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Monkeewrench 04 - Memento

Monkeewrench 04 - Memento

Titel: Monkeewrench 04 - Memento Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.J. Tracy
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konnte, wenn man blöd genug war, sich in eine solche Situation zu bringen wie er und sein Vater und jeden Winter zahllose weitere Einwohner von Minnesota. Das Dumme war nur, dass Leute, die blöd genug waren, mitten in einem Schneesturm mit ihrem Auto im Straßengraben zu landen, offenbar auch viel zu blöd waren, sich eine solche Ausrüstung zuzulegen. In diesem Wagen befand sich jedenfalls keine. Die mistige Karre hatte ja nicht mal einen Kofferraum.
    Also weiter zur zweiten Regel, und die war besonders wichtig: Bleiben Sie in der Nähe des Wagens, irgendjemand wird Sie finden. Er sah sich um und hielt das für ziemlich unwahrscheinlich. Außerdem stand Gefundenwerden sowieso nicht ganz oben auf seiner Wunschliste. Ihm wurde klar, dass er zu Fuß weitergehen, sich ein neues Auto beschaffen musste. Und dann musste er so schnell wie möglich raus aus diesem gottverdammten Staat, und er würde ganz bestimmt nicht wiederkommen.
    Doch vorher gab es noch etwas zu erledigen, und er hatte nie auch nur eine Sekunde lang in Erwägung gezogen, das ungetan zu lassen. Schließlich hatte er die letzten drei Jahre, während er in seiner Gefängniszelle schmorte, immer wieder darüber nachgedacht, den Tag herbeigesehnt. Jetzt war er da, der Tag.
    Also hatte er den Schnee um den Auspuff herum entfernt und sich dann wieder in den Wagen gezwängt, um sich vor dem Fußmarsch noch ein bisschen aufzuwärmen. Vielleicht würden ja auch seine Schuhe wieder trocknen. Er hatte die Heizung voll aufgedreht und das Fenster einen Spaltbreit geöffnet, um nicht versehentlich an den Abgasen zu ersticken.
    Das war eine gute Idee gewesen, dachte er jetzt, denn inzwischen war es drei Uhr morgens, er hatte ganze zwei Stunden in der Wärme geschlafen, und vermutlich hatte der Neuschnee den Auspuff schon vor einiger Zeit wieder verstopft.
    Er stellte den Motor ab, kletterte zum zweiten und letzten Mal aus dem Fenster nach draußen und machte sich auf den Weg. Er hatte nicht die geringste Ahnung, wo er war, aber Immerhin wusste er, wo er hinmusste: zurück zum See und am Ufer entlang, denn wenn man in Minnesota überhaupt eine Art Zivilisation fand, dann immer nahe am Wasser. Man zahlte ein kleines Vermögen für solche mistigen Immobilien am Ufer eines Sees, selbst noch im hintersten Winkel des riesigen Staates. Es war noch nicht lange her, dass er an dem See vorbeigekommen war, und ein bisschen Bewegung tat ja vielleicht ganz gut.
    Wenn man genug Zeit im Gefängnis verbrachte, wo die ganze Nacht das Licht brannte, vergaß man leicht, was echte Dunkelheit war. Selbst in einer völlig verschneiten Umgebung brauchte man doch etwas Licht, das vom Schnee reflektiert werden konnte, andernfalls war man praktisch blind. Der Mond, der die Welt im Winter wie eine riesige Stroboskoplampe erleuchtete, war dafür natürlich ideal, bei so viel Schnee hätten aber auch ein paar Sterne gereicht. Doch es waren weder Mond noch Sterne zu sehen, und er musste höllisch aufpassen, auf der Straße zu bleiben, um den Weg zurück zu finden.
    Als er nach einer halben Stunde den See erreichte, spürte er seine Füße schon nicht mehr. Am Ufer lag der Schnee noch sehr viel höher als auf der Straße, er ging ihm bis über die Knie, durchnässte seine Jeans und ließ sie dann gefrieren, sodass ihm die Hosenbeine bei jedem Schritt an den Waden kratzten.
    Nach einer weiteren halben Stunde war sein Gesicht fast völlig starr, die Nerven hatten sich verabschiedet, und noch immer hatte er nicht ein Haus oder auch nur einen Unterstand entdeckt, bis auf die geisterhaften Umrisse der Anglerhäuschen auf dem Eis, die er früher am Abend gesehen hatte. Die meisten davon hatten Heizvorrichtungen, und die Versuchung war groß. Aber dorthin würde er auf keinen Fall zurückgehen.
    Nach einer weiteren Viertelstunde war er überzeugt davon, dass dieser See der größte im ganzen Staat sein musste und noch dazu der einzige, an dessen Ufer keine Häuser standen, und dass er sterben würde. Zu allem Überfluss war es ja nicht einmal so kalt, zumindest nicht für Minnesota. Zwanzig, höchstens fünfundzwanzig Grad unter null. Bei so mildem Winterwetter draußen zu erfrieren war geradezu peinlich.
    Also kämpfte er sich zehn quälende Minuten weiter voran und ging dabei weg vom Seeufer, einen kleinen Hügel hinauf auf ein ebenes, leeres Feld, das kein Ende zu nehmen schien. Obwohl er wirklich nicht steil war, hätte der Hügel ihm fast den Rest gegeben. Er fiel zweimal hin, ehe er endlich oben

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