Montgomery u Stapleton 06 - Crisis
kurz an seinen Unterarm fasste.
»Klar. Alles klar!«, stammelte Jack. Sie hatte ihn erschreckt.
»Ich dachte schon, Sie hätten einen kleinen epileptischen Anfall. Sie haben während der letzten Minuten nicht einen Muskel bewegt. Sie haben nicht einmal geblinzelt. Woran um Himmels willen haben Sie denn gedacht, dass Sie so weggetreten waren?«
Obwohl er im Grunde ein sehr zurückhaltender Mensch war, hätte Jack Latasha um ein Haar erzählt, was ihn so beschäftigt hatte, um ihre Meinung zu hören. Das überraschte ihn, selbst wenn er einräumte, dass er eine starke Verbundenheit mit dieser Frau entwickelt hatte. Abgesehen von seinem Umweg über das Newton Memorial Hospital arbeiteten sie seit sechs Stunden eng zusammen und pflegten eine ungezwungene Vertrautheit im Umgang. Als Jack im rechtsmedizinischen Institut eingetroffen war, hatten sie einen Raum mit Beschlag belegt, der als Bibliothek bezeichnet wurde, obwohl die meisten Regale noch leer waren und auf künftige Finanzspritzen hofften. Der größte Vorzug des Raums war ein riesiger Arbeitstisch, auf dem Jack den Inhalt von Craigs Prozessakte ausgebreitet und so sortiert hatte, dass er bei Bedarf alles schnell finden konnte. Am anderen Ende des Tischs standen mehrere offene Pizzaschachteln, Pappteller und große Becher. Keiner von ihnen hatte viel gegessen. Beide hatten nur das Rätsel um Patience Stanhopes Tod im Kopf.
Sie hatten auch das zweiköpfige Stereomikroskop in die Bibliothek getragen und Stunden damit verbracht, alle Koronararterien zu öffnen und nachzuverfolgen. Genau wie ihre größeren und proximaleren Brüder waren auch die distalen Gefäße normal und frei von Ablagerungen. Besondere Aufmerksamkeit hatten Jack und Latasha den Ästen gewidmet, die das Reizleitungssystem des Herzens mit Blut versorgten.
Die letzte Stufe der Untersuchung des Herzens würde unter dem Mikroskop stattfinden. Sie hatten Proben aus allen Bereichen des Herzens genommen, richteten aber auch diesmal ihre Konzentration vor allem auf das Reizleitungssystem. Vor Jacks Ankunft hatte Latasha aus einer kleinen Auswahl eine Reihe von Gefrierschnitten hergestellt, und das Erste, was sie nach seinem Eintreffen getan hatten, war, sie zu färben und zum Trocknen auszulegen.
Kurz nachdem sie alle Gefrierschnitte eingefärbt hatten, hatte Allan Smitham angerufen. Er hatte sich anscheinend gefreut, von Latasha zu hören, zumindest hatte Jack diesen Eindruck gewonnen, während er unfreiwillig Zeuge des recht persönlichen Gesprächs wurde, obwohl er versucht hatte, nicht näher hinzuhören. Das Eindringen in ihre Privatsphäre war ihm unangenehm gewesen, aber die gute Nachricht war, dass Allan gerne bereit war, ihnen zu helfen, und das toxikologische Screening gleich durchlaufen lassen wollte.
»Mir ist nichts mehr eingefallen«, sagte Jack als Reaktion auf Latashas Frage, woran er denn gedacht habe. Als sein Blick zur Uhr geschweift war und die hypnotisierende Bewegung des Zeigers ihn auf seine beängstigend schnell näher rückende Hochzeit gebracht hatte, hätte er eigentlich versuchen sollen, neue Theorien über Patience’ Ableben zu entwickeln. Er hatte Latasha von seinen früheren Ideen erzählt, indem er im Wesentlichen das wiederholt hatte, was er auch Alexis auf dem Weg zum Krankenhaus am Telefon gesagt hatte. Alle vermeintliche Selbstachtung in den Wind schlagend, hatte er sogar die Theorie einer Überdosis oder falschen Medikation erwähnt, obwohl diese im Rückblick albern, ja fast schon dämlich klang, und Latasha hatte auch entsprechend darauf reagiert.
»Ich hatte auch keinen Heureka-Moment«, gestand Latasha. »Ich habe zwar über einige Ihrer Ideen gelacht, aber zumindest sind Sie kreativ. Mir fällt überhaupt nichts ein.«
Jack lächelte. »Vielleicht platzt der Knoten ja, wenn Sie das, was ich Ihnen erzählt habe, mit Auszügen aus dem Material hier kombinieren«, sagte er. Er deutete auf die ausgebreiteten Prozessunterlagen. »Es ist eine interessante Besetzung. Die Akte enthält die Befragungsprotokolle von viermal so vielen Leuten, wie schlussendlich als Zeugen geladen wurden.«
»Ich will gerne ein paar davon lesen, wenn Sie mir sagen, welche tendenziell am aufschlussreichsten wären.«
»Wenn Sie überhaupt welche lesen wollen, dann die von Craig Bowman und Jordan Stanhope. Als Beklagter und Kläger stehen sie im Zentrum. Ich will mir auch noch einmal die Passagen vornehmen, in denen sie über Patience’ Symptome sprechen. Wenn sie tatsächlich
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