Monströse Welten 1: Gras
Drohnen, die in den undurchdringlichen Forst geschickt wurden, lieferten auch keine Ergebnisse. Zumindest waren die Leute, welche die Aufnahmen der Drohnen auswerteten, dieser Ansicht. Schließlich einigte man sich auf die Lesart, daß dieser Bruder, falls er wirklich in den Wald gegangen sein sollte, wahrscheinlich längst ertrunken war.
Die in der Stadt zurückgebliebenen Soldaten wurden unterdessen mit Kuchen, Gänsebraten und reichlich Bier verpflegt und durften sich zudem Geschichten anhören, die mit ihrer Mission in keinem Zusammenhang standen. Im Lauf des Tages nahm die Motivation der Suchtrupps stetig ab.
Der Seraph war ein Geheiligter von echtem Schrot und Korn, der für jede Gelegenheit den passenden katechetischen Spruch parat hatte. In Commoner Town stießen seine Darlegungen auf derartige Aufmerksamkeit, daß er sich schier geschmeichelt fühlte und allmählich Gefallen an der Mission fand, obwohl er sich – und damit hielt er auch nicht hinter dem Berg – sicherer gefühlt hätte, wenn er ein paar hundert Heilige um sich gehabt hätte statt nur deren zwei. Den Ausführungen dieser guten Leute zufolge war der Planet von feindlichen Wesen bevölkert, die sich bereits einen Weg unter dem Wald gebahnt hatten.
»Habt ihr denn keine Sonden oder Seismographen, mit denen ihr tektonische Erschütterungen messen könnt?« fragte er.
»Auf Gras gibt es keine Erdbeben«, belehrte Roald Few ihn. »Die heftigsten Erschütterungen treten dann auf, wenn die Hippae tanzen.«
Irritiert schüttelte der Seraph den Kopf. »Ich hole ein paar Detektoren vom Schiff. Standardausrüstung. Wir spüren mit ihnen Mineure auf, die Befestigungen sabotieren wollen. Das müßte genügen.«
»Und wo sollen wir sie einsetzen?« fragte Bürgermeister Bee. »Hier in der Stadt?«
Mit den Fingern zeichnete der Seraph eine Landkarte auf das Tischtuch. »Im Norden der Stadt, etwa zwei Drittel der Entfernung zum Wald. Stellt ungefähr ein Dutzend im Halbkreis auf. Der Empfänger kann hier in der Stadt aufgestellt werden. Die Polizeistation wäre ein günstiger Ort. Wenn jemand sich durchwühlen will, werdet ihr es rechtzeitig merken!« Er lächelte gütig und freute sich, daß er ihnen behilflich sein konnte.
Alverd und Roald sahen sich an. Sie würden es also rechtzeitig merken. Schön und gut. Aber was sollten sie, verdammt noch mal, tun, wenn sie es merkten?
In der Israfel, dem ›irdischen‹ Chaos weit entrückt, steigerte der ältliche Hierarch sich in einen Wutausbruch hinein. Als er die Yrariers zum erstenmal befragt hatte, war er der Ansicht gewesen, der Botschafter würde ihn belügen, obwohl die Stimmenauswertung diese Vermutung nur bedingt unterstützt hatte. Beim zweitenmal hatten die Maschinen Rigo und Marjorie jedoch volle Glaubwürdigkeit attestiert. Im Gegensatz zu Highbones und diesem Maukerden – die (nach Aussage der Maschinen) notorische Lügner waren –, waren die Yrariers aufrichtig und kooperativ. Allerdings waren sie keine Angehörigen von Heiligkeit und nach Ansicht des Hierarchen auch nicht übermäßig intelligent. Da war diese Sache mit den Moldies. Das konnte einfach nicht wahr sein. Heiligkeit hatte alles getan, um so etwas im Ansatz zu unterbinden. Die Pest unterlag der höchsten Geheimhaltungsstufe. Was auch immer dieser Bruder Mainoa bezüglich der Pest gesagt hatte, die Yrariers mußten es falsch interpretiert haben.
Der Hierarch spann diesen Gedanken weiter. Sein Vorgänger im Amt hatte die beiden ausgewählt, weil sie Verwandte und gute Sportler waren. Allerdings schlossen sportliche Höchstleistungen und Intelligenz sich aus. Mithin hatte der alte Carlos einen Fehler gemacht. Er hätte eine klügere Person schicken sollen. Jemanden, der sich unauffälliger verhielt. Und er hätte das schon viel früher tun sollen und nicht erst auf den letzten Drücker. Es gab also keinen Grund, die Yrariers festzuhalten. Und er, der Hierarch, wäre in dem Beiboot, das seine Leute nach besonderen Spezifikationen umgebaut hatten, ohnehin in Sicherheit. Wenn er erst einmal gelandet war, würde Bewegung in die Sache kommen! Er würde große Dinge vollbringen! Er wußte es!
Kurz vor dem Abflug ging indes eine Nachricht vom Planeten ein. Der Seraph meldete, daß Gefahr im Verzug sei. Nicht nur, daß Pestgefahr bestünde, auch die Existenz großer, wilder Bestien würde eine Landung des Hierarchen nicht ratsam erscheinen lassen. Möglicherweise würden feindselige Kreaturen den Hafen überrennen.
Das brachte
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