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Monströse Welten 3: Toleranz

Monströse Welten 3: Toleranz

Titel: Monströse Welten 3: Toleranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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tun müssen. Wenn sie aber etwas taten, würde er zumindest Danivon unterrichten müssen.
     
    Das Subjekt von Boarmus’ Betrachtungen war in sein Quartier zurückgekehrt, legte die zeremonielle Montur ab und verstaute sie im Karton. Der purpurne Mantel war zu empfindlich, um ihn jeden Tag zu tragen. Nach ihrer Rückkehr würde sie sich einen Mantel aus schwererem Stoff schneidern lassen. Falls sie zurückkehrte. Weil sie auf dieser Reise nicht als Beauftragte auftraten, brauchte sie auch keine Beauftragten- Kluft – außer der Plakette, mit der sie sich im Bedarfsfall ausweisen würde. Sie befestigte sie am Unterkleid. ›Ich kläre die Lage.‹ Und das würde sie auch, egal worum es sich handelte.
    Was auch immer Boarmus der Klärung für notwendig erachtete. Diese Sache mit Boarmus gefiel ihr nicht sonderlich. Der Befehl, Danivon nichts zu sagen, kam ihr hinterhältig vor. Ein Team hatte nur einen Anführer; wie oft hatte man ihr das schon gesagt? Und was wollte Boarmus von ihr hören, das er nicht von Danivon Luze hören wollte?
    Der würfelförmige Sender lag auf dem Bett, neben der Kapuze. Er hatte keine besonderen Merkmale und war scheinbar inaktiv. Sie nahm ihn zur Hand und drehte ihn hin und her; plötzlich starrte sie wie gebannt auf die Worte, die auf allen Flächen gleichzeitig erschienen, Worte, die vermutlich durch die Wärme ihrer Hände sichtbar wurden.
    ›Geben Sie den Würfel Danivon Luze, ohne daß jemand etwas merkt. Bewahren Sie Stillschweigen!‹
    Die Worte verblaßten vor ihren Augen, und der Würfel war wieder so blank wie zuvor. Sie schloß die Hand um den Würfel und schob ihn tief in den Tornister. Na gut! Boarmus hatte das eine gesagt, das andere getan und nach dem Motto ›Tarnen und Täuschen‹ gehandelt, als ob jemand ihn beobachtet hätte! Er wollte nicht, daß es jemand erfuhr, wenn er eine Nachricht an Danivon Luze schickte. Schlauer fetter alter Mann. Niemand hatte die Worte auf dem Würfel gesehen. Er war von seiner Hand in die ihre gewechselt. Niemand wußte, wo er sich nun befand.
    Und wo sie nun darüber nachdachte, war es Boarmus gewesen, der Danivon untersagt hatte, nach Toleranz zurückzukehren. Befand Danivon sich in Gefahr? Oder war der Kommandeur selbst in Gefahr?
    Wer? fragte sie sich, wobei sie sich langsam und zielgerichtet bewegte, ohne sich die Besorgnis anmerken zu lassen, die sie plötzlich fühlte. Wer beobachtete Boarmus? Es gab niemanden über dem Kommandeur; er hatte keinen Vorgesetzten! Das Amt des Kommandeurs war das höchste, das es auf Woanders gab.
    Daraus folgte zwangsläufig der Schluß, daß, wenn Boarmus observiert wurde, vielleicht auch all jene observiert wurden, mit denen er sich traf und Gespräche führte, einschließlich Fringe.
    Zasper hatte auch diese Möglichkeit erwähnt. Beauftragte besuchten immer wieder Orte der Kategorien Neun und Zehn, wo man sie vielleicht beobachtete, abhörte und ihnen nachspionierte. Sie gab sich unbefangen. Sie brauchte keine Müdigkeit zu simulieren. Sie legte sich mit dem Vorsatz ins Bett, sofort einzuschlafen. ›Schlaf, wenn du kannst; pinkel, wenn du kannst; iß, wenn du kannst‹ lautete ein geflügeltes Wort unter den Beauftragten. Sie schlief nicht ein. Statt dessen lag sie lange im Dunklen wach und ließ die Geschichten Revue passieren, die sie über das tote Mädchen und den verschwundenen Jungen gehört hatte, dachte über die Anspannung nach, die über dem Ort lag und fragte sich bis zum frühen Morgen, was, im Namen der heiligen Vielfalt, hier vorging.
     
    Curvis, Fringe und die Zwillinge flogen am nächsten Morgen zu den Curward-Inseln. Danivon erwartete sie schon, und Fringe steckte den Sendewürfel in die Tasche. Sie war bereit für die Übergabe. Obwohl Fringe an diesem Tag mehrmals Kontakt mit ihm hatte, ergab sich keine Gelegenheit, ihn allein zu sprechen. Curvis hing ihm immer an den Rockschößen, oder einer der Seeleute war in der Nähe oder ein Behördenvertreter, der das Verladen ihres Gepäcks beaufsichtigte. Am Nachmittag, als die fünf sich auf der Curward Industrious einschifften – einem Schiff der Curward-Flotte –, hatte sich noch immer keine Möglichkeit ergeben.
    Leider war die Übergabe auch auf dem Schiff nicht möglich. Es handelte sich um einen überfüllten Kahn, auf dem es kein ruhiges Plätzchen gab. Weil die Botschaft ›Geheim‹ und nicht ›Dringend‹ besagt hatte, hatte Boarmus (so sagte sie sich jedenfalls) der Vertraulichkeit mehr Bedeutung beigemessen als einer

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