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Monströse Welten 2: Hobbs Land

Monströse Welten 2: Hobbs Land

Titel: Monströse Welten 2: Hobbs Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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»Sie schießen wie Pilze aus dem Boden«, riefen sie. »Wie Spargel.«
    Samstag und Jep Wilm faßten sich an der Hand und gingen zum nächsten dieser seltsamen Gewächse. Sie umrundeten den Mosaikboden und stießen schließlich auf die Stelle, an der sich in einem Siedlungs-Tempel die Tür in der Ringmauer befunden hätte. Nur daß es hier keine Tür gab. Es gab zwar ein Gitter, durch das sie hindurchschauen konnten, aber es gelang ihnen nicht, die Hand durch dieses Geflecht zu stecken und die Quelle des merkwürdigen, chemischen Geruchs ausfindig zu machen, der in der Luft lag. Samstag kniete sich hin, legte den Kopf in den Nacken und versuchte, schräg nach oben durch das Gitter zu schauen. Aber sie sah kein Dach.
    »Ich glaube, es ist oben offen. Aber das will nichts heißen«, flüsterte sie Jep zu.
    Er schüttelte den Kopf. »Gar nichts.«
    »Ich habe eher das Gefühl, in einer Maschine zu sein als in einem Tempel. Überall spüre ich Bewegung. Wie eine sehr leise laufende Maschine.«
    »Was glaubst du, welchem Zweck sie dient?«
    »Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht einmal, ob sie für uns arbeitet oder gegen diese Dinger.«
    »Die Dinger von Enforcement?«
    »Genau die.«
    Sie gingen wieder nach draußen und betrachteten den Turm, dessen Silhouette sich gegen das Sternenlicht abhob und der schwach von den Lagerfeuern angestrahlt wurde. Er wirkte wie ein Schornstein, der leicht, aber deutlich erkennbar nach Süden geneigt war und von den Widerlagern der umgebenden Bögen abgestützt wurde. Noch passender wäre indes der Vergleich mit einer riesigen Kanone gewesen, doch eine Kanone hatten Samstag und Jep noch nie gesehen. Wenn man Desintegratoren besaß, waren Kanonen überflüssig. Wegen des enormen Größenunterschieds entging ihnen auch die Ähnlichkeit mit den Abschußrampen, welche die Siedler zur Düngung des Ackerbodens mit Spurenelementen einsetzten.
    Ständig landeten und starteten Gleiter. Hastig entluden die Leute Kisten mit Proviant und Schlafsäcken; dann richteten sie sich an diesem mysteriösen Ort ein, nur um kurz darauf wieder aufzustehen, rastlos herumzulaufen und an die hölzernen Wände zu klopfen, als ob sie Einlaß begehrten. Es hätte jedem freigestanden, die Gebäude zu betreten. Doch nur die Kinder machten davon Gebrauch. Aber nach einiger Zeit hielt der merkwürdige, penetrante Geruch auch sie von weiteren Streifzügen ab.
    Eine Gruppe aus der Siedlung Eins hatte sich im Wald versammelt, auf halber Strecke zwischen den zuerst entdeckten Wällen und dem Dorf der Erloschenen. Sal Girat, Africa, China Wilm und Theor Close, der ihnen die Nachricht von Sam überbracht hatte, befanden sich unter den Leuten. Die hochschwangere China suchte die Nähe ihrer Freunde und Verwandten und weinte um Sam.
    »Er will sich opfern!« rief sie. »Wofür?«
    »Unsinn«, sagte Sal. »Das hat er überhaupt nicht vor. Ein Opfer ist nicht erforderlich. Das weißt du auch.« Die Worte waren aus ihr herausgesprudelt, ohne daß sie vorher darüber nachgedacht hätte. Dann verstummte sie mit offenem Mund; die totale Erinnerung überkam sie, eine Vision, die so lebendig war, daß sie das Gefühl hatte, sie zu durchleben, anstatt sich nur an sie zu erinnern. Sie suchte einen Alten, einen der Erloschenen, die sich in winzigen Rundhäusern versteckten. Die Vision war so realistisch, daß Sal sogar den erdigen, leicht säuerlichen Geruch des Wesens wahrnahm. Ein Linguist hockte neben dem Alten und fragte: »Ist ein Opfer notwendig?«
    »Notwendig?« artikulierte der Alte, indem er die hornigen Tentakel aneinanderrieb. »Wozu sollte es notwendig sein? Ist das Leben notwendig? Nein, ein Opfer ist nicht erforderlich. Es ist eine Tradition. Eine Geste. Eine Gefälligkeit.«
    Sal machte den Mund zu. »Sam würde keine Dummheit begehen«, sagte sie. »Er ist kein Dummkopf.«
    China starrte auf die von den Feuern angestrahlten Türme und fragte sich, ob das stimmte. War er nicht vielleicht doch ein Dummkopf? Auf der Suche nach der einmaligen perfekten Sache, worum auch immer es sich dabei handeln mochte. Das Absolute. Das Wunderbare. Er setzte sich einen Helm auf, schlüpfte in Sandalen und glaubte, er sei einer dieser alten Krieger. Was tat er in diesem Augenblick? Wonach suchte er?
    Weinend schlug sie die Hände vors Gesicht. Die ersten Wehen setzten ein. »Das Baby kommt«, sagte sie keuchend zu Africa. »Sams Baby. Es kommt.«
    Africa runzelte die Stirn. Diese Ausdrucksweise verwunderte sie. Es war nicht Sams Baby,

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