Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition)
alles klar bei dir?« und er antwortete »geht so!«.
»Soll ich dir was ganz Tolles erzählen?«
Er antwortete »wenn du willst …« mit einem mürrischen Smiley, und sie legte los. Sie erzählte ihm die Geschichte von dem schwarzen Notizheft, das ihre Mutter im Müll wiedergefunden hatte, und ließ ihrem Glück freien Lauf, damit er lächelte und sich mit ihr freute.
»Es ist ziemlich bescheuert, weißt du, aber in diesem Heft steht alles drin … Sogar das eine Mal, als wir im Wohnzimmerkamin Marshmallows gegrillt haben … Weißt du noch?«
»Du hast Glück, dass du eine Mutter hast, die sich um dich kümmert. Wenn ich an meine denke, krieg ich das Heulen. Sie hat einen Antiquitätenhändler kommen lassen, um die Möbel zu verkaufen, weil sie sagt, dass sie sie nicht mehr sehen kann, weil sie sie an ihr früheres Leben erinnern, aber ich weiß, es ist, weil sie kein Geld mehr hat. Sie hat die Stromrechnung nicht bezahlt, die Telefonrechnung nicht und auch den neuen Fernseher nicht, gar nichts. Sie zückt einfach ihre Kreditkarte, ohne Sinn und Verstand … Wenn Rechnungen kommen, legt sie sie in eine Schublade. Und wenn die Schublade voll ist, schmeißt sie alles weg, was darin ist … und fängt wieder von vorn an!«
»Das kommt schon wieder in Ordnung, deine Großeltern werden ihr helfen …«
»Die haben die Nase voll. Sie baut doch nur noch Mist … Weißt du, manchmal wünschte ich sogar, mein Vater wäre noch da …«
»Das kannst du doch nicht sagen … Du warst ständig sauer auf ihn …«
»Tja, und jetzt bin ich ständig sauer auf sie … Jetzt gerade hängt sie am Telefon und redet mit dem Glatzkopf … Du solltest mal hören, wie sie dabei lacht! So ein total gekünsteltes Lachen! Total anzüglich, das macht mich wahnsinnig, das kannst du dir nicht vorstellen! Und danach macht sie einen auf kleines Mädchen und schmollt.«
»Der Glatzkopf aus dem Internet? Trifft sie sich immer noch mit dem?«
»Sie sagt, er wär total toll und dass sie heiraten wollen. Ich fürchte das Schlimmste. Jedes Mal, wenn man glaubt, man hätte das Schlimmste hinter sich, fängt es wieder von vorn an, das kotzt mich so an, Zoé … Ich wünschte so sehr, ich hätte eine richtige Familie. Früher waren wir eine richtige Familie, aber jetzt …«
»Was machst du an Weihnachten?«
»Maman fährt mit dem Glatzkopf weg. Sie will uns allein zu Hause lassen. Sie sagt, sie will ein neues Leben anfangen, und es scheint, als wollte sie uns in diesem neuen Leben nicht dabeihaben. Sie schließt uns aus, aber dazu hat sie doch kein Recht! Ich habe gefragt, ob wir mitfahren können, und da hat sie gesagt, nein, ich will euch nicht dabeihaben. Ich will ganz von vorn anfangen. Und ganz von vorn anfangen heißt, ohne uns …«
»Das sagt sie doch nur, weil sie unglücklich ist. Die ganze Geschichte muss sie doch auch ziemlich mitgenommen haben … Vorher hat sie praktisch im Kloster gelebt, und jetzt ist sie plötzlich frei, kein Wunder, dass sie durcheinander ist.«
»… und dann erst mein Zimmer, es ist winzig, und Domitille benimmt sich unmöglich. Sie hängt nur noch mit irgendwelchen zwielichtigen Typen rum, das kann nicht lange gut gehen. Nachts klettert sie aufs Dach und raucht und telefoniert stundenlang mit ihrer Freundin Audrey. Die beiden haben Geld ohne Ende. Ich frage mich, wo das herkommt …«
»Komm doch über Weihnachten zu uns. Maman hat bestimmt nichts dagegen … und wenn deine Mutter sowieso nicht zu Hause ist …«
»An Heiligabend sind wir bei meinen Großeltern, sie fährt erst danach weg.«
»Dann kannst du doch danach kommen … Maman kann deine Großeltern anrufen, wenn du möchtest.«
»Lieber nicht … sie hat ihnen nämlich nicht gesagt, dass sie uns allein lässt. Sie hat gesagt, dass sie mit uns in Skiurlaub fährt, damit sie ihr Geld geben. Aber sie sind doch nicht bescheuert, natürlich kriegen sie das raus. Aber das ist ihr egal!«
»Und die anderen? Was sagen die dazu?«
»Charles-Henri sagt keinen Ton. Da kriegt man ja schon Angst, so stumm wie der ist! Und Domitille hat sich ›Audrey‹ ins Kreuz tätowieren lassen! Stell dir das mal vor! Wenn meine Großeltern das mitkriegen, sind wir tot! Sie stolziert nackt durchs Haus wie ein Hahn auf dem Mist, dabei ist sie nur ein elendes Teichhuhn, eine Gans ohne Schnabel, eine ekelhafte Pariser Straßentaube …«
»Mann, hast du ne Wut!«
»Und wenn sie gekifft hat, kriecht sie auf allen vieren herum und sagt Scheiße, muss das ein
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