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Monkeewrench 06 - Todesnaehe

Monkeewrench 06 - Todesnaehe

Titel: Monkeewrench 06 - Todesnaehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.J. Tracy
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es noch größer gemacht. Wenn du willst, dass das alles eines Tages dir gehört, musst du schon ein bisschen Einsatz zeigen, verstanden? Was es umsonst gibt, das ist nichts wert, merk dir das.
    Die folgende Nacht hindurch hatte sich der kleine Claude unruhig in seinem Rennauto-Bett gewälzt – nicht weil er sich sonderlich für die Kühe oder die blöden Metall-Dinosaurier interessiert hätte, sondern weil ihm Mrs. Carmichael aus dem Gemischtwarenladen jedes Mal, wenn er kam, eine Pfefferminzstange schenkte und sein fünfjähriges Hirn einfach nicht begreifen konnte, warum eine Pfefferminzstange, die man umsonst bekam, nichts wert sein sollte, wie sein Daddy gesagt hatte.
    Claude lächelte über diese uralte Erinnerung, die nach so vielen Jahren inzwischen etwas Warmes und Tröstliches hatte, und drehte sich zur Seite, um die Nachttischlampe auszumachen. Dabei bemerkte er die Schachtel, die am Morgen, als er das Zimmer bezogen und seine Sachen ausgepackt hatte, noch nicht da gewesen war.
    Diese Schachtel war ihm nur zu vertraut, er hatte selbst ein paar davon: die offizielle Schmuckschachtel, in der militärische Auszeichnungen aufbewahrt wurden. Claude setzte sich im Bett auf und nahm sie vorsichtig auf den Schoß. Er wusste, was darin war. Und er wusste auch, wo sie herkam.
    Es verging viel Zeit – Claude war sich nicht sicher, wie viel –, bis er ganz langsam den Deckel hob. Auf dem dicken Samtpolster, das den Boden der Schachtel auskleidete, lag ein Bronzekreuz mit einem Adler in der Mitte und darunter die Inschrift: FOR VALOR . Es war eine Auszeichnung für besondere Verdienste und besondere Tapferkeit, das Distinguished Service Cross, eine der höchsten militärischen Auszeichnungen an Personen, die unter großer Gefahr für das eigene Leben außerordentlichen Heldenmut an den Tag gelegt hatten. Joey hatte diesen Orden bekommen, weil er versucht hatte, Claudes Sohn Grover das Leben zu retten. Das Abschiedsgeschenk eines tapferen, ehrenhaften Mannes, der, solange ihm noch Zeit dafür blieb, seinen Nachlass dorthin gab, wo er ihn gerne sehen wollte.
    Nach einer Weile nahm Claude die Medaille heraus und hielt sie in der Hand. Die Bronze fühlte sich so warm an, als hätte sie erst kürzlich noch jemand ans Herz gedrückt und lange dort gehalten.
    Claude schloss die Augen, ließ sich wieder aufs Kissen sinken und drückte die Medaille an sein eigenes Herz.

KAPITEL 12
    E
s war erst das zweite Mal in seinem Leben, dass Mukwa den Chief besuchte – doch diesmal erzählte er ihm nichts von den vielen Wegen in die Glücklichen Jagdgründe und führte ihn nicht durch den Dschungel Vietnams zum Versteck der Scharfschützen. Er bat auch nicht um Gnade bei der morgigen Bärenjagd. Er zeigte dem Chief einfach nur einen einsamen Eistaucher, der im Mondschein auf einem See trieb. Plötzlich erhob sich der Eistaucher auf gewaltigen Schwingen in die Luft und flog in die Dunkelheit, während das Mondlicht noch seine Flügelspitzen beschien. Im Flug verwandelte er sich in eine Eule – den Vorboten des Todes.
    Keuchend fuhr der Chief im Bett hoch, die zerwühlten Laken um ihn herum nass von Schweiß. Er knipste die Nachttischlampe an und blieb ein paar Minuten einfach sitzen, um seinen Herzschlag wieder zu beruhigen und die Gedanken zu ordnen.
    So gern er Claude auch hin und wieder mit ein bisschen Indianer-Mystik aufzog, glaubte er doch eigentlich nicht auf die gleiche Weise an Krafttiere wie viele andere aus seinem Volk. Ihm war klar, dass deren Botschaften nichts weiter waren als menschlicher Instinkt, den seine Vorfahren höheren Mächten zuschrieben, Erklärungsmodelle, die bis heute als Traditionen weitergegeben wurden.
    In jener Nacht in Khe Sanh, als Mukwa ihm zum ersten Mal erschienen war, hatte sein Unterbewusstsein wahrscheinlich die Klick- und Zirplaute registriert, mit denen die Scharfschützen des Vietcong, die auf ein Feindeslager zuschlichen, sich verständigten. Dann hatte es diese Signale im Traum in eine Botschaft seines Krafttiers gekleidet, weil sein Bewusstsein sie so am besten interpretieren konnte.
    Mit Mukwas heutigem Besuch war es nicht anders: Joe würde sterben, er war die Eule. Aber der Eistaucher, der sich im ersten Teil des Traums in die Lüfte erhoben hatte, war eine Botschaft, die der Chief beim besten Willen nicht verstand.
    Er befreite sich von dem feuchten Bettzeug und schlich aus dem Zimmer hinaus auf den Flur. Gegenüber schnarchte Claude so laut wie eine Kettensäge, doch aus Joeys

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