Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition)
sein? Bist du noch nicht gefeuert worden? Oder doch … Lass mich raten: Sie haben dich gefeuert, und du lässt deine Wut an mir aus …«
Dem armen Jungen schien bei Hortenses Überheblichkeit für einen Moment die Luft wegzubleiben, doch dann nahm er seine Vorwürfe wieder auf, wobei in jedem Satz das Wort »Tampon« vorkam.
»Meine Güte, Tommy, hör auf! Wenn du so weitermachst, glaube ich noch, du hättest nicht gewusst, was ein Tampon ist, bevor du zufällig über meinen gestolpert bist … Daran wirst du dich gewöhnen müssen, wenn du irgendwann mal eine Beziehung mit einem Mädchen führen willst … Einem richtigen Mädchen, meine ich. Nicht so ein billiges Flittchen, das du am Samstagabend sturzbetrunken flachlegst …«
Er verstummte und drehte sich auf dem Absatz um.
»Was für ein schreckliches Weib!«, schimpfte er im Weggehen. »Eine elende Narzisstin! Ich war von Anfang an dagegen, ein Mädchen ins Haus zu holen! Und ich hatte recht!«
Hortense sah ihm nach und rief: »Wer sich nicht auf sich selbst konzentriert, wird es im Leben zu nichts bringen. Wenn ich mit zwanzig keine Narzisstin bin, ende ich mit vierzig einsam und vergessen, und das kommt nicht infrage! Du solltest dir lieber ein Beispiel an mir nehmen, statt mich zu kritisieren! Der Unterricht kostet fünfzig Pfund die Stunde, und wenn du gleich mehrere nimmst, kriegst du Rabatt!«
Und mit diesen Worten ging sie in die Küche, um sich einen Kaffee zu machen.
Sie hatte eine lange Nacht vor sich. Die Aufgabe, die sie einreichen musste, lautete: Zeichnen Sie eine komplette Garderobe, ausgehend von den drei Grundfarben Schwarz, Grau und Marineblau, inklusive Schuhe, Clutch, Handtasche, Brille, Schal und Accessoires.
Ihre drei übrigen Mitbewohner erwarteten sie neben der Kaffeemaschine.
Peter, Sam und Rupert.
Sam und Rupert arbeiteten in der City, und dort geriet alles ins Wanken. Sie kamen jeden Abend später nach Hause, tranken mit sorgengefurchter Stirn schwarzen Kaffee und berichteten, wie viele Kollegen an diesem Tag wieder entlassen worden waren. Morgens standen sie immer früher auf. Lasen die Stellenanzeigen, bissen die Zähne zusammen.
In der Küche herrschte ein Schweigen wie von bekümmerten Domherren. Fast hätte man das Klackern der Rosenkranzperlen hören können. Ihre griesgrämigen Mienen trugen einen schmerzlichen Ausdruck.
Hortense wählte eine schwarze Kapsel für einen starken Kaffee und schaltete die Maschine ein, ohne dass auch nur ein Wort über die Lippen der drei Domherren gekommen wäre. Dann öffnete sie den Kühlschrank und nahm ihren Magerquark und eine Scheibe Schinken heraus. Sie brauchte Proteine. Sie nahm einen Teller, schüttete den Quark darauf und schnitt den Schinken in schmale Streifen. Sie sahen ihr mit ihren tristen Domherrenmienen dabei zu.
»Was ist denn los?«, fragte sie schließlich. »Verdirbt euch der Gedanke an den Tampon den Appetit? Das braucht er nicht. So ein Tampon ist biologisch abbaubar und umweltfreundlich …«
Sie hatte witzig sein und die Stimmung etwas auflockern wollen.
Doch die drei zuckten bloß mit den Schultern und sahen sie weiter vorwurfsvoll an.
»Ich wusste nicht, dass ihr so empfindlich seid, Jungs … Ich muss auch mit euren dreckigen Unterhosen im Flur leben, mit euren stinkenden Socken, den Kondomen, die quer über den Mülleimern liegen, den Tellern im Spülbecken, euren Biergläsern, die überall Ringe hinterlassen! Und ich sage auch nichts dazu. Oder doch … ich sage mir, dass es nun mal in der Natur von Männern liegt, einen Saustall zu hinterlassen, wo immer sie auftauchen. Ich hatte keinen Bruder, aber seit ich mit euch zusammenwohne, habe ich eine leise Vorstellung davon, was das bedeutet, und ich kann mir vorstellen, dass …«
»Toms Schwester ist tot. Sie hat sich heute Morgen umgebracht …«, fiel ihr Rupert mit einem vernichtenden Blick ins Wort.
»Oh!«, entgegnete Hortense mit vollem Mund. »Deshalb ist er so auf mich losgegangen … Und ich dachte schon, seine Bank hätte ihn gefeuert … Und warum hat sie sich umgebracht? Liebeskummer oder Versagensängste?«
Schockiert sahen sie sie an. Sam und Rupert standen gleichzeitig auf und verließen die Küche, um ihre Missbilligung auszudrücken.
»Hortense! Du bist ein Monster!«, brach es aus Peter hervor.
»Ach was, ich kannte Toms Schwester doch gar nicht! Soll ich mir jetzt etwa das Gesicht zerkratzen und in Tränen ausbrechen?«
»Es wäre schön gewesen, wenn du ein bisschen
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