Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Montgomery u Stapleton 03 - Chromosom 6

Titel: Montgomery u Stapleton 03 - Chromosom 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
Vom Netzwerk:
Gesichtszüge zum Vorschein. Er war Ende Zwanzig und trotz seiner schlechten körperlichen Verfassung durchaus nicht unattraktiv. Jack beneidete ihn vor allem um sein dunkles, dichtes Haar, denn er hatte im Laufe des vergangenen Jahres mit ansehen müssen, wie sein eigenes braunes, mit grauen Strähnen durchsetztes Haupthaar sich zusehends lichtete.
    »Hallo, Einstein«, begrüßte Jack seinen Assistenten. »Was bringt denn die Zeitung über die verschwundene Franconi-Leiche?« Er arbeitete oft mit Vinnie zusammen. Sie kamen gut miteinander aus, da sie beide nie ein Blatt vor den Mund nahmen und zudem über den gleichen scharfen Verstand und denselben schwarzen Humor verfügten.
    »Keine Ahnung«, erwiderte Vinnie und versuchte, die Zeitung wieder hochzuklappen. Er hatte sich gerade in den Sportteil vertieft und studierte, wie die Knicks am vergangenen Abend bei dem Basketballspiel abgeschnitten hatten. Jack runzelte die Stirn. Vinnie mochte zwar in wissenschaftlicher Hinsicht nicht gerade eine Leuchte sein, doch was die aktuelle Nachrichtenlage anging, galt er im Institut unbestritten als Koryphäe. Er las die Zeitungen jeden Tag von der ersten bis zur letzten Seite durch und verfügte über ein erstaunliches Erinnerungsvermögen.
    »Es steht darüber nichts in der Zeitung?« fragte Jack noch einmal. Er war perplex. Er hatte geglaubt, daß der auf mysteriöse Weise aus der Leichenhalle verschwundene Tote für die Medien ein gefundenes Fressen sein würde. Die Journalisten stürzten sich doch sonst immer auf jede Art von bürokratischem Mißmanagement.
    »Ich hab’ jedenfalls nichts gesehen«, erwiderte Vinnie, zerrte jetzt etwas kräftiger an der Zeitung und hielt sie sich wieder vor das Gesicht, als er sie endlich aus Jacks Händen befreit hatte. Jack schüttelte den Kopf. Er war wirklich überrascht und fragte sich, wie Harold Bingham, der Leiter des Gerichtsmedizinischen Instituts, es geschafft hatte, den Vorfall vor den Medien geheimzuhalten. Als er sich gerade umdrehen wollte, fiel ihm die Schlagzeile ins Auge: ›Mob leimt Behörden.‹ Die Unterzeile lautete: ›Vaccarro-Clan erschießt Mitglied aus den eigenen Reihen und entführt die Leiche vor den Augen städtischer Angestellter‹.
    Er riß dem überraschten Vinnie die komplette Zeitung aus den Händen. »Hey, was soll das?« beschwerte sich Vinnie und ließ seine Beine auf den Boden krachen.
    Jack klappte die Zeitung zu und hielt Vinnie die Schlagzeile direkt vor die Nase.
    »Du hast mir doch gerade gesagt, daß die Geschichte nicht drin steht!«
    »Ich habe nicht gesagt, daß sie nicht drin steht«, erwiderte Vinnie. »Ich habe gesagt, daß ich sie nicht gesehen habe.«
    »Es ist doch die Schlagzeile, verdammt!« rief Jack und deutete zum Nachdruck mit der Kaffeetasse auf die Zeitung. Vinnie langte nach seiner Zeitung, doch Jack riß sie ihm erneut weg.
    »Jetzt komm schon!« quengelte Vinnie. »Besorg dir doch deine eigene beschissene Zeitung!«
    »Jetzt hast du mich wirklich neugierig gemacht«, entgegnete Jack. »Wie ich dich kenne, hast du die erste Seite doch schon in der U-Bahn gelesen. Was ist los, Vinnie?«
    »Gar nichts«, erwiderte Vinnie. »Ich hab’ eben direkt die Sportseite aufgeschlagen.«
    Jack musterte seinen Assistenten einen Moment lang, doch Vinnie sah weg, um ihm nicht in die Augen sehen zu müssen.
    »Bist du krank?« fragte Jack.
    »Nein!« fauchte Vinnie. »Jetzt gib mir endlich meine Zeitung zurück.«
    Jack nahm die Sportseiten heraus und reichte sie ihm. Dann setzte er sich an den Schreibtisch, an dem normalerweise die Einsatzpläne gemacht wurden, und studierte den Artikel, der auf der Titelseite begann und auf der dritten Seite fortgesetzt wurde. Wie er vorausgesehen hatte, war der Artikel mit spitzer Feder geschrieben und zog in sarkastischer Weise sowohl über die Polizei als auch über das Gerichtsmedizinische Institut her. Nach Meinung des Autors bewies die unschöne Geschichte ein weiteres Mal die erbärmliche Inkompetenz der beiden kritisierten Einrichtungen.
    Plötzlich kam Laurie in den Raum gerauscht und unterbrach ihn bei seiner Lektüre. Sie zog sich den Mantel aus und begrüßte ihn mit der Bemerkung, daß es ihm hoffentlich besser gehe als ihr.
    »Ich fürchte nicht«, erwiderte Jack. »Wahrscheinlich liegt es an dem billigen Wein, den ich gestern mitgebracht habe. Tut mir leid.«
    »An den gerade mal fünf Stunden Schlaf kann es genauso liegen«, sagte Laurie und hängte ihren Mantel über einen Stuhl. »Ich

Weitere Kostenlose Bücher