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Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition)

Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition)

Titel: Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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die Kamera auf das Gesicht ihrer Freundin. Machte mehrere Bilder von diesem vagen, diffusen Lächeln, das ihre Züge erhellte und ihr den würdevollen Ernst eines Papstes verlieh. Dann zog sie sich zurück, ging durch die Halle ins Freie und wartete dort auf sie.
    Als Joséphine wieder herauskam, waren ihre Hände leer und die Ausbuchtung unter ihrem Mantel verschwunden.
    »Hast du deine Unterlagen nicht gefunden?«
    »Nein …«
    »Und deine Flasche hast du unterwegs verloren?«
    »Oh!«, sagte Joséphine, wurde knallrot wie eine Begonie und strich den Mantel über ihren Hüften glatt, als suchte sie nach ihrer Flasche.
    »Ich erfriere. Kennst du hier in der Nähe ein Café, wo wir einen heißen Tee und Gebäck bekommen können?«
    »Wir können zu Carette an der Place du Trocadéro gehen. Sie haben den besten heißen Kakao der Welt und absolut himmlische Schweineöhrchen … und außerdem gibt es da sehr hübsche kleine weiße Lampen, die beinahe Kerzenlicht verbreiten, ein glückliches Licht …«
    Sie überquerten das Champ de Mars, gingen über den Pont d’Iéna und die Place de Varsovie, dann schräg durch die Jardins du Trocadéro. Die in der Winterkälte trist daliegenden Rasenflächen bildeten große gelbe Flecken, die die energischen Sohlen gehetzter Touristen endgültig zertrampelten; Pappbecher, Getränkedosen und Zigarettenstummel sprenkelten die Kieswege, ein verlassener Pullover klammerte sich an die Kante einer Bank, und ein paar Kinder rannten unter Indianergeheul hintereinander her und schwenkten die Geschenke, die sie von Eltern bekommen hatten, welche darauf bedacht waren, sie bei Laune zu halten. Ihre Schreie hallten wie Echos hin und her, sie schubsten sich gegenseitig, brüllten, schnitten derbe Grimassen und versuchten, sich gegenseitig einzuschüchtern.
    Shirley blieb vor einer Kaukasischen Flügelnuss, einer Baumhasel, einem Tulpenbaum, einer Sibirischen Ulme, einem Japanischen Schnurbaum und einer Rosskastanie stehen und fotografierte sie.
    Joséphine betrachtete sie verblüfft.
    »Woher kennst du die Namen dieser ganzen Bäume?«
    »Von meinem Vater … Als ich noch klein war, ging er mit mir immer in die Gärten und Parks und brachte mir die Namen der Bäume bei. Er erzählte mir von Hybriden, von Kreuzungen, von Ästen, Zweigen und Trieben, von Nebenwurzeln und von Schöpfen. Das habe ich nie vergessen … Sobald Gary laufen konnte, habe ich ihn ebenfalls in die Londoner Parks mitgenommen. Ich habe ihm die Namen der Bäume beigebracht, ich habe ihm beigebracht, sie zu umarmen, um ihre Kraft in sich aufzunehmen, ich habe ihm gesagt, wenn er traurig sei, gebe es nichts Besseres als diese großen, uralten Bäume, um ihm zuzuhören, ihn zu trösten, ihm Mut zuzuflüstern und seine düsteren Gedanken zu verscheuchen … Deshalb geht er auch so gern in Parks spazieren. Er ist zu einem echten Waldmenschen geworden …«
    Bei Carette setzten sie sich an einen Tisch vor zwei Tassen heißen Kakao, Schweineöhrchen und kunterbunte Makronen, inmitten kleiner, weißer Lampen, die den gesamten Raum in sanftes Licht tauchten. Shirley legte den Fotoapparat auf den Tisch, stützte das Kinn auf eine Hand und folgte mit dem Blick den dürren, unwirschen Kellnerinnen, die durch den Raum gingen und die Bestellungen aufnahmen. Joséphine wollte die Fotos sehen, die Shirley gemacht hatte, und so gingen sie ihren Weg in umgekehrter Richtung zurück, kommentierten jedes Bild, stießen freudige Rufe aus und knufften sich gegenseitig mit dem Ellbogen, wenn sie ein neues Detail entdeckten.
    »Und das? Was ist das?«, fragte Joséphine angesichts einer hockenden Frau, die von hinten zu sehen war.
    »Das wirst du gleich sehen …«
    Shirley klickte ein Bild zurück, dann zwei, dann drei.
    Joséphine öffnete den Mund und wurde rot.
    »Das bin ja ich …«
    »Du, bei deinen Heimlichkeiten!«
    »Oh, ich …«
    »Hattest du Angst, ich würde das dusselig finden?«
    »Ein bisschen …«
    »Das ist so typisch für dich, Jo! Quer durch ganz Paris zu laufen, um eine arme Pflanze zu gießen!«
    »Na ja … diese Pflanze wird von niemandem beachtet. Sie haben sie nicht zusammen mit den anderen in die Kübel gesetzt, sie kümmern sich nur um sie, wenn sie gerade daran denken, und manchmal vergessen sie sie völlig. Vor allem in den Ferien … Jedes Mal, wenn ich zur Uni gehe, schaue ich bei ihr vorbei, ehe ich nach oben gehe, und gieße sie …«
    »Weißt du, Jo, ich glaube, genau solche Dinge sind der Grund, warum ich dich

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