Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Monkeewrench 04 - Memento

Monkeewrench 04 - Memento

Titel: Monkeewrench 04 - Memento Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.J. Tracy
Vom Netzwerk:
werden und aufhören, welche zu bauen. Irgendwann sind sie dann erwachsen und verbieten ihren eigenen Kindern, Schneemänner zu bauen. Kein Sender wird mehr Frosty der Schneemann zeigen, die Radiosender müssen das Lied von ihren Playlisten nehmen, und Gene Autrys Familie bekommt keine Tantiemen mehr. Die Sache kann die Winterwahrnehmung eines ganzen Landes verändern, und alles nur, weil Kristin Keller auf Sondersendungen abfährt.» Mit diesen Worten beendete er seine Schimpftirade und legte auf, und Magozzi blieb allein mit einem warmen Bier und einem Berg von Unterlagen.

KAPITEL 8

    Kurt Weinbeck erwachte blinzelnd, dann fuhr er kerzengerade auf dem Sitz hoch, schaute panisch um sich und überlegte angestrengt, wie zum Geier er überhaupt eingeschlafen war und was ihn aufgeweckt hatte. Wahrscheinlich die Kälte. Vielleicht auch ein Windstoß, der den kleinen Wagen erschüttert hatte. Nein, das konnte nicht sein. Die mistige kleine Blechkiste steckte so fest in den Löchern, die die vier abgefahrenen Reifen gegraben hatten, dass mindestens ein Hurrikan nötig gewesen wäre, um sie auch nur einen Millimeter zu bewegen.
    Der Straßengraben war absurd tief, und in Minnesota wusste jedes Kind, was das bedeutete. Man hatte die gottverdammten Straßen mitten durch Sumpfland gebaut und dabei genauso hoch aufgeschüttet, dass sie sich oberhalb des Wasserspiegels befanden. Mehr hatte man nicht getan - mit dem Erfolg, dass man jetzt im ganzen Staat Straßen hatte, die viel höher lagen als das Land ringsum. Die Seitengräben waren so tief, dass man im Frühjahr Gefahr lief, darin zu ertrinken. Im Winter auf diesen Straßen zu fahren hatte etwas von einem autofahrerischen Schwebebalkenturnier. Wenn man mit einem Reifen auch nur einen Zentimeter zu weit nach rechts oder links geriet, war man geliefert.
    Er hatte gleich gewusst, was los war, als er spürte, wie der Wagen von der Fahrbahn abkam und in den freien Fall geriet. Wären nicht die gut sechzig Zentimeter Schnee unten im Graben gewesen, hätte er sich einen Achsenbruch eingehandelt, als er schließlich unten aufkam. Auch so war es unmöglich, wieder herauszukommen - aber er versuchte es trotzdem, schaukelte vor und zurück, solange die Reifen noch Schnee zu fassen bekamen, und grub sich mit jeder Umdrehung tiefer hinein, bis der Schnee um die Reifen durch die Reibungswärme schließlich zu Eis gefror und sie lieh überhaupt nicht mehr bewegten. Schlimmer noch: Er hatte den Wagen so tief eingegraben, dass die Schneemassen von außen gegen die Türen drückten und sie sich nicht mehr öffnen ließen.
    Ein gottverdammter Schneesarg war das, nichts anderes. Immer tiefer reingegraben hat er sich, der alte Cameron Weinbeck, bis der Schnee die Türen zugedrückt hat und er nichts mehr machen konnte. Er war natürlich blau, wie immer, also war es vermutlich gar nicht so schlimm für ihn, da zu hocken und zu warten, dass ihm die Augen gefrieren, bis er die Lider nicht mehr zukriegt, und die Finger, bis sie brechen und abfallen. Wahrscheinlich hat er noch ne gute Zeit gehabt, bis die letzte Flasche leer war, danach wird's steil bergab gegangen sein.
    Nicht ganz die übliche Totenrede, zugegeben, aber das war die Geschichte, die er am häufigsten zu hören bekam, als er mit acht Jahren am Sarg seines Vaters stand. Und jetzt saß er hier, vierundzwanzig Jahre später, und war im Begriff, die Familientradition fortzuführen.
    Bei dem Gedanken hätte er sich fast in die Hose gemacht vor Angst, bis er plötzlich auf die glorreiche Idee gekommen war, das Fenster herunterzukurbeln und sich auf diesem Weg nach draußen zu zwängen.
    Als er aus dem Wagen und schließlich auch aus dem Graben herausgeklettert war, schneite es bereits wieder heftig, und die Temperatur sank so schnell, dass er mit seinem leichten Mantel und den Turnschuhen nicht mehr mithalten konnte. Er ließ den Blick über den verschneiten Wald, das unbebaute Feld und die verlassene Straße wandern und dachte: Niemandsland - ein Ausdruck, den man in diesem Staat so lange für ein Klischee hielt, bis einem klar wurde, dass man praktisch jedes Mal dort landete, wenn man so weit nördlich der Twin Cities um die Ecke bog.
    Die Nachrichtensprecher fingen meist gegen Mitte November an, ihren Zuschauern Verhaltensregeln für den Winter einzubläuen. Man sollte für eine Notfallausrüstung im Kofferraum sorgen: Kerzen, Streichhölzer, Suppenkonserven, Decken und noch eine Menge anderes Zeug, das einem angeblich das Leben retten

Weitere Kostenlose Bücher