Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Monkeewrench 04 - Memento

Monkeewrench 04 - Memento

Titel: Monkeewrench 04 - Memento Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.J. Tracy
Vom Netzwerk:
Rikker?», fragte eine Männerstimme.
    «Ja. Wer ist denn da?»
    «Lieutenant Sampson. Wir sind unten am Lake Kittering, bei der öffentlichen Anlegestelle, falls Sie wissen, wo das ist.»
    «Ahm ... »
    «Nördliches Ufer, hinter dem Bezirksgericht, direkt neben Shorty's Garage. Wir haben hier eine Leiche.»
    Iris stand stocksteif da. Nichts als die Telefonleitung verband sie mit dieser völlig neuen, fremden Welt. Sie holte tief Luft. «Ich kann in einer halben Stunde da sein.»
    «Können Sie nicht. Die Straßen sind eine Katastrophe. Aber keine Sorge, der läuft schon nicht weg.»
    Irritiert lauschte sie dem Klicken und der plötzlichen Stille in der Leitung. Dann legte sie sanft den Hörer auf die Gabel, machte einen Schritt vom Telefon weg und schlang die Arme um den Körper. Sie sah sich in ihrer gemütlichen Küche um: weiße Schränke, dunkelgrüne Tapete, ein Krug mit getrockneten Blumen auf dem Eichentisch. Es roch nach frischem Kaffee und nach der Zimtkerze, die sie am Abend zuvor angezündet hatte. Es war eine schöne Küche, eine behagliche, ländliche Küche. Anrufe, bei denen es um Leichen ging, hatten hier nichts verloren.
    An der Innenseite der Schranktür befand sich ein Ganzkörperspiegel, und Iris betrachtete sich darin, während sie die Moonboots überzog, die sie schon seit zehn Jahren besaß, und einen schwarzen Anorak, den sie sich letzte Woche gekauft hatte. Etwas Altes, etwas Neues, dachte sie und fragte sich, warum sie an diesem Morgen eigentlich so klein aussah. Eine zierliche blonde Frau mit sehr heller Haut und blauen Augen, die für ihr Gesicht viel zu groß wirkten.
    Verdammt, es sollte doch keine Leichen geben. Von Leichen war nie die Rede gewesen, kein einziges Mal.
    Sie sah ihrem Spiegelbild unverwandt in die Augen und machte sich innerlich noch einmal klar, wer und was sie war: ein Mädchen aus der Stadt, Aushilfslehrerin für Englisch an jeder Bezirksschule, die ihr Arbeit gab, und seit kurzem Deputy im Sheriffbüro der Bezirksverwaltung, wo sie seit knapp zwei Monaten nachts in der Zentrale saß, weil Sie vom Teilzeitunterricht ihre Rechnungen nicht bezahlen konnte. Dann schloss sie die Augen und holte einmal tief und zittrig Luft. Das alles war sie gestern noch gewesen. Heute war sie der neu gewählte Sheriff eines der größten ländlichen Bezirke von Minnesota, und irgendein Idiot namens Sampson hielt sie für die richtige Ansprechpartnerin, wenn irgendwo eine Leiche herumlag.
    «Na klar doch», flüsterte sie ihrem Spiegelbild zu. Dann rannte sie, so schnell sie konnte, nach oben ins Bad.
    Puck fand sie über der Kloschüssel vor.
    Iris warf ihr einen gequälten Blick zu. «Nimm dir ein Beispiel, Puck.»
    Abgesehen von den Monstern unter dem Bett und ähnlichen schaurig-schönen Kindheitsängsten hatte Iris sich eigentlich nie vor irgendetwas gefürchtet. Bei einem Leben wie ihrem, das nach Ansicht der meisten das Leben eines Glückskinds war, gab es ja auch keinen Anlass dazu. Bis Mark, der Mistkerl, sie verlassen hatte. Aus irgendeinem Grund hatte das alles geändert. Plötzlich waren die nächtlichen Geräusche des alten Hauses bedrohlich, hinter jedem dunklen Fenster lauerten imaginäre Gesichter, und jetzt stand sie hier, die Hand am Türknauf der Hintertür, wie gelähmt bei dem Gedanken, auf ihre eigene Veranda hinauszugehen, nur weil es draußen noch dunkel war. Wie sie ihn dafür hasste, dass er ihr ihre selbstverständliche Zuversicht geraubt hatte!
    Verdammt, du hattest früher nie Angst im Dunkeln, also hast du auch jetzt keine.
    «Ja, genau», sagte sie laut, öffnete die Tür und ging hinaus auf die Veranda.
    Der Wind erfasste sie, sobald sie aus dem Schutz des Hauses getreten war. Er blies ihr die Kapuze vom Kopf, wehte ihr das Haar in wirren Strähnen ins Gesicht. Als sie sich vier Schritte von der Veranda entfernt hatte, verschluckte die Dunkelheit den Lichtschein vom Haus her. Blindlings stapfte Iris durch kniehohe Schneewehen in die Richtung, in der sie ihren Geländewagen vermutete, und verfluchte Mark von neuem, weil Schneeschippen eigentlich zu seinen Aufgaben gehört hätte. Zu dumm, dass er nicht bis zum ersten Schnee geblieben war - so viele Leute wurden beim Schneeschippen vom Schlag getroffen.
    Sie sah den Wagen erst, als sie fast in ihn hineingelaufen wäre, und das war auch kein Wunder: Das verflixte Ding sah aus wie ein Eisberg. Sie wischte den Schnee von der Windschutzscheibe und ertastete die solide Eisschicht darunter. Wahrscheinlich würde

Weitere Kostenlose Bücher