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Monströse Welten 1: Gras

Monströse Welten 1: Gras

Titel: Monströse Welten 1: Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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ihn konzentrierten als auf Rillibee. »Topclinger ist gestern abend getötet worden, Peeper«, sagte er mit zornigem Blick. »Ein paar von uns waren seine Freunde, und wir glauben, daß du ihn beim Abstieg runtergeschmissen hast.«
    »Ich bin hinaufgeklettert«, entgegnete Rillibee, wobei er nicht Ropeknots ansah – der in seiner Wut ohnehin keinem Argument zugänglich war –, sondern die beiden anderen. »Ich habe mich im Nebel versteckt und die anderen vorbeigelassen. Dann bin ich dieselbe Leiter wieder hinabgeklettert. Ich habe niemanden hinuntergestoßen, und nach euren eigenen Regeln bin ich nun auch kein Peeper mehr.«
    Die beiden, die einen ziemlich besonnenen Eindruck machten, wechselten Blicke. »Ich hatte die Tür bewacht«, knurrte Ropeknots. »Du bist nicht an mir vorbeigekommen. Du hast Topclinger umgebracht und dann einen anderen Abstieg genommen.«
    »Ich bin durch dieselbe Tür wieder zurück. Sie war nicht bewacht«, widersprach Rillibee, dem es allmählich zu bunt wurde. »Es war weit und breit keine Wache zu sehen.«
    »Ich war sehr wohl da«, behauptete der andere, wobei er ob dieser Lüge errötete. Von der Seite warf er seinen Kollegen einen drohenden Blick zu. »Highbones hatte mich angewiesen, unten zu bleiben und die Tür zu bewachen, und das habe ich auch getan.«
    Damit wandte er sich um und ging. Rillibee schaute ihm nach. Kurz darauf setzten sich auch die Begleiter in Bewegung. Rillibee fragte sich, ob sie diese Lüge genauso durchschaut hatten wie er. Der Mann hatte sicher den Befehl erhalten, Wache zu stehen, aber er hatte seinen Posten verlassen. Und bestritt es nun. Das kam Highbones nur zupaß, denn dadurch geriet nun Rillibee in den Verdacht, für den Tod von Topclinger verantwortlich zu sein. Wenn jemand Topclinger getötet hatte, dann war es Highbones selbst gewesen.
    Also eine pflichtvergessene Wache und ein verräterischer Anführer. Schöne Feinde waren das. Rillibee seufzte und wünschte sich, er hätte sich von der Turmspitze gestürzt, als er die Gelegenheit dazu gehabt hatte. Oder im Morgengrauen, wie er es eigentlich vorgehabt hatte. Er trug sich schon mit dem Gedanken, zu diesem Zweck noch einmal den Turm zu erklimmen, als er wieder gestört wurde. Diesmal handelte es sich um ein halbes Dutzend junger Brüder, die ihm lachend den Kopf tätschelten und ihn wegen seiner Leistung lobten. Umgehend tauften sie ihn auf den Namen ›Kletter-Willy‹, denn er war ein besserer Kletterer als alle anderen Peeper ihrer Generation. Sie rechneten es ihm hoch an, daß er den ihnen verhaßten Highbones an der Nase herumgeführt und ihnen eine gute Show geliefert hatte. Sofort wurde er einer der ihren, ein Führer, wobei einige Leute ihm versprachen, ihm den Rücken freizuhalten und ihn vor Ropeknots zu beschützen, denn der war ein Scheißkerl. Diese Garantie bezog sich auch auf Highbones, der anderen vorwarf, die Regeln zu verletzen und sie dabei selbst laufend brach.
    Diese neue Freundschaft bewog Rillibee dazu, die Selbstmordgedanken für eine Weile zurückzustellen. In der Gesellschaft dieser Kameraden bestieg er allabendlich einen Turm, saß stundenlang in der Dämmerung und rief seinen Namen, während die anderen sich auf zwei Türme verteilten und Tauziehen spielten. Dabei wurde er von nichts gestört außer von den großen Nachtfaltern, die ihn mit einem patschenden Geräusch rammten, und den Peepers, die an den Graswurzeln ihr Lied anstimmten. Jeden Abend legte er den Bruder Lourai ab und wurde wieder zu Rillibee Chime. Wenn die Nacht hereinbrach, saß er in Wolken eingehüllt und erinnerte sich an seine Leute, den Ort seiner Kindheit und rezitierte unaufhörlich Rillibee Chime, Songbird Chime, Joshua Chime, Miriam Chime. Er reagierte jedoch auch auf den Namen ›Kletter-Willy‹, den seine Freunde ihm gegeben hatten. Im Rudel war er Kletter-Willy. Bald würde er wohl eine multiple Persönlichkeit entwickeln: Rillibee, Lourai, Willy. Als ob er wie eine Papierfigur ausgefaltet worden wäre, zog sich die Kette seiner Identitäten von seinem Herkunftsplaneten bis zu diesen wolkenverhangenen Türmen, wo er sich bald das Leben nehmen würde, wenn er wieder von Langeweile und Depressionen befallen wurde.
     
    In den Amtsräumen vom Leiter des Büros für Sicherheit und Akzeptable Doktrin packte Jhamless Zoe, Vorsteher der Abtei, nun schon zum wiederholten Male ein Paket aus, das bereits vor einiger Zeit eingetroffen war. Es enthielt einen Stapel Blätter mit dem Briefkopf ›Lieber

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