Monster
und Joggingschuhe. Die mit Gel präparierten Haarsträhnen auf seiner Schädeldecke standen in alle möglichen Richtungen ab. Im Licht der Neonröhren erschien der farbliche Kontrast zwischen den Warzen und Leberflecken und seiner bleichen Gesichtshaut noch deutlicher.
Seine Körpersprache sprach Bände: Dieser Mann hatte Angst.
Er öffnete die Tür zu Peakes Zelle, zuckte zusammen und winkte uns heran wie der Ringrichter in einem Boxkampf.
Blut war gar nicht so viel zu sehen.
Eine scharlachrote Python, die sich aus der gegenüberliegenden rechten Ecke der Zelle, etwa einen Meter von der Stelle entfernt, an der Peake seine Jesuspose eingenommen hatte, in Richtung Tür herüberwand.
Ansonsten sah der Raum genauso aus wie zuvor. Das Bett ungemacht. Die Halterungen für die Haltegurte nach wie vor an Ort und Stelle. Der gleiche Geruch von Verbranntem, unter den sich eine kupfrigsüße Note mischte.
Keine Spur von Peake.
Die Blutspur endete auf halber Strecke zwischen Wand und Tür - unter dem leblosen Körper.
Der Tote war stämmig. Er lag mit dem Gesicht nach unten. Kariertes Hemd, Jeans, Turnschuhe. Krauses graues Haar. Die Arme ausgestreckt, beinahe entspannt. Kräftige Unterarme, die bereits eine graugrünliche Färbung angenommen hatten.
»Dollard«, sagte Milo. »Wann ist das passiert?«
»Das wissen wir nicht«, sagte Swig. »Er wurde vor zwei Stunden gefunden.«
»Und Sie haben mich vor einer Dreiviertelstunde angerufen?«
»Wir mussten zuerst eine eigene Suchaktion durchführen«, sagte Swig und zupfte an einer seiner Warzen, deren Ränder sich augenblicklich rosa verfärbten.
»Und?«
»Wir haben ihn nicht gefunden«, sagte Swig. Milo sagte nichts.
»Hören Sie«, sagte Swig. »Wir mussten das zuerst tun. Ich weiß nicht mal, ob es überhaupt korrekt war, Sie anzurufen, denn eigentlich ist dies hier der Zuständigkeitsbereich des Sheriffs, wenn man’s allerdings genau nimmt, sind wir zuständig.«
»Sie wollten mir also einen Gefallen tun«, sagte Milo.
»Sie hatten ein Interesse an Peake. Ich versuche nur zu kooperieren.«
Milo trat näher an den Toten heran, kniete sich hin und sah seitlich unter Dollars Kinn.
»Sieht aus wie ein einziger Schnitt quer zur Kehle«, sagte er. »Hat ihn irgendwer bewegt?«
»Nein«, sagte Swig. »Es wurde nichts angerührt.«
»Wer hat ihn gefunden?«
Swig deutete auf einen der drei Pfleger. »Bart, da drüben.« Der Angesprochene trat vor. B.L. Quan, Pfleger II, ein junger Mann chinesischer Abstammung, eher zierlich gebaut, doch mit Armen wie ein Bodybuilder. Auf seinem Aus weisfoto sah er aus wie ein Kind, das vom Blitzlicht überrascht worden war.
»Erzählen Sie mal, was passiert ist«, sagte Milo.
»Wir hatten Einschluss«, sagte Quan. »Nicht weil es Probleme gegeben hätte, sondern weil das die übliche Prozedur ist während der Personalbesprechungen.«
»Wie oft finden die statt?«
»Zweimal pro Woche für jede Schicht.«
»An welchen Tagen?«
»Das hängt von der Schicht ab«, sagte Quan. »Heute war die Wochenbesprechung für die Nachtschicht. Die ist immer freitagabends um halb sieben. Die Patienten werden in ihr Zimmer eingeschlossen, und das Personal geht hier rein.« Er deutete auf den Fernsehraum.
»Und das Stationszimmer ist unbesetzt?«, fragte Milo.
»Ein Pfleger bleibt draußen. Wir wechseln uns ab. Bisher hat es nie Probleme gegeben.«
Milo sah hinab auf die Leiche.
»Und heute Abend war Dollard derjenige, der auf dem Flur Wache hatte?« Quan nickte.
»Aber sein Pieper hat keinen Alarm gegeben?«
»Genau.«
»Weshalb haben Sie dann nach ihm gesucht?«
»Die Sitzung war vorbei, und weil ich eine Doppelschicht hatte, hätte mir Frank noch ein paar Informationen über einige Patienten geben sollen - die üblichen Daten, Medikamente, Besonderheiten, die es zu beachten gilt und so weiter.«
»War das typisch?«, fragte Milo. »Dass Frank so was vergaß?«
Quan schaute betreten in Richtung Swig.
»Machen Sie sich keine Gedanken«, sagte Milo. »Dem ist nichts mehr peinlich.«
Quan sagte: »Manchmal.«
»Manchmal was?«
Quan trat von einem Fuß auf den anderen. Milo drehte sich zu Swig herum.
»Sagen Sie ihm alles, was Sie wissen«, sagte Swig. Seine Stimme hörte sich heiser an.
»Manchmal hat Frank Sachen vergessen«, erklärte Quan. »Deswegen habe ich auch nicht groß Alarm geschlagen. Aber dann habe ich die Krankenblätter durchgesehen und konnte eines davon nicht finden - das von Peake. Also habe ich in seinem
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