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Monster

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Titel: Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Julian
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einen Job brauchte, habe ich dieses Schild gesehen: Mitreisender gesucht. Als ich mich danach erkundigte, erfuhr ich, dass jemand fürs Aufbauen und einige andere Jobs gebraucht wird. Unter anderem sollte ich ein Monster spielen. Da ich mir in meinem damaligen Zustand ohnehin wie ein Monster vorkam, habe ich gefragt, ob ich den Job haben kann. Wie du siehst, hab ich ihn bekommen. Tagsüber helfe ich beim Kinderkarussell und am Abend bin ich das Monster in der Geisterbahn. Kein besonders beeindruckender Lebenslauf, aber immerhin habe ich im Moment genug gespart, um mir über die arbeitsfreien Wintermonate ein nettes Zimmer leisten zu können, und mir zu Weihnachten einen neuen Bass und einen Verstärker zu kaufen. So, das war so ziemlich meine komplette Lebensgeschichte. Möchtest du noch etwas wissen?“
    Kai fühlte sich völlig überfordert. Er zuckte kurz mit den Schultern, dann sagte er: „Also bist du eigentlich Musiker?“
    Kenny wog den Kopf hin und her. „Ich sage ja, einige Leute, die mir hätten helfen können, sagen nein. Was ist nun die Wahrheit?“
    Kai nickte verstehend, dann bekannte er: „Ich wundere mich nur, weil ich eigentlich immer dachte, die meisten Musiker wären eher sanfte Leute, die auf ihre Hände aufpassen müssen oder so. Aber dein Schlag war ganz schön der Hammer.“
    Nun lachte Kenny. „Hat mein Vater mir beigebracht. Wenn er austeilte, tat er das nie ohne Kraft. Irgendwann habe ich gelernt, ebenso fest zurückzuschlagen. Das war gut für mich, aber nicht förderlich für unsere Beziehung.“
    Abermals nickte Kai. „Wow, du hast ja ganz schön was erlebt“, sagte er dann. Kenny schien nicht unbedingt glücklich darüber, sondern zuckte nur mit den Schultern.
    „ Okay, erzähl mal von dir“, sagte er dann und fügte an: „Sollen wir uns da hinten auf die Bank setzen? Ich würde dich ja in meinen Wohnwagen einladen, aber ich wohne mit Tessa zusammen. Sie ist sozusagen die Mutter der Kompanie und wirklich okay. Aber sie tratscht leider auch gerne, deshalb möchte ich ihr heute Abend lieber aus dem Weg gehen, solange ich es kann.“
    „ Du meinst, du möchtest nicht, dass sie mich mit dir sieht?“, fragte Kai. Kenny lächelte und senkte die Stimme: „Sie weiß, dass ich schwul bin, und sie hat kein Problem damit. Aber ich weigere mich, ihr freiwillig Stoff zum Klatschen zu präsentieren. Die Frau nimmt kein Blatt vor den Mund. Das ist selbst mir manchmal peinlich.“
    „ Okay, dann die Bank“, stimmte Kai zu. Gemeinsam gingen sie ein Stück über die Wiese, bis sie sich setzen konnten.
    „ Danke noch mal für deine Hilfe“, murmelte Kai etwas befangen.
    „ Ich sage ja ... stets zu Diensten. Wie ich es hasse, solchen Typen auf der Kirmes immer wieder zu begegnen. Das ist einer der Nachteile, aber es gibt auch viele Vorteile.“
    „ Echt? Welche denn?“
    „ Hm ... lass mal überlegen. Ich kenne ungefähr zehntausend verschiedene Gesichtsausdrücke von Menschen, die sich fürchten. Wenn das nicht klasse ist, dann weiß ich auch nicht“, sagte Kenny lachend.
    „ Du erschreckst die also so richtig?“, fragte Kai.
    „ So, dass ihnen das Blut in den Adern gefriert“, erwiderte Kenny.    
    „ Das finde ich stark. Manchmal würde ich mir auch wünschen, die Leute hätten Angst vor mir. Zum Beispiel solche Scheißkerle wie eben. Aber irgendwie scheine ich solche Idioten magisch anzuziehen. Und selbst meine Freunde sind nicht viel besser.“
    „ Schwule Freunde?“
    „ Ja“, erwiderte Kai.
    Kenny seufzte. „Idioten gibt es eben überall. Egal ob schwul, hetero oder weiß der Geier was. Aber ich denke, du solltest einfach dein Ding durchziehen. Vor allem, weil du es ohnehin nicht ändern kannst.“
    Kai nickte und senkte den Kopf. „Irgendwie bekomme ich das immer noch nicht auf die Reihe ... Ich meine, dass du als Monster auftrittst.“
    Kenny sah ihn überrascht an. „Du gehst nach Äußerlichkeiten“, sagte er dann tadelnd. Kai überlegte. Er dachte daran, dass er auf Lennart stand, nur weil der gut aussah, obwohl er sich ihm gegenüber so oft wie ein Arsch verhielt. „Ja, kann sein“, gab er dann auch zu.
    Kenny lachte. „Einsicht ist ja bekanntlich der erste Weg zur Besserung.“ Etwas aufgeräumter fügte er an: „Ist ja nichts bei. Ich kenne eigentlich keine Schwuppe, die nicht auf Äußerlichkeiten steht. Aber gerade weil das so ist, mag ich es, mir die Maske aufzusetzen. Wenn ich tagsüber den Kids auf die Karussellpferde helfe, dann sehe ich

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