Montana Creeds - Soweit die Sehnsucht trägt (German Edition)
tatsächlich in der Stadt sein, dann würde er sie auch bald wieder verlassen. Das war seine übliche Vorgehensweise: Er kam hereingestürmt und brach einer Frau das Herz, indem er mit seinem Stiefelabsatz darauf herumtrampelte, und dann verschwand er aufs Neue.
“Und keine Stunde später war Cassie im Supermarkt und hat Windeln und Kindernahrung gekauft, und zwar die unverschämt teuren Marken”, redete Mavis weiter, ehe Kristy etwas entgegnen konnte. “Das hat mir Julie Danvers erzählt, als sie vorbeikam, um sich die Fingernägel machen zu lassen.”
Dass sie Julie verpasst hatte, nahm Kristy erleichtert zur Kenntnis. Zwischen ihnen herrschte unterschwellige Feindseligkeit, zumindest von Julies Seite: Kristy war eine Weile mit ihrem Ehemann Mike verlobt gewesen, und der hatte die Trennung nicht gut verkraftet. Inzwischen hatten sie zwei Kinder, ein großes Haus und ein blühendes Geschäft, zudem kandidierte Mike für den Posten des Sheriffs. Es war für Kristy ein Rätsel, wieso Julie ihr die Vergangenheit noch immer nachtrug.
“Interessant”, sagte Julie. Sie kannte Mavis seit der ersten Grundschulklasse, und sie wusste, sie würde so lange auf sie einreden, bis eine Reaktion kam. Jeder in Stillwater Springs wusste, Kristy und Dylan waren einmal sehr verliebt gewesen. Mavis war keineswegs die Einzige in der Stadt, die ihr von Dylans Rückkehr berichten würde.
“Ich frage mich, warum Cassie solche Sachen für ein kleines Kind kauft, wenn sie nicht …”
“Mavis”, unterbrach Kristy sie. “Ich habe keine Ahnung.”
“Meinst du, du wirst dich mit ihm treffen?”
Kristy zuckte mit den Schultern. Es wäre albern gewesen, so zu tun, als wüsste sie nicht, von wem Mavis redete. “Vielleicht laufen wir uns in der Stadt mal über den Weg”, antwortete sie mit einer Gleichgültigkeit, die sie tief in ihrem Inneren allerdings nicht verspürte. “Das mit Dylan und mir gehört der Vergangenheit an.”
“Das mit Mike Danvers auch”, gab Mavis zurück. “Trotzdem springt Julie jedes Mal aus dem Hemd, wenn er nur deinen Namen erwähnt. Was offenbar ziemlich oft vorkommt.”
Eine Erwiderung darauf musste sich Kristy gut überlegen. Alles was sie sagte, wurde von Mavis über deren persönliches Netzwerk weiterverbreitet, kaum dass sie bezahlt und den Salon verlassen hatte. “Das ist doch albern! Mike und Julie sind schon so lange verheiratet. Die beiden haben zwei wundervolle Kinder und führen ein wunderbares Leben. Stillwater Springs ist eine Kleinstadt, und wahrscheinlich sagt er jeden Tag alle möglichen Namen.”
“Na ja”, meinte Mavis hartnäckig. “Ich dachte, du würdest dich wenigstens ein bisschen darüber wundern, wieso Cassie Windeln kauft und wieso Dylan Creeds Truck so früh am Morgen bei ihr vor dem Haus parkt, dass er mitten in der Nacht angekommen sein muss …”
“Ich wundere mich gar nicht”, widersprach Kristy energisch, auch wenn sie in Wahrheit ganz anders darüber dachte. Sollte Dylan ein Kind haben, wäre das der Gipfel der Ungerechtigkeit.
Sie
war diejenige, die sich nach einem Rudel Kinder sehnte. Dylan hatte nie sesshaft werden wollen, sondern nur so getan, weil das seinen Absichten dienlich war. “Was Dylan Creed macht oder auch nicht macht, interessiert mich kein bisschen.”
“Unsinn”, beharrte Mavis. “Deine Ohren sind schon ganz rot angelaufen.”
“Das liegt nur daran, dass du mich andauernd mit der Schere in meine Ohren stichst. Bist du jetzt eigentlich endlich fertig? Ich muss zurück zur Bibliothek.”
Mavis schnaubte mürrisch. “Zur
Bibliothek
! Mein Gott, Kristy! In der Highschool warst du Cheerleader. Du warst die Königin beim Abschlussball! Du warst Miss Rodeo Montana
und
die zweitplatzierte Miss Rodeo America! Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet Kristy Madison sich einen Job aussucht, für den sich nur alte Jungfern interessieren?”
“Um Himmels willen, Mavis!” Kristy war kurz davor, von ihrem Stuhl zu springen, sich den Plastikumhang abzureißen und mit den Klammern im Haar auf die Straße zu laufen. “Einige von uns haben die Zeit an der Highschool inzwischen hinter sich gelassen. Und was ist denn so schlimm daran, als Bibliothekarin zu arbeiten?”
Im Spiegel konnte sie sehen, wie Mavis’ spitzes, schmales Gesicht einen traurigen Ausdruck annahm. “Gar nichts”, sagte sie leise.
“Tut mir leid”, murmelte Kristy, die ihren Wutausbruch sofort bereute. “Ich wollte dich nicht anbrüllen. Es ist nur so …”
“Es ist nur
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