Montgomery u Stapleton 03 - Chromosom 6
alten Gummireifen tobten nackte Kinder zwischen den umherlaufenden Hühnern.
»Nicht ganz so komfortabel wie im Four Seasons«, bemerkte Jack.
Laurie griente. »Mir gefällt es hier. Es ist doch nett. Vor allem ist es sauber. Am meisten Angst hatte ich vor irgendwelchem Ungeziefer.«
Die Eigentümer des Hotels, Estebans Schwager Florenico und dessen Frau Celestina, hatten ein Festessen vorbereitet. Als Hauptgericht gab es einen einheimischen, frisch gefangenen Fisch, der mit einem rübenartigen Gemüse namens »malanga« serviert wurde. Zum Nachtisch wurde eine Art Pudding mit exotischen Früchten gereicht. Dazu gab es jede Menge eisgekühltes Bier aus Kamerun.
Die Kombination aus reichlichem Essen und mehreren Flaschen Bier forderte ihren Tribut. Es dauerte nicht lange, bis den müden Reisenden die Augen zufielen. Mit einer letzten Kraftanstrengung schleppten sie sich die Treppe hinauf in ihre jeweiligen Zimmer. Am nächsten Morgen wollten sie früh aufstehen und in Richtung Süden aufbrechen.
Erschöpft stieg Bertram die Treppe hinauf zu Siegfrieds Büro. Es war fast halb neun abends, und er war bereits um halb sechs in der Frühe aufgestanden, um mit den Tierfängern nach Isla Francesca aufzubrechen und die große Rückholaktion zu starten. Sie hatten den ganzen Tag gearbeitet und waren erst vor einer halben Stunde zur Tiersektion zurückgekehrt.
Da Aurielo längst Feierabend gemacht hatte, betrat Bertram das Büro des Zonenmanagers ohne Vorankündigung. Siegfried stand mit einem Fernglas in der Hand an einem der zum Platz hinausgehenden Fenster. Er hatte das Krankenhaus ins Visier genommen. Außer einer in einem der Totenschädel flackernden Kerze brannte kein weiteres Licht im Büro; es war genauso düster wie drei Abende zuvor. Durch den rotierenden Deckenventilator flackerte die Flamme wild hin und her und warf tanzende Schatten auf die aus ausgestopften Tieren bestehende Trophäensammlung.
»Nehmen Sie sich einen Drink«, forderte Siegfried seinen Besucher auf, ohne sich umzudrehen. Er wußte, daß es nur Bertram sein konnte. Sie hatten vor einer halben Stunde telefoniert und sich verabredet.
Als eingefleischter Weintrinker nahm Bertram nur selten hochprozentigen Alkohol zu sich, doch unter den gegebenen Umständen konnte er gut einen doppelten Scotch vertragen. Er schenkte sich ein, nahm einen Schluck und gesellte sich zu Siegfried, der noch immer am Fenster stand. Vor der Kulisse der feuchten, tropischen Nacht erstrahlte der hell erleuchtete Krankenhaus- und Laborkomplex in einem warmen Licht.
»Wußten Sie, daß Taylor Cabot kommen würde?« fragte Bertram.
»Nein«, erwiderte Siegfried. »Ich hatte nicht den geringsten Schimmer.«
»Was haben Sie denn mit ihm gemacht?« wollte Bertram wissen.
Siegfried zeigte auf das Krankenhaus. »Ich habe ihn im Inn untergebracht. Dafür mußte ich den Chefchirurgen aus der sogenannten Präsidenten-Suite ausquartieren - worüber er natürlich nicht sonderlich glücklich war. Sie wissen ja, wie egozentrisch diese Ärzte sein können. Aber was sollte ich tun? Ich bin doch kein Hotelmanager.«
»Wissen Sie, warum Cabot hier aufgekreuzt ist?« fragte Bertram.
»Raymond zufolge ist er ausschließlich deshalb gekommen, um das Bonobo-Projekt unter die Lupe zu nehmen«, erklärte Siegfried.
»Das hatte ich befürchtet«, stöhnte Bertram. »Warum haben wir bloß so ein Pech?« klagte Siegfried. »Jahrelang lief alles wie am Schnürchen, und kaum haben wir ein Problem, taucht der Oberboß auf!«
»Und wo haben Sie Raymond untergebracht?« fragte Bertram. »Ebenfalls drüben im Inn«, erwiderte Siegfried. »Er ist mir furchtbar auf die Nerven gegangen, weil er nicht mit Cabot im selben Haus übernachten wollte. Aber wo sollte ich ihn denn unterbringen? Etwa bei mir zu Hause? Nein danke!«
»Hat er nach Kevin Marshall gefragt?« wollte Bertram wissen.
»Natürlich«, erwiderte Siegfried. »Er hat mich bei der ersten Gelegenheit zur Seite genommen und sich nach ihm erkundigt.«
»Was haben Sie ihm gesagt?«
»Die Wahrheit«, entgegnete Siegfried. »Ich habe ihm erzählt, daß Kevin zusammen mit der Reproduktionstechnologin und der Intensivschwester weggefahren ist und daß ich keine Ahnung habe wohin.«
»Wie hat er darauf reagiert?«
»Er ist knallrot angelaufen«, erwiderte Siegfried. »Dann wollte er wissen, ob Kevin zur Insel rübergefahren ist. Ich habe ihm erzählt, daß wir nicht davon ausgehen. Daraufhin hat er doch glatt von mir verlangt, ihn
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