Montgomery u Stapleton 06 - Crisis
auf dem Untersuchungstisch gemacht. Er hat gesagt, seine Frau würde Sex nicht mögen, und außerdem hätte sie nach der Geburt der Kinder doch so viel Gewicht zugelegt und wäre es nicht mehr losgeworden. Es war, als wäre er am Verhungern und brauchte viel Aufmerksamkeit, darum habe ich mir mit ihm ja auch besondere Mühe gegeben. Und was habe ich jetzt davon?«
»Euer Ehren, das geht zu …«, setzte Randolph an und stand auf.
»Setzen Sie sich, Mr Bingham«, fauchte Richter Davidson. Dann funkelte er Tony über seine Lesebrille hinweg an. »Mr Fasano, es wird Zeit, dass Sie allmählich zur Sache kommen, und gnade Ihnen Gott, wenn Sie den Zusammenhang nicht überzeugend darlegen können.«
»Selbstverständlich, Euer Ehren«, sagte Tony. Er machte einen kurzen Abstecher an den Tisch des Klägers, um einen Schluck Wasser zu trinken. Dann kehrte er ans Pult zurück und ordnete seine Unterlagen.
Im Zuschauerbereich erhob sich ein erwartungsvolles Murmeln, und die Geschworenen, von denen ein Großteil nach vorne gebeugt dasaß, wirkten aufmerksamer als sonst. Pikante Details zogen immer.
Erneut warf Jack Alexis aus dem Augenwinkel einen raschen Blick zu. Sie hatte sich nicht gerührt. Ihre beherrschte Miene war unverändert. Unwillkürlich verspürte er ein zärtliches, brüderliches Mitgefühl. Er hoffte, dass ihre Ausbildung als Psychologin sie in dieser demütigenden Situation zumindest ein wenig vor Verletzungen schützen könnte.
»Miss Rattner«, begann Tony. »Am Abend des 8. September 2005 befanden Sie sich in Dr. Bowmans Bostoner Wohnung, wo Sie zu jener Zeit wohnten.«
»Das stimmt. Ich war aus meiner Bruchbude in Somerville ausgezogen, der Vermieter war ein Arschloch.«
Richter Davidson beugte sich in Leonas Richtung. »Die Zeugin möge sich darauf beschränken, die Fragen zu beantworten, und sich spontaner Ausführungen enthalten.«
»Ja, Euer Ehren«, antwortete Leona gehorsam und klimperte mit den Wimpern.
»Würden Sie den Geschworenen mit Ihren eigenen Worten erzählen, was Sie und Dr. Bowman an jenem Abend gemacht haben?«
»Was wir machen wollten und was wir dann schließlich gemacht haben, sind zwei Paar Schuhe. Wir wollten eigentlich in die Symphony Hall zu einem Konzert. Craig, ich meine Dr. Bowman, war auf diesem Renaissancemensch-Trip, um die ganze Zeit nachzuholen, die er verpasst hatte, und er hatte mir dieses fantastische, wahnsinnig tief ausgeschnittene rosa Kleid gekauft.« Mit dem Finger zeichnete sie einen weit nach unten reichenden Bogen über ihre Brust. »Wir waren beide aufgeregt. Das Tollste daran war immer die Ankunft in der Symphony Hall, die ganzen Leute, die Aufregung und das alles. Ich meine, die Musik war auch ziemlich gut, aber das Reingehen hat uns beiden immer am besten gefallen. Dr. Bowman hatte Abonnementkarten, und unsere Plätze waren ziemlich weit vorne. Wenn wir den Gang hinuntergingen, kamen wir uns vor wie auf einer Bühne, und darum wollte er auch, dass ich ganz besonders sexy aussah.«
»Das klingt ja so, als habe Dr. Bowman gerne mit Ihnen angegeben.«
»Irgendwie schon, ja«, stimmte Leona ihm zu. »Aber ich hatte kein Problem damit. Ich fand es lustig.«
»Aber dazu mussten Sie pünktlich in der Symphony Hall ankommen, besser noch ein bisschen zu früh.«
»Das stimmt! Wenn man zu spät kam, musste man manchmal bis zur Pause warten, bis man sich auf seinen Platz setzen durfte, und dann war es nicht mehr dasselbe.«
»Was passierte am 8. September 2005?«
»Wir haben uns beeilt, um fertig zu werden, als plötzlich Dr. Bowmans Handy klingelte.«
»Ich nehme an, es war Jordan Stanhope«, sagte Tony.
»Ja, und das bedeutete, dass auf einmal der ganze Abend wieder auf der Kippe stand, weil Dr. Bowman beschloss, dass er noch einen Hausbesuch machen müsste.«
»Sind Sie in der Wohnung geblieben, während Dr. Bowman den Hausbesuch machte?«
»Nein, Dr. Bowman sagte, ich sollte mitkommen. Er sagte, wenn es ein falscher Alarm wäre, könnten wir vom Haus der Stanhopes aus direkt weiter ins Konzert fahren. Er sagte, ihr Haus wäre nicht so weit von der Symphony Hall entfernt.«
»Womit er sagen wollte, es läge näher an der Symphony Hall als das Newton Memorial Hospital.«
»Einspruch«, sagte Randolph. »Keine Grundlage. Die Zeugin hat das Newton Memorial Hospital mit keinem Wort erwähnt.«
»Stattgegeben«, verkündete Richter Davidson mit matter Stimme. »Die Geschworenen werden dieser Bemerkung keine Beachtung schenken! Fahren Sie
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