Montgomery & Stapleton 05 - Das Labor des Teufels
Obduktionen vorgenommen hat?«
»Ich glaube nicht, dass ich das jemals gewusst habe. Ich habe kaum Kontakt zu den Ärzten, nur zu Ihnen und Dr. Stapleton.«
»Erinnern Sie sich, was schließlich die offizielle Todesursache war?«, wollte Laurie noch wissen.
»Tut mir Leid. Ich weiß ja noch nicht einmal, ob die Untersuchungen schon abgeschlossen wurden. Manchmal verfolge ich die Fälle, wenn sie mich interessieren, aber bei den beiden, über die wir hier reden, war das nicht der Fall. Ich muss gestehen, dass sie damals nach Routinefällen ausgesehen haben, nach unerwarteten Herzproblemen. Aber Routine und etwas Unerwartetes ist ein Widerspruch in sich, deswegen ist Routine vielleicht nicht das richtige Wort. Ich meine, Menschen sterben im Krankenhaus, so tragisch das auch sein mag, und oft sterben sie nicht an dem Problem, wegen dem sie ursprünglich eingeliefert wurden. Erst heute Morgen, als ich den Morgan-Fall aufgenommen habe und mir die Sache mit den Pflegehelferinnen aufgefallen ist, habe ich mich an die anderen Fälle erinnert.«
»Wie hießen sie?«, fragte Laurie schon ganz aufgeregt. Diese unerwartete, seltsame, aber möglicherweise wichtige Information war genau der Grund, warum sie mit Janice hatte reden wollen. Das verstärkte ihren Eindruck, dass ihre gerichtsmedizinischen Kollegen, die nicht auf die Erfahrung und den Sachverstand der forensischen Ermittler und Sektionsgehilfen vertrauten, wichtige Erkenntnisse außer Acht ließen.
»Solomon Moskowitz und Antonio Nogueira. Ich habe sie mitsamt der Eingangsnummer notiert.« Janice reichte Laurie einen Zettel.
Laurie las die Namen. Ob sie sich von ihren eigenen persönlichen Problemen ablenken wollte, wusste sie nicht. Aber was sie wusste, war, dass sie hier ein anderes entdeckt hatte.
»Danke, Janice. Alle Achtung, ich muss schon sagen, die Fälle miteinander in Beziehung zu bringen, könnte wichtig sein.« Laurie meinte ihr Lob ernst. Eins der Probleme war, dass es im Institut acht Gerichtsmediziner gab, zwischen denen solche Zusammenhänge verloren gingen. Es gab zwar am Donnerstagnachmittag eine Konferenz, in der Fälle in einem offenen Forum diskutiert wurden, aber normalerweise wurden eher die akademisch interessanten oder die makabren besprochen.
»Nicht der Rede wert«, wehrte Janice ab. »Mir ist es einfach nur wichtig, zu spüren, dass ich zum Team gehöre und meinen Beitrag leiste.«
»Das tun Sie mit Sicherheit«, bestätigte Laurie. »Ach, übrigens, wenn Sie das Krankenblatt von Morgan anfordern, könnten Sie dann auch gleich nach denen von Moskowitz und Nogueira fragen?«
»Ja, gern.« Janice machte sich einen Vermerk auf einem Haftzettel, den sie seitlich an ihren Bildschirm klebte.
Aufgeregt eilte Laurie aus dem Büro der forensischen Ermittler und fuhr mit dem Fahrstuhl in den vierten Stock. Die Sorgen um BRCA1 und selbst um Jack waren in den Hintergrund gerückt. Sie hielt den Blick auf die beiden Namen auf dem Blatt geheftet, das Janice ihr gegeben hatte. Plötzlich nicht mehr von einem, sondern von gleich vier seltsamen Fällen auszugehen, war ein riesiger Sprung. Die Frage war schlicht, ob diese vier Fälle tatsächlich einen gemeinsamen Nenner hatten. Für Laurie lag genau in solchen Themen das Wesen der gerichtsmedizinischen Arbeit. Wenn der Zusammenhang darin bestand, dass das gleiche Medikament verabreicht oder dieselbe Maßnahme angewandt worden war und sie das herausfinden würde, könnte sich daraus die Möglichkeit ergeben, weitere Todesfälle zu verhindern. Außerdem würde sie herausfinden, ob es sich um einen Unfall oder um Mord handelte, was ihr schon jetzt einen Schauder über den Rücken jagte.
Als Laurie ihr Büro betrat, hängte sie rasch ihren Mantel hinter die Tür und setzte sich an ihren Rechner. Dort gab sie die Zugangsnummern der beiden Fälle ein und erfuhr, dass keiner der beiden bisher abgeschlossen worden war. Sie war aber leicht enttäuscht, als sie die Namen der beiden Ärzte las, die die Obduktionen vorgenommen hatten: Antonio Nogueira war von George Fontworth obduziert worden und Solomon Moskowitz von Kevin Southgate. Da Laurie vorher Southgate unten im ID-Raum gesehen hatte, griff sie zum Telefon und wählte seine Nummer. Nach fünfmaligem vergeblichem Klingeln legte sie wieder auf, fuhr mit dem Fahrstuhl ins Erdgeschoss und ging in den ID-Raum. Wie sie gehofft hatte, war Kevin noch dort und unterhielt sich mit Arnold. Geduldig wartete sie, bis sie in ihrer lebhaften Unterhaltung eine Pause
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