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Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition)

Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition)

Titel: Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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Schönheit zu beschließen.
    Und Bilanz zu ziehen.
    Über all das zu reden, wozu sie noch keine Zeit gehabt hatten. Letzte Geheimnisse, die man abzieht wie tote Haut, unter der das Herz schlägt. Das Geständnis, das zwischen einer vergoldeten Bronzefigur von Claude Galle, einem Louis- XV -Lesetischchen oder einem türkisblau nachgestrichenen Sofa aus vergoldetem Holz von Georges Jacob aufblühte. Wie schön, ach, wie schön, murmeln und dann mit leiser Stimme hinzufügen, und, weißt du, ich habe ganz vergessen, dir zu erzählen, dass … während die Freundin, die Vertraute, den Blick auf das kostbare Objekt gerichtet hält und nur einsilbig antwortet, damit das Geständnis fortgeführt und ernst genommen werden kann.
    »Ich habe eine Flasche Wasser dabei …«
    »Wozu das denn?«
    »Falls wir Durst bekommen …«
    »Falls wir Durst bekommen? Dann gehen wir in ein Café! Was für eine merkwürdige Idee!«
    »Ich habe mir gedacht, nach den Antiquitätenläden könnten wir noch kurz bei meiner Universität vorbeischauen … ich muss noch ein paar Unterlagen abholen. Für einen Vortrag, den ich vorbereiten muss. Ich muss ja schließlich weiter für mein Geld arbeiten …«
    »Am 31. Dezember? Da ist doch alles abgeschlossen …«
    »Nein … Es ist auch nicht weit vom Village Suisse entfernt, weißt du. Es liegt auf der gleichen Métro-Linie …«
    Shirley zuckte mit den Schultern und sagte, wieso nicht?
    Joséphine wirkte erleichtert.
    »Dann kann ich ja auch ein Foto von dem Gebäude machen, in dem du arbeitest!«, fügte Shirley lächelnd hinzu.
    »Ach, das ist nicht besonders ansehnlich …«
    »Aber so habe ich wenigstens Beschäftigung, während du drinnen bist … und außerdem hat Gary mir seine Kamera geliehen, da kann ich sie ja auch benutzen …«
    »Wartest du hier auf mich? Ich bin gleich wieder da …«
    »Kann ich nicht mit reinkommen?«
    »Es wäre mir lieber, wenn nicht …«
    »Warum denn nicht?«
    »Es wäre mir einfach lieber …«
    Neugierig geworden, trat Shirley zur Seite, ließ Joséphine gehen und sah ihr nach, wie sie durch die Eingangshalle des Fakultätsgebäudes ging, vorbei an zahllosen Schwarzen Brettern, großen Mülleimern, Tischen, Stühlen und Töpfen, in denen blasse Grünpflanzen bibberten. Joséphine drehte sich um und winkte ihr kurz zu, als wolle sie sie wegscheuchen. Shirley ging ein paar Schritte zurück und fotografierte die hohe Glasfassade. Dann kehrte sie zum Eingang zurück, schlüpfte in die Halle und hielt nach Joséphine Ausschau, doch sie konnte sie nirgends entdecken. Was treibt sie da bloß? Warum diese Geheimniskrämerei? Hat sie ein Rendezvous? Will sie nicht mit mir darüber reden?
    Auf Zehenspitzen schlich sie durch die Eingangshalle und blieb abrupt stehen.
    In einem Winkel hockte Joséphine, über eine Pflanze gebeugt. Eine kümmerliche Pflanze mit schwächlichen Blättern. Sie hatte einen Löffel aus der Tasche gezogen und grub einen kleinen Kanal rings um die Pflanze, während sie leise vor sich hin sprach. Shirley konnte nicht hören, was sie sagte, aber sie sah, wie sich ihre Lippen bewegten. Vorsichtig zupfte Joséphine ein paar abgestorbene Blätter ab, rückte die übrigen, noch grünen zurecht, wischte sie mit einem Taschentuch ab, richtete den Stab wieder auf, der der Pflanze als Halt diente, und drückte die Halterungen fester zusammen. Und die ganze Zeit über redete sie. Der vernachlässigte Zustand der Pflanze schien sie mit hausfraulicher Empörung zu erfüllen. Schließlich zog sie die Wasserflasche aus ihrer Manteltasche, goss sie langsam aus, wobei sie darauf achtete, dass die Erde das Wasser auch aufnahm und nichts überlief, und wartete, bis die letzten Bläschen zerplatzt waren und die Erde gesättigt zur Ruhe kam.
    Joséphine richtete sich auf und rieb sich das Kreuz. Shirley glaubte, sie wolle wieder gehen, und zog sich hinter einen Betonpfeiler zurück. Aber Joséphine bückte sich erneut. Kratzte an der Oberfläche des Topfs. Stand wieder auf. Murmelte ein paar unhörbare Worte. Hockte sich erneut neben die Pflanze. Steckte einen Finger in die Erde, um sich zu vergewissern, dass sie auch vollständig durchtränkt war. Rückte den Topf ein Stückchen zur Seite, damit er ein wenig vom grauen Licht dieses letzten Dezembertags auffangen konnte. Betrachtete wohlwollend und zufrieden ihr Werk. Ihre Lippen umspielte das Lächeln einer Krankenschwester. Das glückliche Lächeln eines Menschen, der sich nützlich gemacht hat.
    Shirley richtete

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