Montgomery u Stapleton 03 - Chromosom 6
öffnete den Umschlag, griff hinein und zog einen Ring mit fünf identischen Schlüsseln hervor.
»Voilà«, rief Melanie. Sie nahm den Ring und begann, einen der Schlüssel abzuziehen.
Kevin warf einen Blick auf die Pläne und zog eine detaillierte Höhenlinienkarte aus dem Stapel. Er hatte die Karte gerade zur Hälfte entfaltet, als er aus dem Augenwinkel ein flackerndes Licht bemerkte. Nervös blickte er zum Fenster und sah, wie sich auf den halbgeöffneten Lamellen der Jalousetten Scheinwerferlichter spiegelten. Er ging ans Fenster und spähte hinaus. »O nein!« stöhnte er auf. »Ich sehe Siegfrieds Auto.«
»Schnell«, rief Melanie. »Wir müssen das ganze Zeug wieder zurück in den Schrank packen.«
Melanie und Candace stopften eilig die Papiere in die Mappe und legten sie zurück in die Schublade. Kaum hatten sie den Aktenschrank wieder verschlossen, da hörten sie auch schon, wie die Eingangstür zum Gebäude geöffnet wurde.
»Hier entlang!« flüsterte Melanie in Panik. Sie zeigte auf die Tür hinter Bertrams Schreibtisch. Schnell huschten sie hindurch. Als Kevin die Tür hinter sich schloß, hörte er, wie jemand Bertrams Vorzimmer betrat.
Sie waren in einem von Bertrams Untersuchungsräumen gelandet. Er war rundum weiß gekachelt, in der Mitte stand ein Untersuchungstisch aus rostfreiem Stahl. Genau wie im Arbeitszimmer gab es vor den Fenstern Jalousetten, durch die gerade genug Licht hereinfiel, um die Tür zum Flur zu erkennen. Dummerweise stieß Kevin während ihrer überstürzten Flucht gegen einen Metalleimer, der neben dem Untersuchungstisch auf dem Boden stand.
Der Eimer klapperte gegen das Bein des Tisches und klirrte dabei in der Stille der Nacht so laut wie die Bimmel in einem Vergnügungspark. Melanie reagierte sofort; sie riß die Tür zum Flur auf und stürmte blitzschnell in Richtung Treppenhaus. Candace folgte ihr. Als Kevin auf den Flur hinausstürzte, hörte er, wie hinter ihm die Tür zu Bertrams Arbeitszimmer aufgerissen wurde. Er hatte keine Ahnung, ob man ihn gesehen hatte oder nicht. Melanie stürzte, so schnell es in dem fahlen Mondlicht nur irgend ging, die Treppe hinunter. Sie konnte Kevin und Candace dicht hinter sich hören. Am unteren Treppenabsatz angelangt, tastete sie sich bis zur Kellertür vor. Bis sie sie gefunden und geöffnet hatte, verstrichen wertvolle Sekunden. Plötzlich wurde direkt über ihnen im Erdgeschoß die Treppenhaustür aufgerissen. Kurz darauf kamen schwere Schritte die Metalltreppe herabgestapft.
Bis auf einen schwach leuchtenden, rechteckigen Umriß in der Ferne war es im Keller stockdunkel. Die drei nahmen sich bei den Händen und steuerten langsam auf die Lichtquelle zu. Erst als sie direkt davor standen, erkannten sie, daß es sich um eine Feuertür handelte, durch deren Ritzen ein wenig Licht fiel. Melanie suchte nach dem Schlitz, schob ihre Magnetkarte ein, und die Tür öffnete sich.
Hinter der Feuertür traten sie auf einen engen, hell erleuchteten Gang, den sie so schnell sie konnten entlangrannten. Auf halber Strecke blieb Melanie abrupt stehen und öffnete eine Tür mit der Aufschrift PATHOLOGIE.
»Schnell, rein da!« zischte sie ihren Begleitern zu. Kevin und Candace folgten ihrer Aufforderung wortlos.
Melanie zog die Tür zu und verschloß sie mit einem Schieberiegel.
Sie standen in einem Vorraum, der zu zwei Autopsiesälen führte. In dem Raum gab es diverse Waschbecken, etliche Arbeitstische und eine schwere Isoliertür, die in einen Kühlraum führte.
»Warum sind wir hier reingegangen?« fragte Kevin mit panischer Stimme. »Jetzt sitzen wir in der Falle.«
»Nein«, entgegnete Melanie. Sie war ziemlich außer Atem. »Hier entlang.« Sie gab Kevin und Candace zu verstehen, daß sie ihr folgen sollten. Zu Kevins Überraschung standen sie mit einem Mal vor einem Fahrstuhl. Melanie drückte auf den Knopf, um den Aufzug zu holen. Mit einem lauten Quietschen setzte sich der Mechanismus in Gang. Gleichzeitig begann die Stockwerkanzeige zu leuchten; der Fahrstuhl befand sich in der zweiten Etage.
»Nun komm schon!« rief Melanie, als ob ihr Flehen den Mechanismus beschleunigen könnte. Da es sich um einen Frachtaufzug handelte, war er extrem langsam. Er hatte gerade das Erdgeschoß hinter sich gelassen, als die zum Gang hinausführende Tür knarrte und gedämpfte Stimmen zu hören waren. Die drei sahen sich panisch an. »In ein paar Sekunden sind sie hier«, sagte Kevin. »Gibt es noch einen anderen Weg nach draußen?«
Melanie
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