Montgomery & Stapleton 05 - Das Labor des Teufels
Darlene mochte keine Krankenhäuser, und außer zur Geburt ihres Sohnes war sie noch nie in einem gewesen. Aber die Geburt hatte mit Glück und Vorfreude zu tun gehabt. Jetzt war die Situation ganz anders und schüchterte sie ein.
Sie drehte den Kopf und blickte nach oben, wo die Infusionsflüssigkeit geräuschlos von der Flasche in einen ausgebeulten Bereich des Schlauchs tropfte. Das hatte etwas Hypnotisierendes, und nach ein paar Minuten hatte sie schon Mühe, den Blick wieder abzuwenden. Das Beruhigende war, dass an dem Infusionsschlauch eine kleine Pumpe mit Morphium hing, was hieß, dass sie sich in gewisser Weise selbst das Medikament verabreichen konnte. Bisher hatte sie es nur zweimal getan.
Über dem Fußende ihres Bettes hing ein Fernseher, den sie einschaltete, um sich nicht ganz alleine zu fühlen. Es lief das lokale Abendprogramm. Sie drehte den Ton ab, weil sie nur zuschauen wollte, denn sie fühlte sich noch ziemlich mitgenommen von der Narkose am Morgen und den Schmerzmitteln. Das Gerät bog unaufhörlich ihr Bein, das ihr jedoch wie außerhalb ihrer selbst liegend vorkam, als gehörte es jemand anderem.
Eine Stunde verging in einem Zustand irgendwo zwischen Wachen und Schlafen – mehr in Richtung Schlafen, wenn sie es schaffte, still zu liegen, und mehr in Richtung Wachen, wenn sie zufällig ihr Bein bewegte. Nur am Rande bekam sie mit, dass die Lokalnachrichten zu Ende waren und die Letterman-Show begonnen hatte.
Irgendwann wurde Darlene von einer Schwesternhelferin wachgerüttelt. Sie biss die Zähne zusammen, weil sie ihre Schenkelmuskeln vor Schreck verkrampft hatte.
»Haben Sie seit der Operation schon Wasser gelassen?«, fragte die Schwesternhelferin, eine übergewichtige Frau mit strähnigem, rotem Haar.
Darlene versuchte nachzudenken. Eigentlich konnte sie sich nicht daran erinnern, was sie auch zum Ausdruck brachte.
»Ich glaube, Sie hätten sich erinnert, wenn Sie Wasser gelassen hätten. Also müssen Sie es jetzt tun. Ich hole die Bettpfanne.« Die Schwesternhelferin kam mit der Edelstahlpfanne zurück und stellte sie auf den Bettrand neben Darlenes Hüfte.
»Ich muss nicht«, wehrte sich Darlene. Sie hatte absolut keine Lust, sich zu bewegen, um sich die Bettpfanne unterschieben zu lassen. Schon der Gedanke daran ließ sie zusammenzucken. Der Chirurg hatte gesagt, es könnte nach der Operation etwas unangenehm werden. Was für eine Untertreibung!
»Sie müssen aber Wasser lassen«, behauptete die Schwesternhelferin und blickte auf ihre Uhr, als hätte sie keine Zeit für Diskussionen.
Das Verhalten der Schwesternhelferin in Kombination mit der Wirkung von Narkose und Schmerzmitteln sorgten dafür, dass Darlene in Rage geriet. »Lassen Sie die Bettpfanne da, ich mache das später.«
»Nein, Sie tun es jetzt. Ich habe meine Anweisungen von oben.«
»Dann sagen Sie denen da oben, wer auch immer das ist, dass ich es später tue.«
»Ich hole die Krankenschwester, und ich kann Ihnen schon jetzt sagen, dass sie Widerspenstigkeit nicht duldet.«
Die Schwesternhelferin verschwand wieder. Darlene schüttelte den Kopf und schob die eiskalte Bettpfanne zur Seite. »Widerspenstigkeit« war ein Wort, das sie mit der Grundschule in Verbindung brachte.
Fünf Minuten später platzte die Krankenschwester mit der Schwesternhelferin im Schlepptau ins Zimmer. Darlene erschrak. Anders als die Schwesternhelferin war die Krankenschwester groß und schlank und hatte exotische Augen. Sie stemmte die Hände in die Hüfte und beugte sich über Darlene. »Die Schwesternhelferin sagt, Sie würden sich weigern, Wasser zu lassen.«
»Ich weigere mich nicht. Ich habe gesagt, ich würde es später tun.«
»Sie tun es jetzt oder wir legen Ihnen einen Katheter. Ich denke, Sie wissen, was das bedeutet.«
Ja, Darlene hatte eine Ahnung davon, und es erschien ihr ganz und gar nicht verlockend. Die Schwesternhelferin ging um das Bett herum auf die andere Seite. Darlene fühlte sich bedrängt.
»Nun sind Sie dran«, meinte die Krankenschwester, als Darlene nicht antwortete. »Ich würde Ihnen raten, ganz schnell Ihren Hintern hochzuheben.«
»Ein bisschen Einfühlungsvermögen könnte nicht schaden«, schlug Darlene vor, als sie die Hände neben ihre Hüften legte und langsam ihren Hintern nach oben stemmte.
»Ich habe zu viele Patienten, um noch einfühlend sein zu können, wenn’s nur ums Wasserlassen geht«, erwiderte die Krankenschwester. Sie überprüfte die Infusion, während die Schwesternhelferin
Weitere Kostenlose Bücher