Monkeewrench 06 - Todesnaehe
außerdem extrem geheimniskrämerisch. Hast du schon irgendwelche Einzelheiten aus Magozzi rausgekriegt?»
Grace schüttelte den Kopf. «Ich habe seit gestern Abend nicht mehr mit ihm gesprochen. Aber wenn Tommy so aufgeregt ist, muss beim MPD etwas Größeres im Gange sein. Magozzi ruft sicher an, wenn er Zeit hat.»
Roadrunner nickte. «Stimmt, wird er machen. Aber ich hab hier noch was, Leute: Gerade habe ich ein ordentliches Stück Malware auf Johns Rechner gefunden. Irgendwer ist auf unsere lädierte Software aufgesprungen. Da hat jemand ständig mitgelesen, und John wusste nichts davon.»
Harley grunzte und fuhr sich mit den Fingern durch den schwarzen Bart, der mit jedem Tag struppiger aussah. «So was Blödes. Ich verstehe immer noch nicht, wieso er überhaupt an unserem Programm rumgeschraubt hat, wenn er doch nur Daten durchforsten wollte.»
Annie, die als Einzige trotz der langen Arbeitstage noch in makelloser Perfektion erstrahlte, strich sich die bunten Federn am Rock glatt und überflog rasch die erste Mail auf ihrem Stapel. «Hier ist ja gleich eine. Hört euch das an: Eine Mail an das FBI und die Polizeidienststelle in Jackson, Mississippi:
1624 Magnolia Street. Al-Qaida-Aktivisten in Privathaus. Möglicherweise Waffenversteck.
»
Harley schlug sich mit der Faust auf das lederbewehrte Knie. «Na, scheiß doch die Wand an! Der gerissene Hund hat nicht einfach nur Daten durchforstet – der hat den Datenverkehr von den islamistischen Websites zurückverfolgt und mit freundlicher Unterstützung unseres Würmchens ihren Standort ausfindig gemacht. Und den hat er dann den Leuten, die etwas unternehmen können, brühwarm mitgeteilt.»
Roadrunner runzelte die Stirn. «Das erklärt aber noch nicht, warum er so tief in der Scheiße sitzt, oder?»
«Keine Ahnung.» Grace schüttelte den Kopf. «Vielleicht doch?»
«Na ja, Schätzchen, sieh es mal so: Womöglich hatten die Typen dank Johns Informationen ständig irgendwelche Razzien und fanden, das muss aufhören.»
Harleys Finger flogen schon wieder über die Tastatur. «Also, ich habe gerade mal nach der Adresse gesucht, und in dem Haus an der Magnolia Street gab es keine Razzia. Die Bewohner wurden erschossen. Irgendwelche Bandenstreitigkeiten, behaupten zumindest die Nachrichten.»
Seufzend schob Grace ihren Stuhl zurück. «Sucht euch die anderen Mails raus und überprüft sie alle. Ich mache was zum Abendessen.»
Harley strahlte sie an. «Nur zu!»
KAPITEL 34
G race tat, was sie immer tat, wenn ihr armer Kopf vor lauter widersprüchlichen Gedanken zu platzen drohte. Die Küche war ihr Zufluchtsort, die vorhersehbaren und immer gleichen Reaktionen der Lebensmittel waren ihr ein großer Trost. In einem tiefen Teich aus gutem Olivenöl und ausgelassenem Speck erhitzte sie Zwiebeln, Knoblauch, Sellerie und Karotten, bis sie karamellisierten. Jetzt wurden sie langsam braun und verströmten einen köstlichen süßen Duft – anders als die allermeisten Menschen machten sie genau das, was man von ihnen erwartete.
So groß der Drang auch war, diese kleinen Bomben aus Wohlgeschmack umzurühren, Grace widerstand ihm. Sie sog einfach nur den Duft ein und spürte, wie sie sich nach und nach entspannte.
Kein Mensch betrat Harleys Küche, wenn Grace dort kochte. Davor hüteten sie sich alle. Nur John Smith hatte es gewagt, in diese Welt vorzudringen, und das auch erst nach persönlicher Einladung. Nach so vielen Monaten auf See und all den Erlebnissen, die sie geteilt hatten, stand ihr der Tag, als John zum ersten Mal mit ihr zusammen in dieser Küche hier gekocht hatte, noch immer besonders lebhaft vor Augen: Er war ein stiller, heiterer, bereitwilliger Gefährte gewesen, dem das Zubereiten von Essen dieselbe selige Zufriedenheit verschaffte wie ihr.
Grace sah zu dem Schneidebrett hinüber, wo ihre Sig Sauer lag, geladen und griffbereit. Wie merkwürdig, mit einer Waffe neben sich etwas aus harmlosem Gemüse zu zaubern. Annie, Roadrunner und Harley freuten sich aufs Essen, waren aber oben geblieben, weil sie Grace’ Privatsphäre respektierten. Normalerweise war ihr das mehr als recht, doch heute Abend fühlte sie sich fast ein wenig einsam in der Küche.
Und so lächelte sie tatsächlich, als Roadrunner vorsichtig zur Tür hereinlugte. Er trug heute ein schwarzes Trikot, was Grace aus irgendeinem Grund beunruhigte. Seine entstellten, grobknochigen Hände ragten hilflos und unnütz aus den enganliegenden Ärmeln hervor.
«Hallo, Roadrunner. In einer
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