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Monkeewrench - 03 - Mortifer

Monkeewrench - 03 - Mortifer

Titel: Monkeewrench - 03 - Mortifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. J. Tracy
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retten?«
    Acker starrte den Colonel an. Er stand mit dem Rücken zum See. »Selbstverständlich, Sir«, sagte er, ohne zu zögern, verletzt, dass der Colonel überhaupt gefragt hatte.
    Direkt hinter ihm, keine drei Meter im Wald aus Schilf und ganz dicht über der Oberfläche des stehenden Wassers, starrte ein zu Tode verängstigtes blaues Augenpaar durch die Stängel zu den beiden Männern hinauf.
     
    Grace kniete in dem zähen Schlamm am Fuß der Schilfgräser und starrte unverwandt die beiden schattenhaften Gestalten direkt vor ihr an. Durch die Stängel hindurch betrachtet, sahen sie merkwürdig zerstückelt aus – so, als wären sie überhaupt keine richtigen Männer, sondern Einzelteile, die sich unabhängig voneinander bewegten und deren Unterhaltung genauso surreal war wie ihr Erscheinungsbild.
    Beweg dich nicht. Atme nicht. Mach kein Geräusch – dort draußen steht ein blutjunger Mann, der bereit, willens und in der Lage ist, dich zu erschießen. Und genau das ist es, was passiert, wenn man kleine Jungs mit Soldatenfiguren spielen lässt.
    Lediglich ihr Kopf ragte aus dem stinkenden Wasser – ihr Kopf und ihre rechte Hand. Sie hatte die Hand direkt neben dem Ohr, und ihre Finger hielten die Sig gepackt. Der Lauf war in ihre Haare verheddert, nach oben gerichtet, und die Waffe war immer noch trocken.
    Sharon kauerte direkt neben Grace. Sie spürte ihre Füße nicht mehr, spürte den kalten, weichen Schlamm nicht, der durch ihre Schuhe und Kleidung hindurchdrang und an ihrem Körper klebte wie Leim. Entsetzen und Angst hatten ihre Sinne betäubt, und ihre ganze Konzentration war auf den einfachen Überlebenskampf ausgerichtet, auf die Anstrengung, absolut stillzuhalten.
    Es war dunkel in diesem schwarzen Nest aus steifen Stängeln, niemand konnte sie sehen, und solange sie kein Geräusch machte, war sie sicher. Ganz gleich, was dort draußen lauern mochte. Sie musste nur stillhalten. Sie starrte unverwandt geradeaus, tat gerade so, als existierte sie nicht. Als sähe und hörte sie nichts …
    »Komm schon, Honey, du musst rauskommen. Komm zu Daddy. Es ist alles in Ordnung, ich bin da. Daddy ist da …« Doch Daddy war dort draußen, wo all das Böse lauerte. Hier drin gab es nichts Böses. Nichts außer dem schwachen Geruch, der an ihre Mutter erinnerte, seidig weiche Kleider, die über ihren Kopf streiften, die Schuhe ihrer Mutter auf dem Metallständer. Die Kleider wussten nichts von alledem, die Schuhe ebenfalls nicht, genauso wenig wie die Hüte in ihren Schachteln oder der Frotteebademantel am Haken. Keines von diesen Dingen wusste, was draußen geschehen war. In diesem winzigen schwarzen, duftenden Schrank war ihre Mutter immer noch lebendig, und Sharon wollte den Schrank nie wieder verlassen …
    Neben Sharon kauerte Annie. Ihr Mund stand einen Zentimeter über dem Wasser weit offen, ein kleines dunkles Loch, kaum größer als ihre Augen. Sie spürte den rasenden Schlag ihres panischen Herzens. Es hämmerte so schnell, dass das Geräusch zu einem Brummen verschmolz, und sie fragte sich abwesend, ob es wehtat, wenn man erschossen wurde.
    Die Kuh war immer noch hinter ihr. Drückte gegen sie. Der aufgedunsene, steife Kadaver hatte sich im Schilf und im Schlamm verfangen. Sie war gegen ihn gerannt, fast über ihn gefallen, als sich die drei Frauen dorthin zurückgezogen hatten, um sich zu verstecken, doch Annie hatte nicht geschrien. Sie war sehr stolz auf sich, weil sie nicht die Beherrschung verloren hatte. Sie war direkt in dieses grässliche, abscheuliche, tote Ding hineingerannt und hatte nicht geschrien.
    Ihre Augen waren weit aufgerissen vor Anspannung, ihr Gesicht steif vor Entsetzen, während sie der Unterhaltung der beiden Männer lauschte. Sämtliche Muskeln in ihrem Leib schienen erstarrt, verkrampft, unfähig, auch nur die kleinste Bewegung zu machen. Deswegen erstarren Rehe im Scheinwerferlicht. Du hast dich immer gefragt, warum sie nicht einfach zur Seite springen, aus dem Weg, in die Sicherheit der Wälder am Straßenrand, und das ist der Grund. Der Überlebensinstinkt fällt in sich zusammen, wenn die Gefahr zu nahe kommt. Wenn der Druck zu groß wird. Man kann nur bis zu einem gewissen Punkt reagieren, und dann erstarrt man. Das ist alles.
    Sie konzentrierte sich darauf, die Lähmung abzuschütteln, die ihren Körper gepackt hielt, sie ins Wasser zu drängen, nach unten durch den Körper und die Schuhsohlen hindurch in den Schlamm, und endlich, endlich gelang es ihr, mit den Augen

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