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Monströse Welten 3: Toleranz

Monströse Welten 3: Toleranz

Titel: Monströse Welten 3: Toleranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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kam sie sich wie die Anomalie vor. Im Vergleich zu Bertran und Nela war sie aber normal. Am zweiten Tag war sie schon vertraut mit ihnen, fast redselig.
    »Sie gehört in eine Nebenattraktion«, sagte Nela zu ihrem Zwillingsbruder. »Wie wir. Siehst du, wie ungezwungen sie bei uns ist? Und vergleich das damit, wie sie sich in Gesellschaft anderer Leute verhält. Entweder wird sie rot und braust auf, oder sie ist mucksmäuschenstill. Linkisch, hätte Tante Sizzy gesagt. Keine Haltung, außer, wenn es um berufliche Belange geht.«
    »Ich verstehe nicht«, sagte Bertran, der mit den Gedanken woanders gewesen war.
    »Sie hält sich für eine Kuriosität«, erklärte Nela mit leiser Stimme. »Siehst du das denn nicht? Welche Rolle auch immer sie spielt, sie glaubt, daß die anderen sie nicht entsprechend würdigen. Deshalb ist sie ständig in der Defensive. Und in gewisser Weise gilt das auch für uns, weshalb wir Kollegen und Freunde sind. Wo sie sich nun an mich gewöhnt hat, sieht sie mich immer, wenn sie sich über etwas amüsiert, mit einem mädchenhaften und verschwörerischen Blick an. Sie hat nie Freunde gehabt, doch nun wird sie unsere… meine Freundin.«
    »Wieso hatte sie nie Freunde?« fragte er verwundert. »Sie ist doch eine schöne Frau!«
    Nela nickte nachdenklich. »Ich glaube, sie ist erst vor kurzem zur Schönheit erblüht, und sie weiß das gar nicht. Aber weshalb? Hat vielleicht etwas mit ihrer Kindheit zu tun. Ist vielleicht von diesem oder jenem abgelehnt worden. Aus irgendeinem Grund hält sie sich für eine Kuriosität.« Sie schüttelte den Kopf. Etwas an Fringe irritierte sie, ein Geheimnis, das sich hinter diesen smaragdgrünen Augen verbarg.
    »Nun, Danivon hält sich auch für eine Kuriosität. Das ist offensichtlich.«
    »Nein, nicht Danivon«, sagte Nela. »Obwohl er wirklich eine Marke ist, hält er sich für die Verkörperung von Adam-dem-Mann mit Eichenlaub. Danivon wuchs unter sehr günstigen Umständen auf. Er wurde regelrecht verhätschelt. Er ist sehr zufrieden mit sich selbst. Das kannst du aber glauben. Danivon ist das genaue Gegenteil von Fringe Owldark.«
    »Wenn er wirklich so eine Marke ist, müßte Fringe mit ihm aber mindestens ebenso gut auskommen wie mit uns«, sagte Bertran.
    »Nein. Das glaube ich nicht«, sagte Nela nüchtern. »Aber ich glaube nicht, daß sie unkollegial ist. Ich wette, daß es mit Sex zu tun hat.«
    Fringe legte den Eid als Rats-Beauftragte im privaten Büro des Großmeisters ab. Es fand keine Zeremonie statt, und sie empfing in angemessener Haltung den purpurnen Mantel, der den blauen Mantel des Postens von Enarae ersetzte. Unter dem Beauftragten- Abzeichenmit dem Krieger und der Glyphe, das Zasper eigens für sie angefertigt hatte, wurde eine juwelenbesetzte Einzelkämpfer-Schnur befestigt. Die künstlerische Gestaltung der Abzeichen stand im Ermessen der Beauftragten, doch die Schnüre waren identisch, und damit auch die eingestickten Worte: Ich kläre die Lage.
    Nach der Zeremonie wollte sie zu ihrer Unterkunft zurückgehen, als ein frick’scher Lakai ihr meldete, daß der Kommandeur sie zu sehen wünschte.
    Der Kommandeur! Also Boarmus. Nun, sagte sie sich, als sie dem Frick’schen über endlose Treppen und durch lange Korridore folgte, das war alles, was sie noch in Toleranz über sich ergehen lassen mußte. Sie musterte sich flüchtig in der verspiegelten Wand und bescheinigte sich ein korrektes Erscheinungsbild. Der Ledergürtel und die Stiefel waren poliert. Der purpurne Mantel fiel in einer geraden Linie von der Schulter bis zum Knöchel. Die purpurne Kapuze war seitlich heruntergezogen und verbarg den Helm, dessen Federbusch wie ein Hahnenkamm auf der anderen Seite wogte. Das fließende rote Seidenhemd und die Hose hatten die optimale Paßform und schmiegten sich wie eine zweite Haut an den Körper. Nur der Hals und die Handgelenke lagen frei. Mit erhobenem Kopf und zusammengebissenen Zähnen schritt sie einher. Sie machte einen entschlossenen Eindruck.
    Boarmus war ein fülliger Mann mit buschigen Augenbrauen und Tränensäcken unter den Augen, als ob er Schlafstörungen hätte. Die Mundwinkel liefen in Falten aus, als ob er oft den Mund zusammenpressen würde; damit ihm zum Beispiel kein falsches Wort über die Lippen kam.
    »Ich bin Boarmus«, sagte er und musterte sie von Kopf bis Fuß. Sie war eine makellose Erscheinung. Das Leder glänzte, und der Faltenwurf des Mantels war akkurat. Das Beauftragten- Abzeichen an der Schulter

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