Montgomery u Stapleton 03 - Chromosom 6
Trotzdem fiel er so ungünstig auf seine linke Hüfte, daß ihn ein heftiger Schmerz durchzuckte.
Das Gebrüll von Bonobo Nummer eins hatte auch die anderen Tiere geweckt. Für einen Augenblick herrschte totales Chaos, doch als sie begriffen, daß keine Gefahr drohte, beruhigten sie sich wieder.
Bonobo Nummer eins ließ Kevins Knöchel los und umklammerte statt dessen seine Oberarme. Um allen seine verblüffende Stärke zu demonstrieren, hob er Kevin hoch und ließ ihn eine Weile vor sich in der Luft baumeln. Dabei stieß er mehrere laute, lange und ärgerlich klingende Töne aus. Kevin jaulte vor Schmerz auf, so fest umklammerte das Tier seinen Arm.
Als der Bonobo seine Schimpftirade beendet hatte, ging er zurück in die Tiefen der Höhle und schleuderte Kevin in die kleine Nebenhöhle, aus der er gekommen war. Dann stieß er noch einen letzten wütenden Laut aus und ging zurück an seinen Schlafplatz.
Vorsichtig versuchte Kevin sich aufzurichten, doch dabei landete er versehentlich wieder auf seiner Hüfte, die sich inzwischen wie betäubt anfühlte. Sein Handgelenk war verstaucht und sein Ellbogen abgeschürft, doch wenn er bedachte, daß er buchstäblich durch die Luft geschleudert worden war, war er mit recht heiler Haut davongekommen. Aus dem Inneren der Höhle drang schon wieder Gebrüll. Wahrscheinlich war es erneut Bonobo Nummer eins, doch Kevin war sich nicht sicher, da er nichts sehen konnte. Als er seinen rechten Ellbogen abtastete, wurde ihm klar, daß die klebrige warme Flüssigkeit, die ihm über den Arm lief, Blut sein mußte.
»Kevin?« flüsterte Melanie. »Ist alles in Ordnung?«
»Ja«, erwiderte Kevin. »So einigermaßen.«
»Gott sei Dank«, seufzte Melanie erleichtert. »Was ist denn passiert?«
»Keine Ahnung«, erwiderte Kevin. »Ich war mir schon sicher, daß ich es schaffen würde. Ich war ganz kurz vorm Ausgang.«
»Bist du verletzt?« fragte Candace.
»Ein bißchen«, gab Kevin zu. »Wenigstens habe ich mir keine Knochen gebrochen. Glaube ich jedenfalls.«
»Wir haben nicht gesehen, was passiert ist«, sagte Melanie. »Mein Double hat mit mir geschimpft«, erklärte Kevin. »So hörten sich seine wütenden Laute in meinen Ohren jedenfalls an. Und dann hat er mich gepackt und mich hierher zurückgeschleudert. Ein Glück, daß ich nicht auf euch gelandet bin!«
»Tut mir leid, daß ich dich zu diesem Experiment getrieben habe«, entschuldigte sich Melanie. »Du hattest wohl doch recht.«
»Nett, daß du das zugibst«, entgegnete Kevin. »Immerhin hätte es fast geklappt. Ich war so nah dran.«
Candace knipste die Taschenlampe an und schirmte mit der Hand ein wenig den Lichtstrahl ab. Dann untersuchte sie Kevins Ellbogen.
»Ich fürchte, unsere einzige Hoffnung ist Bertram Edwards«, stellte Melanie fest und schauderte. »Es ist kaum zu glauben: Wir sind Gefangene unserer eigenen Kreationen.«
Kapitel 20
8. März 1997, 16.40 Uhr
Bata, Äquatorialguinea
Jack hatte die Zähne zusammengebissen und drückte mit aller Kraft Lauries Hand. Als er sich darüber klar wurde, versuchte er sich zu entspannen. Der Flug von Duala in Kamerun nach Bata kostete ihn reichlich Nerven. Sie flogen mit einer Linie, die lediglich über ein paar dubiose, völlig veraltete Kurzstreckenflugzeuge verfügte - genau die Art von Flugzeug, die Jack seit Jahren Alpträume bereitete, denn mit einer ähnlichen Maschine war seine Familie abgestürzt. Der Flug war bis jetzt alles andere als reibungslos verlaufen. Immer wieder hatte der Pilot Unwettern ausweichen müssen, die sich durch cremeweiße bis dunkelviolette Wolken angekündigt hatten. Ständig hatten Blitze am Himmel gezuckt, und es hatte heftige Turbulenzen gegeben.
Dagegen war der erste Teil der Reise ein Traum gewesen. Der Flug von New York nach Paris war absolut angenehm und ruhig verlaufen, so daß sie alle ein paar Stunden hatten schlafen können.
Da sie bereits zehn Minuten vor der geplanten Ankunft in Paris gelandet waren, hatten sie reichlich Zeit gehabt, für ihren Weiterflug den Schalter von Cameroon Airlines aufzusuchen. Auf der Strecke von Paris nach Duala hatten sie dann auch noch mal schlafen können. Das letzte Stück nach Bata allerdings war ein haarsträubendes Erlebnis.
»Wir landen«, versuchte Laurie Jack ein wenig aufzumuntern. »Ich hoffe, sie haben ein Instrumentenlandesystem«, witzelte Jack.
Er warf einen Blick aus dem schmutzigen Fenster und sah eine Landschaft, wie er sie erwartet hatte: Es war grün, so weit
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