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Monster

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Titel: Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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ich mich nie wieder drum gekümmert.«
    »Wie hat Peake auf diese Streiche reagiert?«, fragte ich.
    »Er stand einfach so da.« Ihre Gesichtsmuskeln erschlafften, und sie starrte ins Leere. »Der Junge war nie so ganz da.«
    »Keine Wut?«
    »Fehlanzeige. Wie ein Zombie.«
    »Waren Sie überrascht, als es dann plötzich zu solch einem Gewaltausbruch kam?«
    »Ich glaube schon«, sagte sie. »Heutzutage würde es mich allerdings nicht mehr überraschen. Wie heißt es doch immer? >Es sind immer die Stillen.< Kann man überhaupt bei irgendjemandem vorhersagen, was er tun wird?«
    »Haben Sie irgendeine Theorie, warum er die Ardullos umgebracht hat?«
    »Er war verrückt. Sie sind der Psychologe. Warum stellen verrückte Leute verrückte Sachen an?«
    Ich machte mich daran, ihr zu danken, und wollte schon aufstehen, aber sie brachte mich mit einer Handbewegung zum Schweigen. »Wollen Sie eine Theorie? Wie wär’s einfach mit Pech? Jemand, der zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort war. So, wie wenn man auf die Straße tritt und von einem Bus überfahren wird.«
    Ich sah, wie ihre Lippen arbeiteten. Sie sah aus, als würde sie jeden Moment anfangen zu weinen. »Es ist nicht leicht - einfach nur zu überleben, meine ich. Ich warte und warte, dass mir etwas passiert, aber mein Glück bleibt mir treu. Manchmal könnte ich mir die Haare raufen vor Wut - noch ein Tag, wieder der gleiche Trott.« Wieder machte sie eine wegwischende Handbewegung. »Na gut, gehen Sie schon. Lassen Sie mich im Stich. Ich habe Ihnen sowieso nicht helfen können.«
    »Sie waren mir eine große Hilfe -«
    »Bitte, verschonen Sie mich damit.« Doch dann streckte sie den Arm aus und nahm meine Hand. Ihre Haut war kalt und trocken und so glatt, dass sie schon fast anorganisch schien. »Merken Sie sich eins, Doktor: Ein langes Leben kann die Hölle sein. Wenn man weiß, dass alles unausweichlich daraufhinsteuert, dass es schlechter wird, aber man keine Ahnung hat, wann das passieren wird.«

24
    Es war kurz nach acht, als ich ging, und auf dem Wilshire Boulevard floss ein funkelnder Strom von Scheinwerfern unter einem pechschwarzen Himmel dahin. Ich hatte Kopfschmerzen - Folgen einer Überdosis von Geschichten und Hinweisen. In Treadway hatte es mehr Intrigen und Hass gegeben, als ich vermutet hatte. Trotzdem - immer noch keine Verbindung zu Ciaire Argent. Schon in Feierabendstimmung, rief ich meinen Telefonservice von einer Zelle aus an.
    Eine wahre Flut von Nachrichten: Robin würde erst gegen zehn zurück sein. Ein besonders widerliches Exemplar der Gattung Anwalt aus Encino wollte meine Hilfe in einem laufenden Sorgerechtsprozess.
    Die fünfte Nachricht war von Milo: »Ich bin gegen halb acht wieder an meinem Schreibtisch. Melde dich.«
    Die Dame vom Auftragsdienst meinte: »Hat sich ziemlich aufgeregt angehört, Ihr Freund von der Polizei.«
    Ich fuhr zum Revier, meldete mich am Haupttresen und wartete, während der Beamte beim Dezernat Raub/Mord anrief Streifenbeamte kamen und gingen. Völlig unbehelligt studierte ich die Steckbriefe an den Wänden. Nach ein paar Minuten ging die Tür zum Treppenhaus auf, und Milo kam heraus. Er wischte sich die Haare aus der Stirn.
    »Gehen wir nach draußen. Ich brauche frische Luft«, sagte er, ohne anzuhalten. Sein Anzug erinnerte farblich an geronnenen Haferschleim. Sein Schlips saß so eng, dass er ihm den Hals abschnürte. Insgesamt machte er den Eindruck, als würde er jeden Moment vor innerer Anspannung platzen.
    Wir traten hinaus auf den Gehsteig und gingen die Butler Avenue hinauf. Die Luft war erfüllt von einer trockenen, säurehaltigen Hitze.
    »Nichts Neues über Pelley«, sagte er. »Also spar dir eventuelle Fragen zu dem Thema. Ich hab mich den ganzen Tag mit den Gebrüdern Beatty rumgeschlagen. Bruder Leroy hat ein paar Leuten erzählt, er würde als Schauspieler Karriere machen.«
    »Was für Leuten hat er das erzählt?«
    »Seinen Saufkumpels. Willis Hooks und ich sind heute Abend zum Tatort gefahren. Ganz in der Nähe war ein Schnapsladen, wo Leroy ziemlich oft herumgehangen ist - zusammen mit ein paar anderen Schnapsnasen. Zwei von denen haben uns erzählt, dass Leroy groß rumposaunt hätte, er würde jetzt Filmstar werden.«
    »Wie lange ist das schon her?«, sagte ich.
    »Na ja, bei Typen wie denen ist es mit dem Zeitgefühl so ‘ne Sache, aber sie schätzen, dass es ungefähr drei oder vier Monate her ist. Außerdem hat Leroy seinen Kumpels erzählt, dass er seinen Bruder auch in dem

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