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Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition)

Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition)

Titel: Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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Mitgefühl gezeigt hättest …«
    »Ich hasse dieses Wort! Es stinkt! Haben wir keinen Zucker mehr? Wenn ich mich in diesem Haus nicht um alles kümmere, geht …«
    »Hortense!«, schimpfte Peter und schlug mit der Hand auf den Tisch.
    Peter war dunkelhaarig, mager und sehnig. Er war fünfundzwanzig Jahre alt, hatte eine von Aknenarben übersäte Haut und eingefallene Wangen. Er trug eine kleine, runde Nickelbrille und studierte Maschinen- und Gerätebau. Hortense hatte nie so recht verstanden, was das eigentlich beinhaltete. Nachdem sie irgendwann beschlossen hatte, dass es sich nicht lohnte, näher auf das Thema einzugehen, nickte sie nur noch, wenn er von seinen Skizzen, seinen Projekten, seinen Experimenten und den Motoren erzählte, die sie testeten. Sie hatte ihn irgendwann im Eurostar kennengelernt, als sie drei große Taschen bei sich hatte. Er hatte angeboten, ihr zu helfen, und sie hatte ihm die beiden schwersten Taschen hingehalten.
    Peter hatte sie es zu verdanken, dass sie in das Haus hatte einziehen können. Er hatte kämpfen müssen, ehe seine Freunde die Anwesenheit eines Mädchens akzeptierten. Hortense hatte die Vorstellung gefallen, mit Männern zusammenzuwohnen. Ihre früheren Erfahrungen mit weiblichen Mitbewohnern waren allesamt unerfreulich verlaufen. Männer waren, wenn man einmal von ihrer Schlampigkeit und ihrer nachlässigen Art absah, sehr viel umgänglicher. Sie nannten sie Prinzessin und kümmerten sich um kaputte Heizungen und verstopfte Waschbecken. Und außerdem waren sie alle ein bisschen verliebt in sie … Zumindest bis heute Abend … Denn jetzt sieht es so aus, als müsste ich mich anstrengen, um wieder in ihrem Ansehen zu steigen, dachte sie. Und ich brauche sie. Ich brauche dieses Zimmer, und ich brauche Peters Unterstützung, wenn ich Probleme habe. Außerdem ist seine Schwester Kostümbildnerin an einem Theater und könnte mir irgendwann von Nutzen sein. Beruhige dich, meine Liebe, beruhige dich und zeige etwas Interesse am Schicksal dieses armen Mädchens.
    »Na gut! Einverstanden. Das ist traurig. Wie alt war sie denn?«
    »Und tu nicht so, als würde es dich interessieren, das klingt so aufgesetzt, dass du noch monströser wirkst!«
    »Was soll ich denn sonst sagen?«, fragte Hortense und breitete die Arme aus, um ihre Ratlosigkeit zu verdeutlichen. »Ich habe dir doch gesagt, ich kannte sie nicht, ich bin ihr nie begegnet … Ich habe nicht mal ein Foto von ihr gesehen! Du möchtest, dass ich so tue als ob, und wenn ich so tue als ob, ist es auch nicht recht!«
    »Es wäre schön gewesen, wenn du eine Sekunde lang ein bisschen Menschlichkeit gezeigt hättest, aber das ist offensichtlich zu viel verlangt …«
    »Vielleicht. Ich habe schon vor langer Zeit aufgehört, mich mit dem Elend der Welt zu befassen. Es gibt zu viel davon, das überfordert mich. Nein, im Ernst, Peter, warum hat sie sich umgebracht?«
    »Sie hat ihr ganzes Geld an der Börse verloren … und das einer ganzen Reihe anderer Leute, das sie verwaltet hat …«
    »Aha …«
    »Sie ist vom Dach ihres Hauses gesprungen …«
    »War es hoch?«
    Und als er sie erneut mit einem vernichtenden Blick bedachte, setzte sie hinzu: »Ich meine … War sie sofort tot?«
    Sie erkannte, dass sie sich nur immer tiefer verstrickte, und beschloss, lieber den Mund zu halten.
    Das kommt davon, wenn man anderen etwas vormacht: Man wirkt nicht überzeugt, und das spüren die Leute.
    »Ja. So gut wie. Nach ein paar Zuckungen. Danke der Nachfrage.«
    Wenigstens hat sie nicht gelitten, sagte sich Hortense. Vielleicht hat sie es auf den letzten Metern bereut … Hätte am liebsten kehrtgemacht, gebremst … Es muss schrecklich sein, als Knochenbrei zu sterben. Man ist nicht mehr präsentabel. Der Leichenbestatter verschließt den Sargdeckel, damit einen niemand sehen kann. Sie dachte an ihren Vater und schnitt eine Grimasse.
    »Hortense, du musst dich unbedingt ändern …«
    Er ließ eine Minute verstreichen und fügte dann hinzu: »Ich habe darum gekämpft, dass du hier einziehen durftest …«
    »Ich weiß, ich weiß … aber so bin ich nun mal. Es fällt mir schwer, mich zu verstellen.«
    »Kannst du nicht einfach mal nett sein? Nur ein ganz kleines bisschen?«
    Bei dem Wort »nett« verzog Hortense angewidert das Gesicht. Sie hasste dieses Wort. Es stank ebenfalls. Sie dachte einen Moment nach, während Peter sie eindringlich und streng musterte.
    Wie funktioniert denn »nett sein«? Das habe ich noch nie probiert. Es

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