkbesoffenen.
«Reichlich alt, um dein Dad zu sein, wenn ich mir's überlege. Großvater?»
«Er war mein Vater», sagte Jeff eisig. «Mr. Pullman, schieben Sie Ihre Waffe jetzt hierher oder…»
«Scheiße. Muss die Hölle gewesen sein, mit einem Nazi als Vater aufzuwachsen. Mann, da dachte ich schon, ich hätte es schlecht getroffen. Junge, du hast
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