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Monströse Welten 3: Toleranz

Monströse Welten 3: Toleranz

Titel: Monströse Welten 3: Toleranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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Augen.
    »Versprochen?«
    »Versprochen«, sagte sie leise.
    »Fringe«, sagte er genauso leise, »vor langer Zeit erzählte ich dir von diesem Jungen, den ich gerettet hatte. Es wäre ratsam, wenn du das für dich behieltest auf deinem Weg nach… wohin auch immer.« Sein Blick schweifte zu der Stelle, an der Danivons Gleiter gestanden hatte.
    »Teufel, Zasper. Wofür hältst du mich denn. Natürlich werde ich schweigen.« Sie sagte das mechanisch, denn mit den Gedanken war sie woanders und machte sich einen Reim auf die Umarmung, den Blick und sein offensichtliches Unbehagen. Dann war Danivon also der kleine Junge gewesen, den Zasper gerettet hatte. Gut!
    »Nun denn. Viel Glück, Mädchen. Kläre die Lage!« Er salutierte, machte kehrt und ging in straffer Haltung davon.
    In ihrer Kabine an Bord des Gleiters öffnete sie die Schachtel. Sie enthielt einen Goldreif und eine Kette. Auf dem Reif standen die Worte. ›So wie sie ist.‹
    Es schmerzte. Es schmerzte wie damals, als Char angeboten hatte, das Haus zu verkaufen. Sie hatte das Gefühl, daß etwas sie packte und festhielt. Sie wußte, das war ein Schmerz, ein Schmerz, den zu verdrängen sie gelernt hatte. Sie legte sich den Reif um den Hals, knöpfte das Hemd darüber zu, spürte ihn auf der Haut brennen und versuchte ihn zu vergessen.
    Weshalb hatte er nicht einfach ›Auf Wiedersehen‹ gesagt?
     
    Die Leute von Toleranz waren charmant, gastfreundlich und hatten so gute Umgangsformen, daß Fringe den Eindruck bekam, sie würden wie Schleim an ihr kleben. Der Ort verursachte ihr einen Juckreiz. Sie verspürte ständig das Bedürfnis nach einem Bad, ohne daß sie wußte, wieso. Irgend etwas Elementares fehlte in Toleranz, obwohl das niemandem aufzufallen schien außer ihr.
    »Entspann dich! Wir sind nur für einen Tag hier«, sagte Curvis und schaute sie fragend an. »Bist du immer so zappelig?« Sie waren auf dem Rückweg vom Balkon der Rotunde, wo Fringe die Bestandteile eines exquisiten Essens auf dem Teller verschoben hatte, ohne einen Bissen zu essen.
    Sie zuckte zusammen und errötete. »Nein. Bin ich nicht. Wenn ich Danivon wäre, würde ich sagen, ich rieche, daß etwas oberfaul ist.«
    Für Curvis indes hatte sich in Toleranz nichts verändert. An diesem Ort schien immer eine angespannte Atmosphäre zu herrschen. Zumal es jüngst diese Fälle von Verstümmelung und Verschwinden gegeben hatte; aber dieses Rätsel würde sicher bald gelöst werden. Sicher war irgendein Besucher durchgedreht. Das kam manchmal vor. Curvis hatte noch nie ein Gespür für Nuancen gehabt, und deshalb hatte er auch keine Ahnung, was Fringe beunruhigte.
    Dennoch versuchte er sie zu beruhigen. »Toleranz war schon immer ein hektischer Ort. Zu viele Menschen auf einer zu kleinen Fläche, dann die ständige Überwachung und der ganze Terz.«
    »Die Hektik allein würde mir dieses Unbehagen nicht verursachen.«
    »Liegt es vielleicht an den Zwillingen?«
    Sie schüttelte den Kopf. Es lag nicht an den Zwillingen. Anfangs hatte der Gedanke an die Zwillinge ihr schon Qualen verursacht, aber es lag nicht an ihnen. »Sie beherrschen Lingua sehr gut«, sagte sie lahm. Obwohl die Kommunikation mit derart fremden Wesen auch in Lingua ein Problem war, das sie jedoch bewältigt hatte. »Obwohl ich nicht so recht weiß, was ich von ihnen halten soll.«
    Bertran und Nela hatten ihr Unbehagen gespürt. Sie mußte sich offenbar anstrengen, den richtigen Ton zu treffen beziehungsweise den falschen Ton zu vermeiden, und ihre erste Konversation war durch lange Pausen und unzusammenhängendes Gestammel gekennzeichnet. Nach einer Weile hatte sie jedoch eine praktikable Lösung gefunden, denn sie begegnete ihnen wie zwei völlig eigenständigen Personen. Sie zerbrach sich nicht mehr den Kopf wegen ihres Zustands, vermied die Kollektivbezeichnung ›ihr‹ und redete sie mit Nela und Bertran an, als ob es sich um autonome Personen gehandelt hätte.
    »Wie ich schon zu Nela sagte«, sagte sie zu Bertran, wobei sie außer acht ließ, daß er es damals schon gehört haben mußte. Oder zu Nela: »Wie ich schon zu Bertran sagte…« Sie blendete die jeweils andere Person aus, wenn auch nur für den Augenblick. Nachdem sie sich für eine Weile darüber amüsiert hatten, stellten sie sich auf diese Strategie ein und gewannen ihr sogar eine positive Seite ab.
    Bald stellte Fringe zu ihrem Erstaunen fest, daß sie sich in ihrer Gegenwart wohler fühlte als bei den meisten anderen Leuten. In deren Gesellschaft

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