Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Montauk: Eine Erzählung (German Edition)

Montauk: Eine Erzählung (German Edition)

Titel: Montauk: Eine Erzählung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Frisch
Vom Netzwerk:
Trudy
15,–
Hemden
34,–
Haushalt
350,–
September 1943
Einnahmen/Ausgaben
Velo für mich
352,–
Zeichenware
40,–
Zeichentischböcke
33,–
Buchbinder
7,50
Taschengeld in Militär
50,–
Haushalt
350,–
Lohnausgleichskasse
190,96
Honorar Verlag
32,–
Schweizer Rundschau
20,–
Büro-Stempel
42,–
Konzert mit Trudy
14,–
    Die Idee, daß der Lohn sich nach den Bedürfnissen bemessen sollte, ist mir nicht geläufig. Man muß eben nach seinem Einkommen leben. Ich sehe es einem Restaurant einfach an, daß es ein Restaurant für andere Leute ist; ich brauche nicht einmal das Menü an der Türe zu lesen, um zu wissen: Da passe ich nicht hin, selbst wenn ich grad das Geld in der Tasche habe. Eine Folge von Geldmangel kann ich nicht vergessen, denn ich trage sie im Mund, meine Zähne. Zu der Zeit des ersten Studiums, als ich meinen Unterhalt verdiene mit Zeilenhonorar, fehlt das Geld für einen richtigen Zahnarzt; Studenten der Zahnheilkunde üben sich an meinen Zähnen und erlernen die Wurzelbehandlung, gratis. Die Folgen zeigen sich später, als auch Geld nichts mehr retten kann. Lange Zeit, bis zum dreißigsten Lebensjahr, habe ich keine Reichen kennengelernt, abgesehen von W., meinem Schulfreund und Förderer; ich habe Reichtum nur von außen gesehen und ohne Vorstellung, woher er kommt, und ohne Neid. Eine Villa mit Park wäre nichts für mich, dafür muß man geboren sein. Es ist nur ein Mal vorgekommen, daß ich Hunger habe, weil ich ohne Geld bin, und nur drei Tage lang, 1933 in Prag; ich habe noch eine tschechische Krone und schaue in die Schaufenster der Bäckereien, um jedes Mal festzustellen, daß ich doch keinen Hunger verspüre; ich weiß bloß nicht, was ich anfangen soll mit diesen Tagen, es interessiert mich kein Museum, die ganze Stadt nicht. 1942 heirate ich eine Architektur-Kollegin, weil ich sie liebe, Tochter aus großbürgerlichem Haus, Gertrud Constanze v. Meyenburg. Der Verdacht der Freunde, daß ich Geld heirate, berührt mich nicht; ihr Elternhaus, ein großes Landgut, verbindet herrschaftliche Würde mit Sparsinn. Die Braut bekommt ihre Aussteuer, wie es der Brauch verlangt, Möbel und Wäsche für ein Leben und Silber; der Bräutigam hat das Küchenzeug zu liefern. Ferner bekommt sie ein Hochzeitsfest, wie es die Familie sich schuldet (ich trage zum ersten und letzten Mal einen Frack) und einen Vorschuß auf ihre Erbschaft. 120 000 Franken, soviel ich weiß. Ob ich davon hätte abheben können, weiß ich nicht; jedenfalls habe ich es nie getan. Solche Summen stehen mir nicht zu. Mein Einkommen ist zu dieser Zeit ordentlich; es reicht für Miete und Haushalt. Ein Kinderfräuleinallerdings zahlt sie aus ihrem Konto, und ich finde, dazu sei ihr Konto da; ein Säugling ist mühsam. Es sei nicht vergessen: als ich ein eigenes Architektur-Büro gründe, erhalte ich zwei Räume in einem alten Haus, das einer Tante gehört, ohne Mietzins. Auch der Schwiegervater ist hilfsbereit; er versteht, daß ich das Stück, das als erstes in Zürich aufgeführt worden ist, gerne gedruckt sehen würde, und als mein damaliger Verleger, Martin Hürlimann, es nicht ohne Druckzuschuß zu drucken wagt, will mir der Schwiegervater die tausend Franken schenken. Ich bin nur zu stolz; zu dieser Zeit halte ich mein Stück ( NUN SINGEN SIE WIEDER ) für ein bedeutendes Stück, das ohne Zuschuß gedruckt zu werden verdient. In späteren Jahren, als wir einmal am Sonntag auf das elterliche Landgut fahren, um mit den Kindern zu baden im See, sind die Schwiegereltern nicht da; wir lassen uns von der Köchin ein kaltes Picnic geben und genießen den Tag; danach erhalte ich einen Brief von ihrem Vater, einen strengen und ernsten Brief: das dürfe nicht wieder vorkommen, sein Haus sei kein Hotel. Es kommt auch nie wieder vor. Das ist nicht Geiz, sondern Stil. Ich erinnere mich an einen Fall von Geiz: ein sehr reicher Kunsthändler (Europäer) in Berkeley, dessen Gast ich einige Tage lang bin, zeigt dem Neuling in Amerika, wie man im Bus die nötige Münze in den Apparat wirft, welche Münze; als ich’s gesehen und für alle Zukunft begriffen habe und danke, erbittet er sich die Münze von mir zurück, ONE DIME . Ich habe wenig in die erste Ehe gebracht, eine Couch, eine Decke zu dieser Couch, die Schreibmaschine, Bücher, einen Schreibtisch aus dem Brockenhaus, einen kleineren Teppich, zwei Zeichentische auf Böcken, eine Lampe etc. und zudem bin ich der schuldige Teil, als es nach dreizehn Jahren zur Trennung kommt, zur

Weitere Kostenlose Bücher