Montgomery u Stapleton 03 - Chromosom 6
Schimpansen und Gorillas weiß man allerdings, daß sie eine Gebärdensprache erlernen. Und Bonobos sind durchaus dafür bekannt, daß sie häufiger aufrecht stehen und gehen als andere Menschenaffen. Was mich am nachdenklichsten stimmt, ist ihr aggressives Verhalten. Allerdings bin ich nach wie vor davon überzeugt, daß sie sich wahrscheinlich deshalb nicht vertragen, weil wir zu wenige Weibchen erzeugt und dadurch das Gleichgewicht ihrer Gemeinschaftsstruktur durcheinandergebracht haben. Da haben wir eindeutig einen Fehler gemacht.«
»Geben Schimpansen auch solche Laute von sich, wie Alphonse sie uns vorhin nachgemacht hat?« fragte Candace.
»Ich glaube nicht«, erwiderte Kevin. »Aber es ist eine sehr interessante Beobachtung. Sie läßt darauf schließen, daß unsere Bonobos andere Kehlköpfe haben als ihre Artgenossen.«
»Töten Schimpansen wirklich andere Affen?« wollte Candace wissen.
»Das kann gelegentlich mal vorkommen«, erwiderte Melanie. »Aber von einem Bonobo habe ich das noch nie gehört.«
»Festhalten!« schrie Kevin plötzlich und trat voll auf die Bremse.
Das Auto geriet ins Schlingern und setzte auf einen quer über dem Weg liegenden Baumstamm auf.
»Alles okay?« wandte er sich an Candace und sah sie durch den Rückspiegel an.
»Ja«, erwiderte sie, obwohl sie den Ruck kräftig gespürt hatte. Zum Glück hatte sich der Gurt rechtzeitig gestrafft und sie davor bewahrt, mit dem Kopf unter die Decke zu krachen. Aus Angst vor weiteren umgestürzten Baumstämmen setzte Kevin die Fahrt nur noch im Schrittempo fort. Eine Viertelstunde später erreichten sie eine Lichtung; dort endete die Piste. Kevin bremste. Die Scheinwerfer strahlten die sich direkt vor ihnen erhebende Front eines einstöckigen, aus Aschenstein konstruierten Gebäudes mit einem ebenerdigen Garagentor an.
»Sind wir da?« fragte Melanie.
»Ich denke ja«, erwiderte Kevin. »Damals stand das Haus noch nicht hier.«
Kevin schaltete das Licht aus und stellte den Motor ab. Der in der Dämmerung noch immer hell erleuchtete Himmel sorgte auf der Lichtung für einigermaßen ausreichende Sichtverhältnisse. Für eine Weile sagte niemand ein Wort.
»Was ist los?« fragte Kevin schließlich. »Wollen wir nun nachsehen oder nicht?«
»Unbedingt«, erwiderte Melanie. »Wo wir schon so weit gekommen sind.« Sie öffnete ihre Tür und stieg aus. Kevin tat es ihr gleich.
»Ich bleibe lieber im Auto«, sagte Candace. Kevin ging zu dem Gebäude und probierte, ob sich die Tür öffnen ließ. Sie war abgeschlossen.
»Was sich da drinnen wohl verbergen mag?« fragte er sich und zuckte mit den Schultern. Im nächsten Moment klatschte er sich mit der Hand vor die Stirn, um eine Mücke zu zerquetschen.
»Und wie kommen wir nun auf die Insel?« wollte Melanie wissen.
Kevin zeigte nach rechts. »Da drüben ist ein kleiner Pfad. Bis zum Wasser sind es höchstens fünfzig Meter.« Melanie blickte nach oben. Der Himmel hatte sich bereits lila verfärbt.
»Es wird gleich dunkel. Hast du eine Taschenlampe im Auto?«
»Ich glaube ja«, erwiderte Kevin. »Aber was noch viel wichtiger ist - ich habe Anti-Insektenspray dabei. Das müssen wir unbedingt benutzen, sonst werden wir bei lebendigem Leibe gefressen.«
Sie gingen zurück zum Auto. Als Kevin die Tür öffnen wollte, stieg Candace aus.
»Ich kann unmöglich alleine hierbleiben«, sagte sie. »Mir ist ganz mulmig zumute.«
Kevin kramte das Anti-Mückenspray hervor. Während die beiden Frauen sich einsprühten, suchte er nach der Taschenlampe und fand sie schließlich im Handschuhfach. Nachdem er sich auch selbst reichlich von dem Spray aufgetragen hatte, gab er Melanie und Candace zu verstehen, daß sie ihm folgen sollten.
»Bleibt mir dicht auf den Fersen«, riet er ihnen. »Nachts kommen die Krokodile und Nilpferde gerne aus dem Wasser heraus.«
»Will er uns auf den Arm nehmen?« wandte sich Candace an Melanie.
»Ich fürchte, er meint es ernst«, erwiderte Melanie. Als sie in den schmalen Pfad einbogen, wurde es schlagartig dunkler. Das Licht reichte gerade noch aus, um sich ohne Taschenlampe fortbewegen zu können. Kevin ging voran, die beiden Frauen folgten ihm mit kurzem Abstand. Je näher sie dem Wasser kamen, desto lauter wurde das nächtliche Konzert der Insekten und Frösche.
»Wie bin ich bloß hier reingeraten?« jammerte Candace. »Ich steh’ doch gar nicht so auf die freie Wildbahn. Krokodile und Nilpferde mag ich mir außerhalb von Zoogehegen nicht einmal im Geiste
Weitere Kostenlose Bücher