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Montgomery & Stapleton 05 - Das Labor des Teufels

Montgomery & Stapleton 05 - Das Labor des Teufels

Titel: Montgomery & Stapleton 05 - Das Labor des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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sie nicht mehr würde helfen können, falls Shelly im Schlamm versank, konnte sie nicht einfach stehen bleiben und zusehen, wie sich die Tragödie vor ihren Augen abspielte. Während sie rannte, blickte sie sich hektisch nach einem langen Stock oder einem Balken um, an dem sich ihr Bruder notfalls festhalten konnte, doch in der kahlen Landschaft gab es nur nackte Felsen.
    Doch plötzlich blieb Shelly drei Meter vor dem treibsandartigen Ufer stehen und drehte sich zu Laurie um. Er lächelte genauso, wie er immer gelächelt hatte, als sie noch Kinder gewesen waren.
    Keuchend, aber erleichtert blieb auch Laurie stehen. Sie wusste nicht, ob sie froh oder wütend sein sollte. Doch bevor sie etwas sagen konnte, drehte sich Shelly wieder um und rannte weiter.
    »Nein!«, rief Laurie. Doch diesmal erreichte Shelly den See und rannte so weit hinein, wie er konnte, bevor seine Beine im Morast versanken. Er drehte sich um, lächelte aber nicht mehr. Panik sprach aus seinem Gesicht. Er streckte den Arm nach Laurie aus, die am trockenen Ufer stehen geblieben war und nach einem Gegenstand suchte, den sie nach ihm ausstrecken konnte. Doch da war nichts. Schnell und erbarmungslos verschlang der Schlamm ihren Bruder, der seine flehenden Augen auf sie gerichtet hatte, bis nur noch eine Hand vergebens in die Luft ragte. Schließlich war auch sie verschwunden.
    »Nein, nein, nein!«, rief Laurie, doch ihre Stimme wurde von einem schrillen Klingeln übertönt, das sie aus ihrem Schlaf riss. Schnell streckte sie die Hand aus, brachte ihren alten Wecker zum Schweigen und ließ sich wieder aufs Bett fallen. Keuchend und schwitzend blickte sie an die Decke. Es war ein vertrauter Albtraum gewesen, den sie schon seit mehreren Jahren nicht mehr gehabt hatte.
    Sie setzte sich auf und schwang die Füße aus dem Bett. Sie fühlte sich furchtbar. Sie war in der Nacht viel zu lange aufgeblieben und hatte wie unter Zwang ihre Wohnung in Schuss gebracht. Sie hatte gewusst, dass es dumm war, um diese Uhrzeit zu putzen, aber es war wie eine Therapie für sie gewesen. Die echten und die sprichwörtlichen Spinnweben hatten beseitigt werden müssen.
    Wie sehr sich doch ihr Leben in achtundvierzig Stunden geändert hatte! Obwohl sie darauf vertraute, dass ihre Freundschaft mit Jack immer eng bleiben würde, war ihre Intimbeziehung möglicherweise vorbei. Sie musste realistisch bleiben, was ihre Bedürfnisse und seine Wirklichkeit anging. Darüber hinaus machte sie sich Sorgen um die Gesundheit ihrer Mutter, aber auch um ihre eigene.
    Sie stand auf und ging in das winzige Badezimmer, wo sie mit der Morgenroutine begann: duschen, Haare waschen und föhnen, das bisschen Schminke auflegen, an das sie sich mittlerweile gewöhnt hatte – ein Hauch Rouge, etwas Lidschatten und einen unauffälligen Lippenstift. Als sie fertig war, blickte sie sich im Spiegel an – und war alles andere als zufrieden mit sich. Sie wirkte müde und gestresst, obwohl sie versuchte, es zu verbergen, aber selbst etwas mehr Rouge und ein paar Tupfer Abdeckcreme schufen keine wirkliche Abhilfe.
    Laurie hatte – abgesehen von der kurzen Bulimie-Phase während ihrer Zeit an der Highschool – noch nie gesundheitliche Probleme gehabt und Gesundheit immer als etwas Selbstverständliches betrachtet. Doch nun hatte die bedrohliche Aussicht, dass sie den Marker für die BRCA1-Mutation in sich tragen könnte, plötzlich alles verändert. Der Gedanke war beängstigend, dass sich das Erbgut in jeder einzelnen ihrer Billionen von Zellen heimlich zu einem genetischen Komplott verabreden könnte. Sie hatte gehofft, dass die Recherche vom Vorabend sie beruhigen würde, aber dem war nicht so gewesen. Jetzt wusste sie zwar vom akademischen Standpunkt aus viel über das BRCA1-Problem – nämlich dass das Gen normalerweise als Tumorhemmer diente –, aber in seiner mutierten Form das Gegenteil bewirkte, doch leider waren die theoretischen Informationen keine große Hilfe, wenn sie das Thema von der persönlichen Seite aus betrachtete und vor allem mit ihrem Wunsch nach Kindern in Einklang zu bringen versuchte. Sich prophylaktisch die Brüste abnehmen zu lassen, war schrecklich genug, aber noch schlimmer war, auch noch ihre Eierstöcke zu verlieren. Das hieß Kastration. Denn zu ihrem Schrecken hatte sie auch noch gelesen, dass sie mit diesem BRCA1-Marker nicht nur ein erhöhtes Risiko in sich trug, vor dem achtzigsten Lebensjahr an Brustkrebs zu erkranken, sondern auch eine höhere Wahrscheinlichkeit,

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