Monster
kamen wir an der Stelle vorbei, wo Richard Dadas VW abgestellt worden war. Kleinbetriebe, Autowerkstätten, Ersatzteillager. Ein Industriegelände - nur sauberer und nicht so groß wie das desolate Gebiet auf dem Weg nach Starkweather.
Wir hielten am Straßenrand an und saßen einfach da, ohne zu reden. Schauten Männern zu, die mit hochgekrempelten Ärmeln Kisten schleppten, Lieferwagen fuhren, Zigaretten rauchten oder einfach nur herumhingen. Das Gelände war nicht eingezäunt. Selbst nach Geschäftsschluss leicht zugänglich. Verlassen und dunkel. Wie geschaffen, um heimlich Müll abzuladen - oder etwas anderes. Ein Tieflader mit Aluminiumröhren rumpelte an uns vorbei. Ein Imbisswagen, dessen weiße Außenhaut mit Rostflecken übersät war, ließ ein Glockenspiel ertönen, und aus allen Richtungen kamen Männer herbei, um sich Burritos abzuholen, über deren Inhalt man lieber keine genaueren Überlegungen anstellte.
Die Geräusche waren schon die ganze Zeit da gewesen, doch nun nahm ich sie zum ersten Mal wahr. Kompressoren, die ratterten und pufften, Metall, das scheppernd auf Beton traf, das triumphierende Kreischen von Kreissägen, die sich durch Holz fraßen …
Milo und ich klapperten einen Betrieb nach dem anderen ab, stellten Fragen, wurden konfrontiert mit Langeweile, Verwirrung, Misstrauen und gelegentlich offener Feindseligkeit.
Wir fragten nach einem hoch gewachsenen, dünnen Mann mit Glatze, der ein Gesicht wie ein Vogel hatte und Schreinerarbeiten verrichtete. Konnte sein, dass er eine Perücke trug, schwarz oder braun, glatt oder gelockt. Eine gelbe Corvette oder ein alter VW. Zwei Stunden fragten wir uns durch, und alles, was wir davon hatten, waren mit Chemikalien verkleisterte Lungen.
Milo fuhr mich zurück zum Revier, von wo aus ich mich auf den Heimweg machte.
Die Nacht hat so viele Gesichter.
Kurz nach acht saßen Robin und ich auf dem Deck und aßen Pizza. Über uns breitete sich ein sternenloser purpurfarbener Himmel aus. Die trockene Hitze des Tages hatte sich so weit verzogen, dass sie einen nur noch wie eine warme Decke einhüllte, und es herrschte eine gnädige Stille.
Robin war eine Stunde zuvor nach Hause gekommen. Ich hatte ein schlechtes Gewissen, weil ich wieder in Starkweather gewesen war, ohne ihr Bescheid zu sagen, also erzählte ich ihr jetzt davon.
»Du brauchst nicht zu beichten«, sagte sie. »Hauptsache, du bist noch an einem Stück.«
Sie wirkte müde und legte sich in die Badewanne, während ich nach Westwood fuhr, um Pizza zu holen. Ich nahm den Truck, ließ Joe Satriani mit voller Lautstärke laufen und kümmerte mich kaum um den Verkehr oder sonst irgendwas. Ich trank zwei Bier, als ich wieder zurück war, doch davon wurden meine Sorgen auch nicht weniger. Robin war erfrischt aus dem Bad gestiegen, und ihr nun über den Tisch hinweg dabei zuzuschauen, wie sie sich über ihr zweites Stück Pizza hermachte, war eigentlich eine ganz angenehme Art, die Zeit verstreichen zu lassen.
Also fügte ich mich in mein Schicksal und fühlte mich einfach nur gut, als plötzlich Milos ziviler Einsatzwagen vor dem Haus auftauchte.
Die Scheinwerfer verursachten mir Kopfschmerzen. Ich spürte mit einem Mal eine Seelenverwandtschaft mit Marie Sinclair.
Der Wagen hielt an. Spike bellte los. Robin winkte. Ich rührte mich nicht.
Milo streckte den Kopf zum Beifahrerfenster heraus. »Oh, tut mir Leid. Es ist nichts Weltbewegendes. Ruf mich morgen mal an, Alex.«
Spike legte sich mittlerweile ganz schön ins Zeug und stieß ein Geheul aus, als sei ihm jemand auf den Schwanz getreten. Robin stand auf und beugte sich über das Geländer. »Stell dich nicht so an, komm schon rauf und iss was mit.«
»Nein«, sagte er. »Ihr Turteltäubchen sollt auch mal eure Ruhe haben.«
»Jetzt komm schon hoch. Aber dalli.«
Spike polterte die Treppen hinunter, rannte zum Wagen und sprang vor Milos Tür auf und ab.
»Wie soll ich das interpretieren?«, sagte Milo. »Ist er Freund oder Feind?«
»Freund«, sagte ich.
»Sicher?«
»Psychologen sind sich nie sicher«, sagte ich. »Wir stellen nur Mutmaßungen über Wahrscheinlichkeiten an.«
»Und das bedeutet?«
»Wenn er dir auf die Schuhe pinkelt, hab ich mich geirrt.«
Er behauptete zwar, dass er unterwegs ein Sandwich gegessen hatte, aber nach anderthalb Flaschen Bier musterte er die Pizza mit gesteigertem Interesse. Ich schob sie zu ihm hinüber. Vier Stücke später sagte er: »Vielleicht ist so was ja sogar gesund - die
Weitere Kostenlose Bücher