Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition)
geworden und hatte sich widerspruchslos schälen lassen. Bis sie im Park Alexandre begegnet war …
Letzte Nacht hatte ihre große Liebe sie besucht.
Er hatte ihr gesagt, dass er es gewesen sei, der ihr Alexandre und Philippe geschickt habe. Damit sie nicht mehr allein sei. Dass sie auf dieser Welt noch zu etwas nütze sein könne, dass sie nicht die Hoffnung aufgeben dürfe. Dass sie eine Frau mit einem großen Herzen sei und hoffen und kämpfen müsse. Die Hoffnung aufzugeben war feige. Die Hoffnung aufzugeben war so leicht. Es war die natürliche Neigung der Schwachen.
Und er war wieder gegangen, ohne sie mitzunehmen.
Sie seufzte und wischte sich mit dem Handrücken über die Augen.
Sie hatte keine Tränen mehr, aber sie hatte die Gewohnheit beibehalten, sich zu vergewissern, ob nicht doch noch eine oder zwei übrig waren, die wie trockene Kiesel herunterfallen und mit dem leisen Klirren kleiner Steinchen durchs Becken rollen würden.
Sie seufzte und knipste das gereizte Funkeln in ihrem Blick aus.
Drehte sich zu Philippe um und sagte: »Ich hatte heute Nacht einen merkwürdigen Traum …«
Sie nahm den Kürbis, hob ihn aus dem Becken und begann ihn zu schälen, wobei sie darauf achtete, ihr schönes graues Kleid nicht schmutzig zu machen. Sie wollte keine Schürze umbinden. Die erinnerten sie an die Frauen, die in den Obdachlosenheimen das Essen verteilten … Sie trugen Schürzen und schleuderten das Essen in Kellen, die bis zum Rand mit einem widerlichen Brei gefüllt waren, auf die Teller.
Die Schale war dick und hart. Das Messer rutschte ab und drang nicht ein. Noch so ein Verkäuferinnenmärchen, sagte sie sich. Kein Mensch wollte ihren argentinischen, auf gutem, organischem Mist gewachsenen Kürbis haben, also hat sie mich beschwatzt, indem sie mir etwas von kochendem Wasser erzählt hat. Und ich habe ihr geglaubt. Ich wollte ihr so gern glauben …
Philippe trat näher, nahm ein Schneidebrett, ein Messer und sagte, lassen Sie mich das machen, man braucht die kräftigen Hände eines Mannes, um einen Kürbis zu schälen.
»Haben Sie schon viele Kürbisse geschält?«, fragte Becca lächelnd.
»Das ist mein erster, aber ich werde ihn bezwingen …«
»Mit Ihren kräftigen Händen?«
»Ganz genau …«
Er schnitt ihn in schmale Streifen, die er auf das Brett legte, und plötzlich wurde es ganz einfach, die einzelnen Scheiben zu schälen. Man hielt sie fest in der Hand, und das Messer rutschte nicht mehr ab. Sie pflückten die Kerne ab, die am Messer klebten, an den Fingern klebten, probierten ein paar davon und schnitten die gleiche Grimasse.
»Und was jetzt?«, fragte er, stolz auf sein Werk.
»Jetzt legen wir die Scheiben in einen Topf und lassen sie in ein wenig Milch, gesalzener Butter und Schalotten zerfallen … Wir rühren und warten. Dabei hatte die Verkäuferin mir gesagt, wenn ich heißes Wasser darübergieße, würde die Schale weicher …«
»Und Sie haben ihr geglaubt …«
»Ich wollte ihr glauben …«
»Verkäufer behaupten egal was, um ihre Ware zu verkaufen …«
»Mein Traum war schuld daran, dass ich ihr glauben wollte.«
»War es ein trauriger Traum?«
»O nein! Und eigentlich war es auch gar kein Traum … Es war meine große Liebe, die zu mir zurückgekehrt ist. Manchmal kommt er nachts, er streift mich, er beugt sich über mich, und ich spüre ihn. Ich öffne ganz vorsichtig die Augen. Dann sitzt er neben mir und schaut mich voller Liebe und Reue an … Haben Sie den Film Ein Gespenst auf Freiersfüßen gesehen?«
»Ja, vor sehr langer Zeit … Bei einer Mankiewicz-Retrospektive im Quartier Latin.«
»Nun … So kommt er mich besuchen. Wie der Kapitän in dem Film …«
»Und Sie reden mit ihm?«
»Ja. Wie im Film. Wir reden über die gute alte Zeit. Wir reden auch über Sie … Er sagt, es sei sein Verdienst, dass ich Ihnen begegnet bin. Er hat sich schon immer gern wichtiggemacht, dachte gern, dass ich ohne ihn verloren wäre. In gewisser Weise hatte er damit ja auch recht … Ich höre ihm zu, und ich bin glücklich. Und ich warte darauf, dass er mich mitnimmt. Aber er geht immer allein wieder fort … Und ich bin traurig. Und dann gehe ich los und kaufe einen Kürbis, um daraus Suppe zu kochen …«
»Aber es gelingt Ihnen nicht, ihn zu schälen …«
»Vielleicht, weil ich noch an ihn dachte, weil ich mich nicht zu hundert Prozent auf das Schälen des Kürbisses konzentrierte … Solche Dinge erfordern sehr viel Aufmerksamkeit.«
Sie schüttelte den
Weitere Kostenlose Bücher