Monströse Welten 1: Gras
das Faß zum Überlaufen. Der Hierarch bekam einen Tobsuchtsanfall. Die Servitoren, welche diese Anfälle in der Vergangenheit mit knapper Not überlebt hatten, brachen in panikartigen Aktionismus aus. Der Leibarzt des Hierarchen stellte ihn ruhig, und als der Hierarch schließlich eingeschlafen war, atmeten alle erleichtert auf. Er schlief die nächsten Tage durch, und so blieb auch die Anweisung aus, die Yrariers freizulassen.
Persun Pollut, Sebastian Mechanic und Roald Few stellten die Seismographen des Seraphen auf der Weide nördlich der Stadt auf. Die Installation war ganz einfach: dünne Röhren wurden mittels einer mechanischen Presse in den Erdboden getrieben, lange, filigrane Drahtgespinste wurden in die Röhren eingeführt, und schließlich wurden die Sender aufgeschraubt.
»Narrensicher«, hatte der Seraph ihnen versichert. »Damit auch der dümmste Soldat auf Anhieb zurechtkommt. Eins-Zwei-Drei. Reinkloppen, einwerfen, draufschrauben.«
Narrensicher waren die Gerätschaften wohl, aber auch schwer. Die Männer transportierten die Sonden und die massive Presse in einem Gleiter zum Einsatzort. Sie fingen am westlichen Ende des projektierten Bogens an und arbeiteten sich dann nach Norden vor, parallel zum Waldrand. Am frühen Abend hatten sie bereits sieben Sonden vergraben und bewegten sich schon in östlicher Richtung, als Persun die Augen mit der Hand beschirmte und sagte: »Dort ist jemand in Schwierigkeiten.«
Sie stellten die Arbeit ein, und nun hörten es alle: einen stotternden Motor, wobei die Aussetzer jedesmal so lange dauerten, daß sie schon glaubten, die Maschine hätte den Geist aufgegeben. Aber dann kam der Motor doch wieder.
Schließlich tauchte der Gleiter dicht über den Wipfeln auf. Er ruckte und taumelte. Die Maschine hatte kaum den Wald überflogen, als sie ins Trudeln geriet, ein letztesmal abgefangen wurde und dann endgültig abschmierte. Hart setzte der Gleiter auf halber Strecke zwischen ihnen und dem Sumpf auf, keine hundert Meter entfernt.
Persun rannte los, dicht gefolgt von Sebastian. Roald folgte in größerem Abstand. Zunächst blieb alles still im abgestürzten Gleiter, doch dann wurde die Tür geöffnet, wobei das Metall gequält kreischte, und ein Grüner Bruder taumelte heraus. Er hielt sich den Kopf. Andere folgten: sechs, acht, ein Dutzend. Offensichtlich erschöpft sanken sie neben dem Gleiter zu Boden.
Persun war zuerst bei ihnen. »Mein Name ist Pollut«, sagte er. »Wir können ein paar Gleiter anfordern, denn Ihrer ist anscheinend defekt.«
Der Älteste der Gruppe kam mühsam auf die Füße und streckte eine altersfleckige Hand aus. »Ich bin der Ältere Bruder Laeroa. Wir sind in der Nähe der Abtei geblieben, um nach Überlebenden Ausschau zu halten. Offensichtlich sind wir zu lange geblieben. Der Treibstoff ist uns ausgegangen.«
»Ich wundere mich überhaupt, Sie zu sehen«, sagte Sebastian. »Die Abtei ist doch völlig zerstört.«
Mit zitternden Fingern fuhr Laeroa sich übers Gesicht. »Als wir vom Angriff auf Opal Hill und die Estancias hörten, rieten wir dem Älteren Bruder Jhamless Zoe, die Abtei zu evakuieren. Er sagte nur, die Hippae hätten keinen Streit mit den Brüdern. Ich versuchte ihm zu erklären, daß die Hippae auch ohne ersichtlichen Grund töten.« Er taumelte, und einer seiner Mitbrüder stützte ihn. Dann fuhr er artikuliert fort, als ob er von der Kanzel predigte. »Zoe war noch nie rationaler Argumentation zugänglich gewesen. Also haben diese Brüder und ich im Gleiter übernachtet.«
»Sie waren im Gleiter, als die Hippae angriffen?«
»Wir waren im Gleiter, als das Feuer ausbrach«, sagte ein jüngerer Bruder. »Wir sind gestartet und ein Stück weit ins Grasland hinausgeflogen, um später nach Überlebenden zu suchen. Ich weiß nicht, wie lange wir dort draußen waren, aber wir haben nur einen Überlebenden gefunden.«
»Wir haben ein Dutzend von euch aufgesammelt«, sagte Sebastian Mechanic. »Überwiegend junge Leute. Sie sind ziemlich weit draußen im Grasland umhergewandert. Vielleicht gibt es noch weitere Überlebende.
Wir schicken jeden Tag Suchtrupps los. Es gibt keine Hippae mehr im der Prärie. Sie haben sich alle vor dem Sumpfwald versammelt.«
»Sie kommen nicht durch, nicht wahr?« fragte einer der Männer, offenbar derjenige, den die Brüder gerettet hatten. Sein Gesicht war leichenblaß, und er trug einen Arm in der Schlinge.
»Soweit wir wissen, nicht«, erwiderte Sebastian in dem Versuch, ihn zu
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