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Monkeewrench 06 - Todesnaehe

Monkeewrench 06 - Todesnaehe

Titel: Monkeewrench 06 - Todesnaehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.J. Tracy
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vielen Eindrücken und Gefühlen anstellen sollte, die sich alle gleichzeitig in den Vordergrund seines Bewusstseins drängten. Komischerweise kam er mit ihrer Frisur am wenigsten klar. Die nackten Arme und Beine und die gebräunten Zehen in den Sandalen kündeten plakativ von Veränderung, aber das kurze Haar erschreckte ihn auf eine Weise, die seinen italienischen Genen zwar einleuchten mochte, seinem Verstand aber überhaupt nicht. Wie festgenagelt blieb er am Rand der Veranda stehen und starrte auf die klapprige Hollywoodschaukel.
    Und dann kam das eigentlich Erschreckende. Grace stand auf und zögerte nur den Bruchteil einer Sekunde, ehe sie auf ihn zutrat, ihm die Arme um den Hals schlang und den Kopf mit dem beängstigend kurzen Haar an seine Schulter legte.
    «Hallo, Magozzi.»
    Für Magozzi waren die letzten drei Monate nicht leicht gewesen. Er hatte nicht versucht, seine Gefühle zu sortieren, das fand er unsinnig; er hatte sich einfach mit ihnen auseinandergesetzt, sobald sie auftauchten.
    Selbstmitleid war nutzlos und unwürdig. Das hatte er allenfalls fünf Sekunden verspürt, nachdem Grace ihm in jener Nacht erzählt hatte, sie müsse weg: von ihm, von allem.
    Ich brauche eine Veränderung, Magozzi. Ich muss mich ändern.
    Aber wozu? Du bist perfekt.
    Nein, bin ich nicht. Ich habe ständig Angst.
    Und du glaubst, wenn du weggehst, ändert sich das?
    Vielleicht.
    Und wo willst du hin?
    John nimmt mich ein paar Monate mit auf sein Segelboot.
    Touché. Die Wut explodierte in seinem Bauch und schoss hoch bis in den Kopf, der rot und heiß anlief. Er hatte sich einfach umgedreht und war zur Tür gegangen.
    Warte, Magozzi. Lass mich doch erklären!
    Na, klar doch. Netter Versuch, aber: nein danke. Wenn eine Frau zu einem sagte: Tschüs, ich mach mich mal für ein paar Monate mit einem anderen Mann vom Acker, dann blieb man doch nicht stehen wie ein unförmiges, nicht mehr benötigtes Möbelstück und hörte sich lange Erklärungen an. Da drehte man sich auf dem Absatz um und ging.
    Aber auch die Wut war schnell verpufft. Sie war kein bisschen produktiv, deshalb hatte er sie gleich wieder in die Tonne getreten. Das einzige Gefühl, das sich im Lauf der Monate einfach nicht vertreiben lassen wollte, war die Verbitterung. An ihr hielt Magozzi fest wie eine alte Frau an ihrer Geldbörse.
    Aber es ging ihm inzwischen besser. Er hatte sich mit zwei Frauen getroffen, mit denen er sich wirklich gut verstanden hatte, und noch mit ein paar weiteren, die ihn zu Tode gelangweilt hatten. Er war dabei, sein Leben Stück für Stück zurückzuerobern. Und ausgerechnet jetzt, wo er gerade das Gefühl hatte, Fortschritte zu machen, musste sie plötzlich auftauchen, sich wieder in seine Welt drängen, ohne um Erlaubnis zu fragen, und ihn total durcheinanderbringen.
    Er ließ die Arme hängen, um sie bloß nicht zu berühren, doch ihre Arme um seinen Hals zu spüren und ihren Atem an seiner Haut, das fühlte sich an wie Heimkommen. Verdammt! Er machte einen Schritt zurück. Und seine erste Frage war ebenso albern wie absolut entscheidend: «Wo ist Charlie?»
    «Ich habe ihn bei Harley gelassen, bevor ich hergekommen bin. Können wir reingehen? Mir ist ziemlich kalt.»
    Magozzi musterte ihre leichte Kleidung und fragte sich, was sie sich bloß dabei gedacht hatte. Heiße Herbsttage waren ja gut und schön, doch abends sackten die Temperaturen hier immer in den Keller. «Klar ist dir kalt. Du siehst ja auch aus, als wärst du noch in Florida.»
    «Ich bin zweieinhalb Tage ohne Pause durchgefahren. Zum Umziehen war keine Zeit. Ich war noch nicht einmal zu Hause. Also lass mich bitte rein oder schmeiß mich raus, aber entscheide dich schnell. Ich habe nämlich nicht mehr viel Energie übrig, und soweit ich weiß, hattest du diese Woche auch einiges um die Ohren.»
    Magozzi neigte bestätigend den Kopf.
    «Harley hat mir erzählt, was gerade bei euch läuft. Die Morde, die entführten Mädchen …»
    «Was soll das, Grace?»
    Sie holte tief Luft. «Ich wollte dir nur zeigen, dass ich weiß, womit du dich beschäftigst.»
    Magozzi wandte sich ab und schloss die Haustür auf. Grace spürte eine Kluft zwischen sich und ihm; sie schien das Privileg verspielt zu haben, mit ihm über seine Fälle reden zu dürfen. Zu viel anderes schwang mit in seiner Reaktion, das war nicht die Art, wie sie sonst miteinander umgingen. Er war sichtlich erschöpft, genau wie sie. Aber offenbar litt er darunter, dass sie fortgegangen war, und fragte sich

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