Montgomery u Stapleton 03 - Chromosom 6
möglich machen?« An Esteban gewandt, fügte er hinzu: »Kommen Sie und Ihre Frau doch auch mit! Dann sind wir eine richtig nette Gruppe.«
»Meinen Sie das im Ernst?« fragte Esteban. Laurie zog ein genauso ungläubiges Gesicht wie ihr Gastgeber.
»Selbstverständlich«, versicherte Jack. »Es gibt keine bessere Art, ein Land kennenzulernen, als mit ehemaligen Einheimischen zu reisen. Das ist kein Geheimnis. Ach, da fällt mir noch etwas ein - brauchen wir eigentlich Visa?«
»Ja«, erwiderte Esteban. »Aber die äquatorialguinesische Botschaft hat ihren Sitz hier in New York. Alles was man für ein Visum braucht, sind zwei Paßbilder, fünfundzwanzig Dollar und eine Bankbestätigung, aus der hervorgeht, daß man kein armer Schlucker ist.«
»Und wie kommt man am günstigsten nach Äquatorialguinea?« fragte Jack.
»Wenn man nach Bata will, fliegt man am besten über Paris«, erklärte Esteban. »Von Paris geht jeden Tag ein Flug nach Duala in Kamerun, und von dort gibt es täglich Flüge nach Bata. Man kann auch über Madrid fliegen, allerdings nur zweimal die Woche und auch nicht nach Bata, sondern nach Malabo auf Bioko.«
»Dann fliegen wir also über Paris«, rief Jack überschwenglich. »Teodora!« rief Esteban seiner Frau in der Küche zu. »Komm doch mal her!«
»Du bist vollkommen wahnsinnig!« stellte Warren an Jack gewandt fest. »Ich weiß es seit dem Tag, an dem du zum ersten Mal bei uns auf dem Basketball-Court aufgekreuzt bist. Aber du gefällst mir immer besser, Alter!«
Kapitel 17
7. März 1997, 6.15 Uhr
Cogo, Äquatorialguinea
Kevins Wecker klingelte um Viertel nach sechs. Draußen war es noch stockdunkel. Er krabbelte aus seinem Moskitonetz, knipste das Licht an und suchte seinen Bademantel und seine Hausschuhe. Sein Mund war trocken und fühlte sich von innen an wie Watte. Außerdem dröhnte ihm der Kopf, was ihn daran erinnerte, wieviel Wein er am Abend zuvor getrunken hatte. Mit zittrigen Händen setzte er sich die Wasserflasche an den Mund, die neben seinem Bett stand. Als er seinen Nachdurst gestillt hatte, schlurfte er mit wackligen Beinen zu den beiden Gästezimmern und klopfte an die Türen. Die beiden Frauen und er waren am vergangenen Abend zu dem Schluß gekommen, daß sie die Nacht am besten alle bei ihm verbrachten. Zum einen hatte er genug Platz, zum anderen wollten sie mit ihrem Aufbruch am frühen Morgen kein Aufsehen erregen. Daher hatte er die beiden fröhlich gelaunten Frauen gegen dreiundzwanzig Uhr unter lautem Gelächter zu ihren jeweiligen Wohnungen gefahren, damit sie ihre Utensilien für die Nacht, Kleidung zum Wechseln und die Proviantpakete aus der Kantine zusammenpacken konnten. Während Melanie und Candace ihre Sachen zusammengesucht hatten, hatte er selbst einen Abstecher zu seinem Labor gemacht, um das Ortungsgerät, den Positionsbestimmer, eine Taschenlampe und die Höhenlinienkarte zu holen. Als sich nach seinem ersten sanften Anklopfen in keinem der Gästezimmer etwas rührte, pochte er kräftiger gegen die Tür, bis er schließlich von jeder der Frauen eine Antwort erhielt. Er vermutete, daß sie ebenfalls einen Kater hatten, denn sie brauchten ziemlich lange, bis sie endlich in der Küche erschienen. Sie schenkten sich Kaffee ein und tranken den ersten großen Becher, ohne ein Wort miteinander zu wechseln. Nach dem Frühstück ging es ihnen schon viel besser. Als sie Kevins Haus verließen, waren sie sogar regelrecht in Hochstimmung; sie hatten das Gefühl, zu einem Urlaubstrip aufzubrechen. Das Wetter war so gut, wie man es in diesem Teil der Welt erwarten würde. Es dämmerte inzwischen, und an dem rosa und silbern gefärbten Himmel waren kaum Wolken zu sehen. Im Süden zogen ein paar kleine Schäfchenwolken dahin, am westlichen Horizont baute sich eine bedrohliche lila Wolkenwand auf, doch sie befand sich so weit draußen über dem Ozean, daß sie wohl kaum vor Anbruch der Dunkelheit die Küste erreichen würde.
Während sie zum Ufer hinuntergingen, staunten sie über die vielfältige Vogelwelt. Sie sahen Vögel in den schillerndsten Farben. Es gab grüne Turakos, bunte Papageien, Webervögel, afrikanische Fischadler und eine Art afrikanischer Amsel. Der ganze Urwald war erfüllt von lautem Gezwitscher. Der Ort wirkte verlassen. Es waren weder Menschen noch Autos unterwegs, die Fensterläden waren noch überall verschlossen. Die einzige Menschenseele, die sie sahen, war ein Einheimischer, der in der Chickee Hut Bar den Fußboden schrubbte.
Weitere Kostenlose Bücher