Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition)
und hinzugefügt: »Unbekannt wie dein Vater.« Gary hatte die kleine Flamme betrachtet, die unter den hohen Bögen brannte, und hatte wiederholt: »Unbekannt.«
Er hatte nie wieder von seinem Vater gesprochen und ihn auf den Schulformularen und anderswo »Unbekannt« getauft.
Aber an diesem Morgen in der Küche seiner Mutter wollte er die Wahrheit wissen.
Und als seine Mutter seufzte und nicht antwortete, fügte er hinzu: »Ich will alles wissen. Selbst wenn es hart wird …«
»Jetzt? Hier? Sofort? Es könnte länger dauern …«
»Soll ich dich heute Abend zum Essen einladen? Hast du Zeit?«
»Nein, heute Abend findet die erste einer Reihe von Sitzungen meiner Gesellschaft statt. Wir beteiligen uns an einem Projekt, mit dem die frohe Botschaft in die Schulen getragen werden soll, und wir müssen uns darauf vorbereiten. Bis Samstag habe ich jeden Tag Termine …«
»Dann am Samstagabend. Bei mir.«
Shirley nickte.
»Ich koche für dich …«
Sie lächelte und sagte: »Da kann ich ja nicht Nein sagen …«
Er stand auf, ging auf sie zu, breitete die Arme aus, und sie stürzte sich hinein, wie um Zuflucht vor einem Sturm zu suchen.
Er streichelte ihr zärtlich über den Kopf und flüsterte: »Maman, ich werde niemals dein Feind sein. Niemals …«
Er küsste sie, nahm seine Sachen, drehte sich an der Tür noch einmal um, schaute sie lange an und ging hinaus.
Shirley ließ sich auf einen Stuhl fallen und zählte bis drei. Nur nicht in Panik geraten, eins, zwei, drei, die ganze Wahrheit sagen, nichts als die Wahrheit, auch wenn sie nicht gerade glanzvoll ist.
Sie betrachtete ihre zitternden Hände, ihre zitternden Beine und erkannte, dass sie Angst hatte. Angst vor dieser Vergangenheit, die wieder hochkam. Angst davor, dass ihr Sohn sie verurteilen würde. Angst davor, dass er ihr Vorwürfe machen würde. Angst davor, dass dieses unglaublich starke und schöne Band zwischen ihnen mit einem Schlag zerrissen würde. Und das, sagte sie sich, während sie sich bemühte, das Zittern ihrer Arme und Beine zu unterdrücken, das könnte ich nicht ertragen. Ich kann gegen Gauner kämpfen, mir ohne Betäubung einen Zahn ziehen lassen, eine klaffende Wunde nähen, mich von einem Mann in Schwarz misshandeln lassen, aber ihn will ich nicht eine einzige Minute aus den Augen verlieren. Das würde ich nicht überleben. Unnötig, mich groß aufzuspielen, ich würde Lust und Sprache verlieren, die Freude am Leben und die Kraft, mich zu wehren …
Es bringt nichts, seine Vergangenheit zu verleugnen, sie auf später zu verschieben, es ist besser, sich ihr zu stellen. Sonst lässt die Vergangenheit nicht locker, sie lässt einfach nicht locker, und jedes Mal wird die Rechnung höher, bis man irgendwann in die Knie geht und sagt, einverstanden, ich gebe auf, ich gestehe alles …
Und manchmal ist es dann zu spät …
Manchmal ist das Unglück dann schon geschehen …
Manchmal ist es zu spät, um die Wahrheit zu gestehen …
Die anderen glauben einem nicht mehr. Sie haben keine Lust mehr, einem zu glauben, einem zuzuhören, einem zu verzeihen.
Sie richtete sich auf, eins, zwei, drei, und nahm sich vor, ihm am Samstag alles zu sagen.
Es gibt alle möglichen unheilstiftenden Menschen.
Den gelegentlich Unheilstiftenden, den gedankenlos Unheilstiftenden, den aus Langeweile Unheilstiftenden, den beharrlich Unheilstiftenden, den arroganten Unheilstifter, den reuigen Unheilstifter, der erst zubeißt und sich einem anschließend zu Füßen wirft und um Gnade bettelt … Man darf diese unheilstiftenden Menschen niemals unterschätzen. Niemals glauben, man könne sie einfach mit dem Ärmel oder einem Lappen wegwischen.
Der unheilstiftende Mensch erweist sich als gefährlich, denn der Unheilstifter gleicht einer Kakerlake: Er ist unverwüstlich.
An diesem späten Vormittag, in seinem Büro, dessen hohe Fenster genau über dem Church’s-Laden auf die Regent Street hinausgingen, nicht weit vom Restaurant Wolseley entfernt, wohin er fast jeden Mittag zum Essen ging, dachte Philippe bei sich, dass er sich bald gegen eine ganze Armee von Kakerlaken würde zur Wehr setzen müssen.
Alles hatte an diesem Morgen mit einem Anruf von Bérengère Clavert begonnen.
»Iris’ beste Freundin«, wie sie sich gerne rühmte, und dabei schürzte sie die Lippen, um das ganze Ausmaß ihrer Zuneigung zu verdeutlichen.
Philippe hatte unwillkürlich das Gesicht verzogen, als er ihren Namen gehört hatte.
Beim letzten Mal, als er Bérengère
Weitere Kostenlose Bücher