Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition)

Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition)

Titel: Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
Vom Netzwerk:
sich Hortense bei dieser kunstvollen Zähmung der Angst stellte, war, wieso sie die Einzige war, die es so machte.
    Es schien so einfach zu sein. So einfach.
    Und doch …
    Überall hörte sie nur: Ich habe Angst, ich habe Angst. Angst davor, zu versagen, Angst davor, nicht genug Geld zu haben, Angst, nicht zu gefallen, Angst davor, Ja zu sagen, Angst davor, Nein zu sagen, Angst vor Schmerzen. Wenn man sich immer wieder einredete, Angst zu haben, dann passierte auch unweigerlich das Schlimmste. Warum zitterte ihre Mutter, eine Erwachsene, die sie doch eigentlich beschützen sollte, vor ihren Schulden, einem bedrohlich wirkenden Mann oder einem Blatt, das im Wind herumflog? Sie verstand es nicht. Und sie hatte beschlossen, sich keine Fragen mehr zu stellen, sondern vorwärtszugehen.
    Vorankommen. Lernen. Erfolg haben. Sich nicht mit Gefühlen, Ängsten und Wünschen belasten, das sind doch bloß Parasiten. Als wäre ihre Zeit beschränkt. Als hätte sie nicht das Recht, sich auch einmal zu irren.
    Nur eines war Hortenses Gabel entgangen: der Tod ihres Vaters, der in einem kenianischen Tümpel von einem Krokodil gefressen worden war. Wie oft sie auch wiederholte: Antoine, Krokodil, hab keine Angst, hin und wieder hatte sie doch Albträume, in denen sie von tausend Zähnen zermalmt wurde. Niemals!, sagte sie sich, wenn sie schweißgebadet aufwachte, niemals! Und sie schwor sich, ihren stählernen Panzer zu verstärken, um sich wehren zu können. Sich wehren. Es fiel ihr schwer, wieder einzuschlafen. Im Dunkel ihres Zimmers glaubte sie das gelbe Auge eines Krokodils zu erkennen, das sie lauernd ansah …
    Nachdem Gary Ward sie mitten auf der Straße hatte stehen lassen, nachdem er ihr Herz und ihren Körper in dunklem Begehren hatte pochen lassen, nachdem er sie so geküsst hatte, dass sie jegliche Orientierung verlor, hatte Hortense Garys Bild isoliert, hatte es von sich geschoben, hatte es mit kühlem Herzen gemustert und entschieden, dass es das Klügste sei, abzuwarten. Er würde sie am nächsten Tag schon anrufen.
    Er rief weder am nächsten Tag an noch am übernächsten oder an den Tagen darauf.
    Sie strich ihn von ihrer Liste.
    Ihr Leben hing nicht von Gary Ward ab. Ihr Leben hing nicht von Gary Wards Kuss ab, von dem wundervollen Gefühl, das Gary Wards Lippen an jenem Abend geweckt hatten. Ihr Leben hing allein von ihr ab, von Hortense Cortès, und niemandem sonst.
    Sie brauchte ihre Wünsche, ihre Sehnsüchte nur klar und deutlich zu formulieren, dann würden sie durch die schiere Kraft ihres Willens in Erfüllung gehen.
    Gary Ward war unmöglich, unberechenbar, abscheulich, nervig.
    Gary Ward war perfekt.
    Sie wollte ihn. Und sie würde ihn bekommen.
    Später.
    An diesem Tag las Hortense in der U-Bahn, in der schwarzen Northern Line, die sie von der Schule zurück zu dem großen Haus brachte, das sie mit vier männlichen Mitbewohnern teilte, ihr Horoskop im London Paper , das jemand auf dem Sitz hatte liegen lassen. In der Rubrik »Liebe« stand: »Da diese Beziehung Sie belastet, gönnen Sie ihr eine Auszeit. Sie können sich später wieder darum kümmern.«
    Piffpaffpuff, sang sie vor sich hin, während sie die Zeitung zusammenfaltete. Ihre Entscheidung stand fest: Sie würde ihn vergessen.
    Was Hortense Cortès, abgesehen von ihrer Entschlossenheit und der in ihrer Tasche versteckten Gabel, rettete, war ihre hohe Meinung von sich selbst. Eine Meinung, die sie angesichts ihrer Leistungen und der Anstrengungen, die sie auf sich nahm, durchaus gerechtfertigt fand. Ich bin keine Faulenzerin, ich lege nicht die Hände in den Schoß, ich kämpfe für das, was ich will, und es ist nur gerecht, dass ich dafür auch belohnt werde.
    Manchmal fragte sie sich, ob sie auch angesichts von Rückschlägen so beharrlich geblieben wäre.
    Sie war sich nicht sicher.
    Sie brauchte Ergebnisse, um weiterzumachen. Und je heller ihr das Glück lachte, desto härter arbeitete sie. Eine Beziehung mit Gary hätte mich von meinem Ziel abgelenkt, dachte sie an jenem Abend, während sie die Menschen um sich herum in der U-Bahn betrachtete. Ich wäre vielleicht wie dieses Mädchen geworden, das unter dem Minirock seine roten Schenkel sehen lässt, oder wie die da, die Kaugummi kauend von ihrem Abend mit Andy erzählt. Da hat er zu mir gesagt … da hab ich zu ihm gesagt … da hat er mich geküsst … da haben wir … und dann hat er nicht zurückgerufen … was mach ich denn jetzt? Zwei Opfer, die albernes Liebesgeschwätz

Weitere Kostenlose Bücher