Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition)

Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition)

Titel: Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
Vom Netzwerk:
die » œ ufs à la couille d’âne « hieß. Ließ die Schultern heruntersacken, seufzte.
    »Das hört sich alles sehr gut an …«
    »Und das ist es auch! Hast du gewählt?«
    »Noch nicht …«
    Jeden Morgen, wenn sie ins Büro kam, nahm sie den kleinen Schlüssel vom Hals und öffnete die Schublade, um die Mappen herauszunehmen, die sie brauchte. Jeden Morgen kontrollierte sie, ob der schwarze Spitzer mit den zwei Öffnungen noch auf dem O von Marcel Grobz lag, und jeden Morgen war sie beruhigt. Die panische Angst vor einem Diebstahl, die Angst, eines Vergehens oder Verbrechens bezichtigt, gar wegen Unterschlagung angeklagt zu werden, verflog. Sie setzte sich hin und atmete beruhigt auf: Sie würde nicht noch einmal die gleiche Schmach durchleben müssen wie damals, als das »Goldene Schwein« geschlossen worden war, und das Wappen der Auvergne, eine rote Kirchenfahne mit grünem Saum auf goldenem Grund, würde kein weiteres Mal befleckt werden.
    Hilflos hob sie den Kopf und versuchte sich zu rechtfertigen: »Sie verstehen nicht, was ich als Kind durchlitten habe … Die Schande, die mit glühendem Eisen in meine Stirn gebrannt wurde … Ich will so etwas nie wieder erleben. Nie wieder!«
    Ihren Wangen röteten sich, ihr Blick wurde eigentümlich starr und wild. Chaval musterte sie besorgt.
    »Aber das hat doch nichts zu bedeuten! Die Putzfrau ist mit ihrem Staubsauger zu fest gegen den Schreibtisch gestoßen, oder sie wollte ihn verrücken, um ein Stück Papier aufzuheben …«
    »Das ist unmöglich! Er wiegt eine Tonne! Niemand kann ihn verrücken! Monsieur Grobz lacht immer darüber und nennt ihn mein Fort Knox …«
    »Dann haben Sie die Schublade vielleicht zu fest aufgezogen …«
    »Auch nicht möglich! Ich passe immer sehr gut auf …«
    »Sie sind offenbar fest entschlossen, uns den Abend zu verderben, Denise!«, sagte er streng und wandte das Gesicht ab.
    Die dicken grauen Fugen zwischen den groben Mauersteinen erinnerten ihn an ein Gefängnis, und am liebsten wäre er aufgesprungen und geflohen.
    »O nein!«, entschuldigte sie sich hastig. »Ich freue mich so, dass Sie mich hierher eingeladen haben …«
    »Dann lassen Sie uns nicht mehr darüber reden, einverstanden? Hören Sie auf mit diesen Kindereien. Haben Sie etwas gefunden?«
    Sie senkte gehorsam den Kopf, nannte aufs Geratewohl eine Salade limousine mit Kastanien und einen Rinderschmorbraten.
    »Wunderbar«, pfiff Chaval. »Dann können wir ja jetzt bestellen …«
    Er winkte den Kellner heran und strich mit dem Daumennagel seinen schmalen Schnurrbart glatt. Nervös, gereizt. Meine fünfzig Prozent sind sauer verdient, sagte er sich beim Gedanken an Henriette, während sein Blick über das bebende Dekolleté der Trompete und die dünne Perlenkette glitt, die schwer auf dem schlaffen Fleisch ruhte und einen roten Abdruck darauf hinterließ. Henriette hatte seine Bedingungen schließlich akzeptiert. Es war kein leichtes Spiel gewesen, sie hatte sich zu Füßen der Jungfrau Maria und der frischen Gladiolen, die er beim Hereinkommen in die Vase gestellt hatte, erbittert gewehrt. Hatte gekämpft wie der Geizhals um seine Schatulle. Hatte abscheulich gequiekt und am ganzen Leib gezittert, Sie rauben mich aus, Sie morden eine alte, notleidende Frau, eine mittellose Bettlerin, der schon alles genommen wurde. In diesem Märtyrerton ging es noch eine ganze Weile weiter, während Chaval sie mit kaltem Blick musterte.
    »Und versuchen Sie nicht, mich zu betrügen! Ich habe Sie im Auge«, hatte er gesagt und war aufgestanden. »Alle zwei Wochen überweisen Sie mir meinen Anteil, ich lasse Ihnen meine Bankverbindung zukommen.«
    Er hatte sich auf dem Absatz seiner Cowboystiefel umgedreht und war gegangen. Hatte eine weinende Alte sitzenlassen, um sich einer misstrauischen Jungfer zuzuwenden.
    Womit habe ich das bloß verdient?, stöhnte er stumm und kniff die schmalen Lippen zusammen.
    Ihm gegenüber mühte sich die Trompete, ein fröhliches Gesicht zu machen und ihre Ängste zu vergessen. Sie trug ein grauenvolles Kleid aus einem alten Vorhangstoff, der aussah, als hätte man ihn von den Fenstern eines verfallenen Schlosses abgenommen. Die Keulenärmel verliehen ihr den Anschein einer traurigen Pute. Das verschwitzte dünne Haar klebte ihr an den Schläfen. Die hat ja heute Abend überall Flecken, dachte er angewidert. Das ist die Aufregung, sie sieht sich schon in Ketten liegen, in einem finsteren Verlies, wo die Ratten an ihren Fersen knabbern. Stumm und

Weitere Kostenlose Bücher