Montgomery u Stapleton 03 - Chromosom 6
aufhalten konnten.
Alphonse Kimba maß keine eins fünfzig. Seine Haut war schwarz wie Onyx. Er hatte ein breites, flaches Gesicht und begrüßte seine unerwarteten Gäste mit einem aufgesetzten Dauerlächeln. Seine Frau und sein Kind zogen sich sofort zurück, als er sie vorstellen wollte. Sie waren äußerst scheu. Alphonse bat seine Gäste, auf einer Schilfmatte Platz zu nehmen. Dann holte er vier Gläser und eine alte grüne Flasche, die früher einmal Motorenöl enthalten hatte, und füllte jedes der Gläser mit einer klaren Flüssigkeit.
Kevin und seine Begleiterinnen schwenkten ihre Getränke mißtrauisch hin und her. Sie wollten nicht unhöflich wirken, schreckten aber davor zurück, von dem Gebräu zu trinken.
»Alkohol?« fragte Kevin.
»Oh, ja!« rief Alphonse und lächelte noch breiter. »Das ist lo-toko - aus Getreide gemacht. Sehr gut! Ist aus meiner Heimat in Lomako.«
Er nippte genüßlich an seinem Glas. Anders als die meisten Äquatorialguinesen sprach er ein Englisch mit französischem und nicht mit spanischem Akzent. Er gehörte dem Mogandu-Stamm aus Zaire an und war zusammen mit der ersten Bonobo-Sendung in die Zone gekommen. Da das Getränk jede Menge Alkohol enthielt und aller Voraussicht nach sämtliche potentielle Mikroorganismen sofort abtötete, kosteten Kevin, Melanie und Candace vorsichtig von dem Gebräu. Obwohl sie vorhatten, sich zusammenzureißen, verzogen sie alle das Gesicht. Der Schnaps war beißend scharf. Kevin erklärte Alphonse, daß sie gekommen waren, um sich nach den auf der Insel lebenden Bonobos zu erkundigen. Von seiner Befürchtung, daß sie es womöglich mit frühmenschlichen Kreaturen zu tun hatten, erwähnte er nichts. Er fragte Alphonse lediglich, ob sich die Bonobos seiner Meinung nach genauso verhielten wie diejenigen in seiner Heimatprovinz in Zaire.
»Sie sind ja alle noch sehr jung«, erwiderte Alphonse. »Deshalb sind sie natürlich ziemlich wild.«
»Sind Sie öfter drüben auf der Insel?« wollte Kevin wissen.
»Nein«, erwiderte Alphonse. »Das ist verboten. Ich bin nur drüben, wenn wir eins von den Tieren aussetzen oder einfangen. Und auch dann immer nur zusammen mit Dr. Edwards.«
»Und wie bringen Sie die Zusatznahrung auf die Insel?« fragte Melanie.
»Es gibt ein fest verankertes Floß«, erklärte Alphonse. »Ich befördere es mit Hilfe eines Seils rüber und ziehe es anschließend wieder zurück.«
»Reißen sich die Bonobos aggressiv um die Nahrung, oder teilen sie sie friedlich untereinander auf?« wollte Melanie wissen.
»Sie sind äußerst aggressiv«, erwiderte Alphonse. »Sie kämpfen wie wild um das Futter, vor allem um die Früchte. Einmal habe ich sogar gesehen, wie ein Bonobo einen kleinen Affen getötet hat.«
»Warum hat er das getan?« fragte Kevin.
»Ich denke, um ihn zu fressen«, erwiderte Alphonse. »Jedenfalls hat er ihn fortgetragen, als er mein Zusatzfutter verputzt hatte.«
»So verhalten sich eher Schimpansen«, bemerkte Melanie. Kevin nickte.
»An welchen Stellen der Insel haben Sie die Tiere eingefangen?«
»Immer auf dieser Seite des Sees und des Flusses«, erwiderte Alphonse.
»Nie hinten an den Klippen?« hakte Kevin nach.
»Nein«, bestätigte Alphonse. »Nie.«
»Und wie kommen Sie auf die Insel, wenn Sie einen von den Bonobos einfangen müssen?« fragte Kevin. »Benutzen Sie das Floß?«
Alphonse lachte herzhaft und wischte sich mit dem Handrücken die Tränen aus den Augen. »Das Floß ist doch viel zu klein. Wenn wir da draufsteigen würden, wären wir ein Festschmaus für die Krokodile. Wir benutzen die Brücke.«
»Und warum nutzen Sie die Brücke nicht, um den Tieren das Futter rüberzubringen?« fragte Melanie.
»Weil Dr. Edwards die Brücke wachsen lassen muß«, erklärte Alphonse.
»Wachsen lassen?« fragte Melanie.
»Ja«, bestätigte Alphonse. Die drei sahen sich verwirrt an.
»Haben Sie auf der Insel schon mal Feuer gesehen?« fragte Kevin, um das Thema zu wechseln.
»Feuer nicht«, erwiderte Alphonse. »Aber Rauch.«
»Und was haben Sie da gedacht?« hakte Kevin weiter nach.
»Ich?« fragte Alphonse verwirrt. »Ich habe gar nichts gedacht.«
»Haben Sie bei einem der Bonobos schon mal so eine Geste beobachtet?« fragte Candace und öffnete ihre Hände, schloß sie dann wieder und stieß sie von ihrem Körper ab. Sie mußte ständig an die Szene im OP denken.
»Ja«, sagte Alphonse. »Das machen viele von ihnen nach der Futterzuteilung.«
»Und wie sieht es mit Lauten aus, die
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