Montgomery & Stapleton 07 - Die Seuche Gottes
habe. Aber eines muss ich doch noch loswerden: Wenn ein Arzt dir sagt, dass du nach einer Operation nichts weiter als ein paar kleinere Beschwerden hast, dann glaub ihm kein Wort. Chirurgen lügen wie gedruckt. Aber abgesehen davon geht es mir, schätze ich mal, ganz gut. Es fällt mir bloß schwer, abends zum Wohnzimmerfenster rauszuschauen und zuzusehen, wie die Jungs sich da unten vergnügen. Da komme ich mir jedes Mal wie ein kleiner Junge mit Hausarrest vor.«
»Wie sieht’s bei dir aus, Laur?«, erkundigte Lou sich jetzt und drehte ihr den Kopf zu. Laur, so hatten Lous Kinder sie immer genannt, vor fünfzehn Jahren, als Lou und sie sich kennengelernt hatten.
Laurie setzte eine fragende Miene auf. »Mir geht es sehr viel besser als die Leute meinen. Das ist bestimmt eine Nebenwirkung des Rohypnol. Ich meine, ich habe ja schon gehört, dass Date-Rape-Pillen oft einen erheblichen Gedächtnisverlust bewirken, aber ich hatte keine Ahnung, dass man sogar Dinge vergisst, die vor der Einnahme des Mittels passiert sind. Ich kann mich nur noch vage daran erinnern, wie ich Osgood begegnet bin und dass er mich in diesen Lagerraum eingesperrt hat. Ich weiß gar nicht mehr, wie ich da eigentlich rausgekommen bin, aber dass dieser … Wie heißt er doch gleich? … hinter mir her war, das weiß ich wieder.«
»Adam Williamson«, warf Lou dazwischen. »Eine tragische Figur, wenn ich das hinzufügen darf. Zumindest in gewisser Hinsicht. Ein Irak-Veteran, der im Krieg die Hölle durchgemacht und aufgrund dessen eine ganze Reihe psychischer Probleme hat.«
»Hat er überlebt?«, wollte Jack wissen. Ihm war aufgefallen, dass Lou im Präsens gesprochen hatte.
»Ja, hat er. Er wird durchkommen. Was wir aber noch nicht wissen, ist, ob er sich auf einen Handel mit uns einlassen wird oder nicht. Ich meine, wir kriegen ihn auf jeden Fall wegen Mordversuchs und Verschwörung zum Mord dran. Du weißt doch noch, dass er drauf und dran war, dich zu erschießen, oder, Laurie?«
»Das hat man mir erzählt. Gibt es dafür auch Zeugen?«
»Zwei Stück, und zwar vertrauenswürdige«, sagte Lou. »Der Gipfel der Ironie bei dem allem ist, dass ausgerechnet Angelo Facciolo dir das Leben gerettet hat, indem er auf Williamson geschossen hat, bevor der dich erschießen konnte.«
»Das weiß ich überhaupt nicht mehr«, meinte Laurie. »Ehrlich gesagt, das Nächste, woran ich mich erinnern kann, ist, wie ich im Krankenhaus langsam aufgewacht bin.«
»Das ist eigentlich ganz gut«, sagte Lou. »Als wir nämlich mitten in der Upper New York Bay auf euch gestoßen sind, da hatten sie dir gerade ein paar, wie man früher gesagt hat, Zementschuhe verpasst.«
»Das habe ich schon gehört«, meinte Laurie schaudernd.
»Da fällt mir ein«, sagte Jack. »Erstens: Woher hast du gewusst, dass sie überhaupt da draußen ist? Und zweitens: Nachdem du es gewusst hast, wie, verdammt noch mal, hast du sie in der Dunkelheit bloß gefunden?«
»Das ist das Beste«, erwiderte Lou. »Und wenn ich ehrlich sein soll, ich habe meinen bescheidenen Anteil dazu beigetragen. Die Wasserleiche, die wir am Montagabend aus dem Fluss gefischt haben, hat uns einen Heidenschrecken eingejagt. Ich habe euch doch erzählt, dass ich schon Angst hatte, dass uns ein Bandenkrieg bevorsteht. Als ich dann gehört habe, dass Vinnie Dominick angeblich dahinterstecken soll, habe ich bei Paulie Cerinos Leuten vorbeigeschaut und ihnen auf den Zahn gefühlt. Ich dachte, sie stecken vielleicht mit der Wasserleiche unter einer Decke. Das war zwar nicht der Fall, aber die Vaccarros sind immerhin so unruhig geworden, dass sie angefangen haben, Vinnies wichtigste Vollstrecker, Angelo und Franco, zu beschatten. Dabei haben sie festgestellt, dass Vinnie eine ziemlich große Jacht versteckt hält, um sie für irgendwelche widerlichen Zwecke zu missbrauchen. Aber jetzt kommt das Schlaueste an der ganzen Geschichte. Die Vaccarros haben sich nämlich überlegt, wie sie die Stadt, also mich, dazu kriegen könnten, sie von ihrer Konkurrenz in Gestalt von Vinnie zu befreien. Dann haben sie heimlich einen GPS-Peilsender auf der Jacht angebracht und die nächstbeste Gelegenheit abgewartet. Louie Barbera, der die Vertretung für Paulie Cerino übernommen hat, hat mich am Donnerstagabend angerufen, als ich kurz vorm Verzweifeln war. Er hat mir eine Webseite, ein Passwort sowie einen Benutzernamen genannt. Außerdem hat er mir verraten, was seiner Meinung nach wohl demnächst geschehen würde, damit wir
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