Monströse Welten 2: Hobbs Land
Was indes noch lange nicht hieß, daß der Awateh es auch angreifen würde. In den wenigsten Aktionen des Awateh steckte ein Sinn. Dafür verstand er sich darauf, den Menschen Grausamkeiten und Schmerzen zuzufügen.
»Authority?« fragte Ornil bedächtig, wie es seine Art war. Dann lächelte er. »Natürlich. Authority.«
Faros seufzte und versuchte, die Gedanken an Silene zu verdrängen. »Was auch immer sie tun, es wird sehr bald stattfinden. Der neue Mann wird in Kürze eintreffen.«
Ornils Augen glänzten. Er hatte keine Frau in Voorstod. Er hatte keine Kinder. Er hatte keine Familie, die der Prophet durch den Fleischwolf hätte drehen können. Ornil war ein kompromißloser Verfechter der Sache.
Während Ornil die Vorfreude genoß, entwarf Faros im Geiste diverse Szenarien. Falls die Armee gegen Phansure und Authority marschierte und wenn die Propheten der Armee folgten, dann bestand vielleicht für ihn, Faros, die Möglichkeit, seine Familie aus Voorstod herauszuholen, derweil die Gläubigen anderweitig beschäftigt waren. Während Ornil unverständliches Zeug brabbelte und glucksend lachte, entwarf Faros einen Rettungsplan für seine Familie.
* * *
Als Maire, Sam und Samstag in Fenice eintrafen, fanden gerade Festlichkeiten statt. Die Fünfhundertjahr-Feier, wie man ihnen sagte. In der ganzen Stadt war geflaggt, an jeder Ecke standen Musikanten, und in jeder Straße fand eine Parade statt.
»Sie besuchen doch das Konzert heute abend?« fragte der junge Offizier, der sie in Empfang genommen hatte. Neugierig musterte er Maire Girat und fragte sich, was an dieser Frau war, daß sein Kommandeur so von ihr schwärmte. »Commander Karth besteht darauf, daß Sie zum Abendessen und auf dem Konzert seine Gäste sind. Er sagt, er würde Sie morgen nach Jeramish eskortieren.«
»Wenn Commander Karth darauf besteht«, sagte Maire. »Auf einen Tag mehr oder weniger kommt es jetzt auch nicht mehr an. Um welches Konzert handelt es sich?«
»Es wurde von der Königin in Auftrag gegeben. Stenta Thilion wird für uns Harfe spielen.«
»Eine Gharm, die für die Königin Harfe spielt?« fragte Maire mit ironischem Gesichtsausdruck. »So weit ist es schon gekommen?«
»Sie wird von allen bewundert«, erwiderte der Offizier irritiert. »Von allen Menschen, die guten Willens sind.«
»Und von uns«, sagte Maire lächelnd und schüttelte den Kopf. Der Offizier entspannte sich. »Ich bin keine Sympathisantin der Voorstoder, junger Mann. Gerade wegen ihrer Einstellung habe ich Voorstod vor langer Zeit verlassen. Und freiwillig wäre ich auch nicht zurückgekehrt. Aber ich hatte keine Wahl.«
Betrübt musterte Samstag ihre Kleidung. »Aber wir haben doch gar keine Abendgarderobe dabei, Maire. Wir stecken in Arbeitsklamotten.«
Der Offizier lächelte. Die Frauen waren doch überall gleich. Seine Frau hatte nämlich dasselbe gesagt, und als er sie auslachte, hielt sie ihm vor, die Männer könnten leicht reden; schließlich hätten sie ihre Uniformen.
»Der Commander bietet Ihnen seine Gastfreundschaft an, meine Dame«, sagte er zu Maire, wobei er den anderen beiden durch ein Kopfnicken signalisierte, daß diese Einladung auch für sie galt. »Seine Tochter würde sich freuen, Ihnen mit etwas Passendem auszuhelfen.«
* * *
An dem Tag, als Maire auf Ahabar eintraf, tauchten unvermutet Epheron und Preu bei Jep auf und fuhren mit ihm nach Wolke. Zur Begründung führten sie an: »Die Gläubigen wollten einen Blick auf ihn werfen.« Das Halsband nahmen sie ihm nicht ab; vielmehr nahmen sie das Steuergerät mit, um zu verhindern, daß er einen Fluchtversuch unternahm oder sonstwie Ärger machte. Zur Tarnung hüllte man ihn in eine weite Kutte und gab ihm eine Kappe, die eine große Ähnlichkeit mit den Mützen hatte, unter denen die Voorstoder ihre Haarpracht versteckten, damit sie nicht verschmutzte. Dafür steckten die Männer der Sache sich lange Haarteile an, die bei Feierlichkeiten aus Anlaß der Sache mit Coup-Markierungen verziert wurden. Das hatte Jep von Preu Flandry erfahren, als der sich einmal über Jeps kurzen Haarschnitt mokiert hatte.
»Coup-Markierungen?« hatte Jep Pirva gefragt. »Die Sache?«
Pirva hatte nicht von ihrer Arbeit aufgeschaut. »Die Sache ist ihre Gesellschaft, ihre Religion, ihre Bruderschaft«, sagte sie, wobei sie die Worte regelrecht ausspie. »Sie ist ein Mörder-Verein. Ein Mann erhält einen Coup-Punkt für jeden Abolitionisten und jeden Gharm, den er in Ahabar oder in den Drei Regionen
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