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Monkeewrench 04 - Memento

Monkeewrench 04 - Memento

Titel: Monkeewrench 04 - Memento Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.J. Tracy
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war, seine Lungen brannten, und der Schweiß ließ ihm die Haarsträhnen an der Stirn festfrieren. Da fing er an, nicht mehr die Minuten, sondern die Schritte zu zählen, obwohl er wusste, dass das ein schlechtes Zeichen war. Beug das Knie, ermahnte er sich und spürte, wie seine Oberschenkelmuskeln aufschrien, als er das Bein, das er längst nicht mehr spürte, aus dem Schnee zog. Anschließend blieb er stehen, um zu husten und wieder zu Atem zu kommen, und dann wiederholte er die ganze Prozedur mit dem anderen Bein. Nach fünf Schritten musste er aufhören zu zählen, weil er nicht mehr wusste, welche Zahl danach kam. Und dann sah er es.
    Ein trübes, winzig kleines Licht, kaum wahrnehmbar in der Ferne zwischen den Schneeflocken, vielleicht eine Fata Morgana - aber vielleicht auch nicht. Er fing wieder an, seine Schritte zu zählen.
    Es war nicht ganz die Sorte Zuflucht, die er sich vorgestellt hatte, aber immerhin hielten die Bretter den Wind ab, es war ein paar Grad wärmer als draußen und würde ihm sein jämmerliches Leben retten. Und das war gut so, denn zum ersten Mal seit langer Zeit hatte er etwas, wofür es sich zu leben lohnte.
    Rache, dachte er, während er auf halb erfrorenen Beinen weiterstolperte und sich in der Dunkelheit mit halb erfrorenen Händen vorantastete, bis er schließlich fand, was er brauchte, um die Nacht zu überstehen.

KAPITEL 9

    Seit zehn Jahren war Iris Rikker nicht mehr im Dunkeln aufgestanden, und es gefiel ihr überhaupt nicht. Als sie sich endlich durch das stockdunkle Schlafzimmer bis zum Wandschalter vorgetastet hatte, hatte sie sich auf dem Weg bereits den Ellbogen am Nachttisch gestoßen und war in ein frisches Häufchen Katzenkotze getreten.
    «Scheiße. Scheiße!»
    Als das Licht anging, sah sie auch die verantwortliche Katze, die neben ihrem kleinen Malheur hockte und sie aus erschrockenen Augen mit winzigen Pupillen anblinzelte.
    «Puck, du Kotzbröckchen», murmelte Iris, während sie auf einem nackten Fuß ins Bad hüpfte und den anderen unter den Wasserhahn hielt.
    Das Wasser war eiskalt, und Iris sog scharf die Luft ein, als es ihren Fuß traf. Es würde wie immer Minuten dauern, bis das heiße Wasser aus dem altersschwachen Boiler im Keller zwei Stockwerke hochgeklettert war, dabei hatte sie heute Morgen doch keine Minute übrig. Ein neuer Boiler. Das stand ganz oben auf der Liste der Renovierungsmaßnahmen an ihrem Haus, die sie sich jetzt würde leisten können. Immerhin etwas.
    Hier im nördlichsten Teil des alten Farmhauses konnte nicht einmal das Geräusch des Wassers das heisere Heulen des Windes übertönen. Eisregen fiel aus der Dunkelheit und klopfte an das Badezimmerfenster, wo sich am Innenrahmen schon wieder eine dünne Eisschicht gebildet hatte. Neue Fenster. Vielleicht sollten die ganz oben auf die Liste.
    Sie trocknete sich den Fuß ab, schnitt dem Eisregen, der ans Fenster trommelte, eine Grimasse, und dachte darüber nach, nach Kalifornien zu ziehen oder auch nach Sibirien -
    einfach nur irgendwohin, wo man sich halbwegs auf das Wetter verlassen konnte. Vor zwei Tagen hatte sie den knappen halben Kilometer bis zu ihrem Briefkasten noch mit dem Fahrrad zurückgelegt. Gestern war der ganze Briefkasten unter dreißig Zentimetern Schnee verschwunden, und heute Morgen fügte ein neuer Schneesturm noch eine hübsche Schicht Eis hinzu.
    Die Katze wartete, bis Iris auf dem Klo saß, dann kam sie ins Bad, blieb dort stehen und starrte sie an.
    «Voyeurin. Kotzende Voyeurin.»
    Puck blinzelte sie an, kam dann näher und rieb sich an ihren Beinen. Iris beschloss, das als kätzische Entschuldigung zu interpretieren, und streichelte ihr das dünne schwarze Fell. Die Katze wurde im Frühjahr fünfzehn, man konnte ihr wohl kaum Vorwürfe machen, wenn ihr alterndes Verdauungssystem hin und wieder ein bisschen durcheinandergeriet. «Arme Puck. Geht's dir nicht gut?»
    Die Katze fing an zu schnurren und erbrach sich dann prompt auf Iris' anderen Fuß.
    Als Iris endlich in die Küche hinunterkam, war es bereits sechs Uhr und immer noch stockdunkel. Sie trug die Kleider, die sie sich am Abend zuvor nach einstündiger Qual der Wahl zurechtgelegt hatte: eine schwarze Hose, einen weißen Pullover und einen schwarzen Blazer, der noch wartend über der Stuhllehne hing. Doch gegen die dunklen Ringe unter den Augen half nichts, auch kein Make-up.
    Während sie noch ihre erste Tasse Kaffee trank und ihr Müsli löffelte, klingelte das Telefon.
    «Bin ich da richtig bei Iris

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